Auferstanden aus Ruinen (und der Zukunft zugewandt?)
Nachdem in den letzten Monaten von den Aasfressern des europäischen Fußballs bereits versucht worden ist, sich die sterblichen Überreste des dahinsiechenden Dauerpatienten Borussia Dortmund einzuverleiben, ist in allerjüngster Vergangenheit eine erstaunliche Wandlung eingetreten. Die zeitliche Parallele zu Ostern, dem christlichen Auferstehungsfest, ist - wahrscheinlich - purer Zufall, doch grenzt auch die "Phönix-aus-der-Asche-Geschichte" des BVB fast an ein Wunder.
Schließlich war den Schwarz-Gelben von mehr als einer Seite der baldige und vorzeitige Tod prophezeit worden. Und nachdem über Monate hinweg ausschließlich Katastrophenmeldungen wirtschaftlicher Natur, vorsichtig ausgedrückt, die Berichterstattung beherrscht hatten, mochte man sich als Fan des westfälischen Traditionsklubs eigentlich auch nur noch in sein Schicksal ergeben. Der Zwangsabstieg aus finanziellen Gründen schien die logische Konsequenz der Nachrichten der letzten Zeit zu sein. "Trotzdem wird es weiter gehen!", "In der Regional- oder Oberliga kommen immer noch mindestens 50000 ins Westfalenstadion." und "Dann erst recht!" waren denn auch die von Fatalismus geprägten oft gehörten Zitate am Spieltag in Kneipe und Stadion.
Bis zum 14. März, dem Tag nach dem Heimspiel gegen den VfB Stuttgart, das auch noch mit 0:2 verloren ging. An diesem Tag hatten die Anleger des häufig genannten "Molsiris"-Fonds, einer Commerzbank Tochter, darüber zu entscheiden, ob sie Borussia Dortmund den vorzeitigen Stadionrückkauf untersagen und damit in die wohl unabwendbare Insolvenz schicken, oder ob sie dem BVB eine neue - die wievielte eigentlich? - Chance geben und dafür zunächst auf einen Teil ihrer Einlage verzichten würden. Und, oh Wunder, sie ließen uns am Leben. Ein Feiertag!!!
Und das muss die Mannschaft auf dem grünen Rasen ganz ähnlich gesehen haben. Denn spätestens von diesem Tage an hat sie wieder begonnen, das zu sein, was eine Fußballmannschaft zunächst immer sein sollte, ein funktionierendes Kollektiv. Das Zusammengehörigkeitsgefühl, das in der ganzen Stadt unter den Fans zu spüren war, hatte sich offenbar zu einem gewissen, nicht unerheblichen Teil, auf die oft - zu recht - gescholtenen Stars übertragen. Sie sind nun bestimmt keine "11 Freunde", wie man so schön sagt, aber sie kämpfen, rackern und malochen auf dem Platz füreinander, und das sehe zumindest ich auf Dauer lieber, als den achten Hackentrick selbsternannter brasilianischer Superstars.
Der Niederlage gegen den VfB folgten ein grandioses 3:2 in Hamburg, bei den mittlerweile ungeliebten Hansestädtern, mit etwas Glück und Weidenfeller (wie in letzter Zeit häufig) ein 2:1-Heimsieg gegen die Hauptstadt-Hertha mit Belgien-Marcelinho und schließlich der erste Borussia-Sieg bei den Pillendrehern unterm Bayer-Kreuz seit 14 Jahren - 1:0!
Bezeichnend jeweils, dass man gemerkt hat, dass es den Spielern wieder etwas zu bedeuten scheint, das schwarz-gelbe Ehrenleibchen zu tragen. Bemerkenswert in jedem Falle auch, dass sich die Mannschaft jeweils richtig in die Partie verbissen hat und man richtig spüren konnte, dass sie diese Spiele unbedingt gewinnen wollte und dass sie endlich wieder daran glaubt, wie die späten Tore in Hamburg und Leverkusen gezeigt haben. Der späte Ausgleich im Heimspiel gegen die Arminen aus dem Ostwestfalenlande konnte die Mannschaft auf ihrem Weg zum zweiten Platz der Rückrundentabelle, auch dank passender Ergebnisse der Konkurrenz in diesem Wettbewerb, nicht stoppen. Die richtige Antwort auf die verlorenen zwei Punkte wurde im nächsten Heimspiel gegeben. Gegen die, in diesem Spiel zugegebenermaßen nicht sehr höllischen, Roten Teufel konnte mit einer, vor allem in der zweiten Halbzeit, starken Leistung ein 4:2-Sieg eingefahren werden und drei wichtige Punkte blieben im Westfalenstadion.
Herauszuheben ist von den Spielern niemand. Alle spielen im Rahmen ihrer Möglichkeiten derzeit mehr oder weniger fehlerfrei und konstant. Es macht jedenfalls Spaß, ihnen dabei zuzusehen. Wen man allerdings erwähnen sollte, ist der Trainer, der es auch schon in den Wochen vor der "Molsiris-Entscheidung" geschafft hat, der Mannschaft wieder Leben einzuhauchen. Nicht umsonst stehen wir auf Platz 3 der Rückrunden-Tabelle. Jetzt heißt es wohl zunächst schön auf dem Teppich bleiben, die Füße still halten, nicht jedes Angebot irgendwelcher Investoren annehmen und gucken wie es in ganz naher Zukunft weitergeht.
Und wenn es in dieser Saison wider Erwarten doch noch mit einem Uefa-Pokal Platz klappen sollte, dann, ja dann platzt mir der Arsch vor Glück.
Geschrieben von Sascha Dumke
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