Im Gespräch mit...

...Dr. Gerd Niebaum (Teil 1)

29.01.2004, 00:00 Uhr von:  Wade Jens
...Dr. Gerd Niebaum (Teil 1)

An sich ist die Winterpause ja eine ebenso dröge wie fußballose Zeit, doch in dieser Saison ist so manches anders. Statt langweiligen Hallenkicks, Testspielen im warmen Winterquartier und auf vereisten Heimatplätzen und dem obligatorischen Winterpausen-Transfergeflüster standen in den letzten Wochen bei der Borussia Themen von außerhalb des grünen Rasens im Mittelpunkt.

Und es waren keine erfreulichen Nachrichten, die da auf uns Fans einprasselten: Der BVB sei finanziell am Ende, verpfände seine Zuschauereinnahmen für die nächsten Jahre für eine 100 Millionen Anleihe und stehe selbst bei den Stadtwerken Dortmund tief in der Kreide. Begleitet wurden diese Horrormeldungen von Dementis der Vereinsführung, die zwar fast sämtliche Aussagen leugneten, ansonsten aber auch kein Licht ins Dunkel brachten. Wem soll man also glauben? Ist der BVB tatsächlich finanziell am Ende? Warum lässt man uns Fans derart im Unklaren? Zunehmend frustriert reagieren die Anhänger auf die spärlichen Informationen durch den Verein, fordern gar in offenen Briefen Antworten auf ihre Fragen. Grund genug für schwatzgelb.de, Dr. Gerd Niebaum um ein Gespräch zu ersuchen. Der Präsident ließ sich nicht lange bitten und lud ein, um die dringlichsten Fragen der Fans zu beantworten.

In einem langen Gespräch äußerte sich Dr. Gerd Niebaum über die Finanzen, das Jahr 2003, den Stadionnamen und den BVB der Zukunft. Teil 1 könnt Ihr nun heute lesen:

schwatzgelb.de: Herr Dr. Niebaum, wären sie als einfacher Fan des BVB mit der Informationspolitik der Geschäftsleitung zufrieden?

Dr. Niebaum: Ich kann verstehen, dass bei der Vielzahl der Meldungen eine Irritation da ist. Meldungen, für die wir als Borussia Dortmund leider nicht verantwortlich sind. Wir stehen hier seit viereinhalb Wochen in der Defensive und müssen uns mit vielen Vorwürfen auseinandersetzen. Wir gehen keiner Diskussion aus dem Wege, stehen allen Gesprächspartnern Rede und Antwort. Ich habe noch nie so viele Interviews gegeben wie in den letzten viereinhalb Wochen.

schwatzgelb.de: Die Fans brauchen etwas greifbares. Warum kommen keine Antworten, die den Anhängern des Vereins wieder Vertrauen in die Vereinführung geben würden?

Dr. Niebaum: Wir haben immer versucht, klare Botschaften zu platzieren. Wir stellen aber fest, dass wir mit unseren Antworten teilweise gar nicht so wiedergegeben werden, wie wir das eigentlich für richtig halten. Insofern bin ich ja dankbar für jedes Gespräch, auch für das Gespräch mit Ihnen, da ich das, was wir zu sagen haben, auch ungeschminkt sagen kann. Im DSF habe ich das versucht, soweit mir Gelegenheit dazu gegeben wurde und bei Ihnen will ich es heute auch gerne versuchen.

schwatzgelb.de: Wenn man allen Meldungen der Medien folgt, müsste man feststellen, dass der BVB finanziell am Ende sei. Nach außen hin entsteht durch die Meldungen der Eindruck, dass der Verein seit Jahren auf Pump lebe und nur durch die Teilnahme an der Champions League überlebensfähig sei. Wie viel Wahrheit steckt in diesen Aussagen?

Dr. Niebaum: Diese Aussagen sind unzutreffend. Es wird uns ja z.B. vorgehalten, dass wir immer eine zu teure Mannschaft gehabt hätten. Das kann ich jedoch wiederlegen. Wichtig ist in diesem Bundesligageschäft, dass die Spielergehälter einen bestimmten Anteil an den fest kalkulierten Einnahmen haben. Diese Einnahmen kommen aus Ticketerlösen, Sponsoring und Fernsehgeldern. Wir haben uns immer bemüht, die Spielergehälter insgesamt so zu gestalten, dass sie in etwa 50 Prozent der Einnahmen aus den genannten Geschäftsfeldern beinhalten. Ich kann das mal an drei Jahren darstellen: 1986 hatten wir einen Jahresumsatz von knapp fünf Millionen Euro und die Spielergehälter haben etwa zwei bis zweieinhalb Millionen betragen. 1996 hatten wir Spielergehälter von 35 Millionen Euro und die Summe der Einnahmen aus den genannten Bereichen war, glaube ich, 75 Millionen Euro. Im Jahre 2003 hatten wir Spielergehälter von 57 Millionen Euro und die Summe der Einnahmen lag bei 123 Millionen Euro. Natürlich ist in diesen Zahlen eine gewaltige Entwicklung der Spielergehälter vorhanden.

schwatzgelb.de: Eine gewaltige Entwicklung der Spielergehälter, finden Sie nicht?

Dr. Niebaum: Da nenne ich mal als Stichwort: Bosman-Urteil, sowie die allgemeine Entwicklung in der Liga. Doch die Entwicklungen beinhalten natürlich gleichzeitig die Einnahmen aus den Bereichen Ticketerlösen, Sponsoring und Fernsehgeldern. Ich denke, dass wir mit einer Kennziffer von in etwa 50 Prozent uns eigentlich immer bemüht haben, die Dinge zu kontrollieren und beherrschbar zu machen.

schwatzgelb.de: Sie sind immer großes Risiko bei den Verpflichtungen neuer Spieler gegangen. Der Erfolg in den 90 er Jahren und in 2002 haben Ihrer Vereinpolitik Recht gegeben. Als Fan war man immer der Meinung, dass diese Geschäftspolitik auf grundsoliden Sockeln steht. Ist diese Meinung falsch?

Dr. Niebaum: Wäre das nicht der Fall gewesen wäre, hätte Borussia Dortmund das nicht 18 Jahre durchgehalten. Eine unsolide Geschäftspolitik können sie vielleicht zwei Jahre durchhalten, aber nicht 18 Jahre.

schwatzgelb.de: Warum scheint dann jetzt alles anders zu sein?

Dr. Niebaum:
In diesem Jahr gibt es eine Besonderheit. Wir sind mit einer teuren Mannschaft in eine Saison gegangen, von der wir hofften, dass wir eine Champions League - Teilnahme haben, um die Ausgaben für diese Mannschaft gegen zu finanzieren. Das ist leider nicht der Fall gewesen und deshalb ist diese Saison die Quote nicht so, wie sie sein sollte. Das ist die besondere Problemstellung von Borussia Dortmund und das ist letztendlich der Preis, den wir zahlen müssen für das erste Halbjahr der Saison 2003/2004 mit den ganzen Negativverläufen. Also Nichtqualifikation Champions League, UEFA-Cup-Ausscheiden, Ausscheiden aus dem DFB-Pokal und dann letztendlich da ein sechster Platz in der Bundesliga - da kam ja eigentlich alles Negative zusammen.

Trotz alle dem werden wir es in diesem Jahr durchhalten, aber wir müssen auch für die kommende Saison jetzt schon umsteuern. Und das ist die besondere Problematik von Borussia Dortmund, denn wenn wir jetzt nicht umsteuern würden, dann hätten die Kritiker Recht, dann würden wir tatsächlich nicht kaufmännisch vernünftig arbeiten.

schwatzgelb.de: Der Spiegel berichtet in seinem Artikel aus dieser Woche über den BVB. Dort werden auch Zahlen genannt: 50 Millionen Euro für Vermarktungsrechte, TV-Rechte, Bandenwerbung u.a.. War das nicht nur die Hälfte? Waren das nicht damals 50 Millionen DM?

Dr. Niebaum: Nein, das ist schon richtig.

schwatzgelb.de: Dann 20 Millionen vom Gerling-Konzern für die Namensrechte an goool.de und 132,9 Millionen Euro aus dem Börsengang. Die Zahlen stimmen in etwa?

Dr. Niebaum: Ja.

schwatzgelb.de: Jetzt stellt sich automatisch die Frage: Wo ist das Geld hin?

Dr. Niebaum: Das kann ich Ihnen gerne sagen. Das ist ja eine statische Betrachtungsweise der Einnahmen. Da wird ja im Grunde genommen ein Zeitraum von 1998 bis 2004 dargestellt. Nun müssen Sie sehen: Was ist geschaffen worden mit diesen Geldern? Geschaffen worden ist eine Mannschaft, die nach einer Studie der Hypovereinsbank einen Marktwert von 130 Millionen Euro hat. Die Hypovereinsbank hat als objektives Kreditinstitut in Form eines ihrer Analysten unsere Mannschaft mit einem Marktwert von 130 Millionen Euro bewertet. Da kann man nun darüber streiten, ob das zu hoch ist, aber jedenfalls hat unsere Mannschaft im Gegensatz zu vielen anderen Mannschaft Europas und auch der Bundesliga einen Marktwert und dieser Marktwert ist nun deutlich höher als, sagen wir mal, der kapitalisierte Börsenwert.

schwatzgelb.de: Das ist der analysierter Marktwert der Mannschaft, was ist mit dem anderen Geld geschehen?

Dr. Niebaum: Wir haben dem Verein eine Struktur gegeben, insbesondere ein neues Stadion gegeben. Die Immobilie und der Grund und Boden, gehört uns ? ist Eigentum des Vereins. Alles, was sie im Stadion sehen, z.B. die Betriebsvorrichtungen, gehört uns. Das Gebäude haben wir zwar an einen Immobilienfond veräußert, aber dafür haben wir 52 Millionen Euro in der Bilanz stehen. Also der Gegenwert für dieses Gebäude gehört dem Verein. Wenn sie das alles sehen, den Marktwert der Mannschaft von 130 Millionen Euro, den Depotwert von 52 Millionen Euro für das Gebäude und der Wert der Immobile und des gesamten Stadions, sowie Grund und Boden und Betriebsvorrichtungen, dann sind sie schon bei diesen Summen. Im Jahr 2017 werden wir ja dann auch das Gebäude schuldenfrei wiederbekommen. Man kann letztendlich sagen: Es ist gut und solide gewirtschaftet worden. Das Geld ist keineswegs weg, es ist nicht vernichtet, wie behauptet wird, sondern es ist vorhanden.

"Da kann man nicht davon reden, dass wir das Tafelsilber verkauft hätten."

schwatzgelb.de: Lässt sich der Stadionwert als solcher beziffern?

Dr. Niebaum: Zum Stadionwert will ich Ihnen folgendes sagen: Die Investitionssumme in das Stadion beträgt rund 130 Millionen für 83.000 Zuschauer.

schwatzgelb.de: Die 130 Millionen betreffen nur den Ausbau? Nicht auch noch das kleine klassische Stadion von 1974?

Dr. Niebaum: Das ist genau richtig. Da haben sie schon Recht, das muss man korrekterweise schon sagen. Das, betrifft die einzelnen drei Bauabschnitte, die wir ab 1995 in die Hand genommen haben. Da bin ich Ihnen dankbar, da bewahren Sie mich jetzt vor einem Fehler für die Zukunft. (lacht)

schwatzgelb.de: Die Hälfte der Plätze war ja dann im Grunde schon vorhanden. Oder wie muss man das jetzt Rechnen?

Dr. Niebaum: Man muss also schon davon ausgehen, dass die unteren Ränge der Haupt- und Gegentribüne sowie der Südtribüne bereits vorhanden waren. Die Nordtribüne ist fast komplett neu aufgebaut worden. Haupt- und Gegentribüne, das waren zweimal 8.000, also 16.000 Plätze. Dann noch die Südtribüne, das waren ca. 9.000, also 25.000 insgesamt. Wir kommen alles in allem auf rund 60.000 neu erstellte Plätze.

schwatzgelb.de: Und wie sieht das Westfalenstadion dann im Vergleich zu den anderen neu gebauten Stadien aus?

Dr. Niebaum: Wir haben eine Investitionssumme für unser Stadion von rund 130 Millionen für 83.000 Zuschauer, bei ca. 60.000 neu geschaffenen Plätzen. Das macht pro Zuschauer eine Investitionssumme von ca. 2.170 Euro. Das Stadion in einem Nachbarort, einige Kilometer westlich von hier, hat 190 Millionen Euro Investitionssumme gekostet für etwa 60.000 Zuschauer. Macht pro Zuschauer eine Investitionssumme von 3.000 Euro. Die Stadion in München und Berlin kosten 260 oder 280 Millionen Euro und sind für 77.000 und 67.000 Zuschauer, d.h. dort sind wir schon fast bei 4.000 Euro pro Zuschauer. Wir haben außerdem nicht nur eine Zuschauerkapazität von 83.000 geschaffen, sondern, dass ist auch für die Basis des Vereins sehr wichtig, 3.600 gastronomische Plätze. Das ist das größte gastronomische Angebot, das in der Liga gibt. Das haben andere nicht, obwohl sie mehr investiert haben für ihr Stadion. Insofern lässt sich eigentlich nachweisen, dass wir sehr kostenbewusst and solche Investitionen herangehen.

schwatzgelb.de: Aber gerade das Stadion wird immer wieder ins Spiel gebracht. In den Medien wird dann von Verkauf des Tafelsilbers gesprochen. Ist der Wert das Stadion nicht viel Höher zu beziffern, als die 52 Millionen?

Dr. Niebaum: Ja, da mag durchaus sein. Aber wir wollen uns ja nicht reich rechnen. Es wird immer so getan, als ob wir das Tafelsilber verkauft hätten. Wie sie gerade sagten, dass Wort taucht immer auf, zum Beispiel jetzt im Spiegel. Das ist ja völliger Quatsch. Grund und Boden sind unser Eigentum, alle Betriebsvorrichtungen, von den Stühlen, den Sitzen, den Toren, dem Flutlicht bis zum Rasen. Alles, was sie im gastronomischen Bereich sehen, z.B. im Borussia Park, gehört dem Verein. Und für das nackte Gebäude haben wir bereits den Gegenwert von 52 Millionen Euro in unserer Bilanz. Da kann man nicht davon reden, dass wir das Tafelsilber verkauft hätten. Und dann sparen wir weiterhin an, damit wir letztendlich im Jahre 2017 dieses Gebäude, wie gesagt, dass nackte Gebäude, wieder zurückbekommen und somit auch wieder Eigentümer des gesamten Stadions sind. In dieser Zeit, behaupte ich mal, ist kein anderes Stadion, das jetzt gebaut worden ist, getilgt und schuldenfrei.

Die Finanzierungsform für das Stadion gefunden haben ist sicher kompliziert. Das gebe ich gerne zu. Aber ich zitiere gerne den Analysten der Hypovereinsbank, Herrn Hasler. Er hat gesagt, dass er dieses Modell eigentlich nur für gut und richtig befinden kann.

schwatzgelb.de: Kurze Frage noch einmal zu diesem Sale&LeaseBack (das Leasinggeschäft um das Stadion). Der Verein hat durch diesen Verkauf den Eckenausbau finanziert, ist das soweit richtig?

Dr. Niebaum: Ja, das ist ein Finanzierungsinstrument, das gebe ich gerne zu. Wir haben eben keine Steuergelder in Anspruch genommen, wir haben auch keine Gelder vom Bund, Land oder Kommunen erhalten. Diese Entscheidung, den dritten Bauabschnitt zu verwirklichen, war getroffen worden zu einem Zeitpunkt, als die KirchMedia nicht insolvent war. Und für 2003, 2004 und natürlich auch die Folgezeit waren ganz andere Fernsehgelder vorausgesagt. Natürlich fällt es einem leichter, dann eine solche Finanzierung darzustellen, wenn sie da im Jahr zehn Millionen Euro mehr aus Fernsehgeldern bekommen. So haben wir uns diesen Weg überlegt, um den Eckenausbau dann auch vernünftig zu finanzieren. Wir haben ja durch diesen Eckenausbau ? das darf man ja auch nicht verkennen und das lese ich nirgendwo in den Medien, obwohl ich es immer wieder erwähnt habe ? ein zusätzliches Einnahmepotential von jährlich neun bis zehn Millionen Euro geschaffen. Durch Zuschaueraufkommen und durch die Gastronomie in allen vier Ecken möglich ist. In zwei der Ecken haben wir das schon verwirklicht und in den anderen kann man sie noch verwirklichen. Nochmals, dass ist ein zusätzliches Einnahmepotential für die nächsten 25 Jahre von neun bis zehn Millionen Euro.

schwatzgelb.de: Bleiben wir kurz beim Thema Ecken und Gastronomiebereiche. Es gibt viele Fans, die sich gewünscht hätten, dass es in einer der Ecken eine Art Fankneipe gibt. Das ist bis heute nicht verwirklich worden. Vermutlich, weil es wohl nicht genug einbringt. Natürlich bringt ein Hospitality-Bereich mehr als ein "Fansaal" o. ä., wie es ihn beispielsweise in Bremen mit dem Ostkurvensaal gibt. Können wir mit so etwas noch rechnen?

Dr. Niebaum: Ich verstehe den Wunsch der Fans und ich finde, das ist mit Sicherheit etwas sehr positives. Aber man muss auch sehen: Wir sind noch nicht am Ende der gesamten neuen Struktur des Stadions. Wir haben die Möglichkeit, die alte Geschäftsstelle noch, dafür gibt es auch Pläne, als Kneipe, z.B. auch als Fankneipe einzurichten. Wir haben sicherlich auch andere Möglichkeiten im Stadion, die wir sukzessive auch verwirklichen wollen. Ich weiß zwar nicht, ob sich, so wie andere Stadien ein solcher Bereich schon zwei oder zweieinhalb Stunden vor dem Spiel richtig füllt. Viele bleiben natürlich auch in ihren gewohnten Kneipen in der Dortmunder Kneipenszene. Viele andere kommen erst relativ spät. Ich freue mich aber natürlich, das zu hören. Wenn wir so was wissen, können wir natürlich auch entsprechend planen.

schwatzgelb.de: Das August-Lenz-Haus (die alte Geschäftsstelle) ist natürlich immer etwas problematisch, das ist ja genau am Gästeeingang.

Dr. Niebaum: Finden sie das so problematisch?

schwatzgelb.de: Das gäbe sicherlich einige Spiele, wo das problematisch ist.

Dr. Niebaum: Ja, gut, ich nehme das gerne mit. Ich bin ja offen für diese Diskussion. Wir haben über die anderen Ecken ja auch noch keine endgültige Entscheidung getroffen. Wenn ein entsprechendes Bedürfnis da ist, muss man da drüber nachdenken.

schwatzgelb.de: Kommen wir noch einmal drauf zu sprechen, was die Fans hinsichtlich der Diskussion um die Finanzpolitik interessiert. Was müsste aus Ihrer Sicht beim BVB passieren, damit nichts passiert?

Dr. Niebaum: Zu diesem Zeitpunkt der Saison können wir im Grunde genommen gar nicht mehr viel gestalten. Wir haben jetzt noch 17 Bundesligaspiele, es wird keinen weiteren Wettbewerb mehr geben, wo wir noch weitere Einnahmen haben, wir werden vielleicht am Ende der Saison noch mal nach China fliegen. Wir haben ein entsprechende Angebote auf dem Tisch, um uns da vielleicht eine Woche zu tummeln und zwei, drei Spiele zu machen.

schwatzgelb.de: Als Belohnung für die Spieler, für die gute Leistung in 2003? (lacht)

Dr. Niebaum: Aber nein (schmunzelt). Wir müssen diese Saison eben versuchen, sportlich das Beste daraus zu machen. Die Wahrscheinlichkeit, noch auf einen der ersten drei Plätze zu gelangen ist sehr gering. Nach dieser verkorksten Hinrunde, wäre die internationale Teilnahme, damit meine ich in erster Linie den UEFA-Cup, ja eigentlich auch schon ein Erfolg. Deshalb müssen wir jetzt umsteuern, damit wir auch in der kommenden Saison wieder eine vernünftige Relation zwischen den Kosten - insbesondere den Spielergehältern - und den Einnahmen aus Ticketing, Sponsoring und TV-Erlösen haben.

schwatzgelb.de: Warum sind Sie denn in Ihren Planungen nur vom Erreichen der Campions League ausgegangen?

Dr. Niebaum: Das kann man jetzt als Fehler ansehen, aber auch die Fachpresse war eigentlich mit uns der Ansicht, dass sich die Mannschaft in einem überschaubaren Zeitraum, bis etwa 2006, auf den oberen Plätzen bewegen würde. Die Spieler waren auch der Auffassung. Sie hatten das Selbstverständnis, dass sie in der Champions League spielen. Viele sind ja extra zu uns gekommen, um da zu spielen. In der Fachpresse, sah man uns, wenn wir nicht als Meister gehandelt wurden, zumindest als Zweiter oder Dritter. Ich glaube, die Fans waren auch der Auffassung, dass das geht.

schwatzgelb.de: Was meinen Sie, woran es lag, dass diese Rechung nicht aufging?

Dr. Niebaum: Durch ein dummes Spiel gegen Cottbus, wurde ja eigentlich die Kette erst eröffnet. Im Nachhinein war es ein Riesenfehler, vor dem Cottbus-Spiel nicht in ein Trainingslager zu gehen, so zwei, drei Tage. Wenn man sich mal vorstellt, was dann in der Konsequenz so alles passiert ist, hätte man die Konzentration auf ein solches Spiel unglaublich erhöhen müssen und einfach nicht denken dürfen: Ok, das wird schon irgendwie funktionieren. Zum Schluss war?s dann auch eine bisher nicht gekannte Verletzungsserie. Aber, ich sage auch, dass die Verletztenmisere nicht der einzige Grund ist, dass wir heute Sechster sind. Ich habe z.B. kein Verständnis für so ein Spiel wie in Köln, dass wir bis auf Christoph Metzelder noch mit fast der kompletten Mannschaft bestritten haben. Dafür fehlt mir jedes Verständnis. Man kann sich nach fulminanten 20 Minuten zu Beginn, als Mannschaft nicht plötzlich abmelden und dann aber auch jegliche Bereitschaft vermissen lassen ins Spiel zurückzufinden. Man kann sich doch nicht so vorführen lassen, wie das in der zweiten Halbzeit der Fall war, da war doch gar nichts mehr.

schwatzgelb.de: Für uns nahm alles seinen Lauf mit dem Spiel gegen Brügge. Inwiefern hat es denn schon nach dem Spiel in Brügge Androhung von Konsequenzen gegeben?

Dr. Niebaum: Da stimme ich Ihnen zu. Natürlich haben wir mit der Mannschaft geredet und es war auch jedem klar, dass das eine unmögliche Leistung war. Sowohl Trainer, als auch Management haben hier klare Worte gefunden. Das Rückspiel war ja dann die Antwort, die Einstellung in Ordnung. Haben auch in der regulären Spielzeit gewonnen und dann in der Verlängerung in 30 Minuten die Gelegenheit nicht genutzt ein Tor zu machen. Wie schon gegen Cottbus. Das Elfmeterschießen ist dann Glücksspiel.

Aber als Präsident, da können Sie zwar Ihrer Meinung Luft machen und auch mit den Spielern reden, aber im Prinzip können sie die Tore nicht selber machen.

schwatzgelb.de: Also eine Erklärung, z.B. für diese fürchterliche Auswärtssschwäche, die sich praktisch durch das ganze Kalenderjahr 2003 zog, haben auch Sie nicht?

Dr. Niebaum: Ob es dafür eine Erklärung gibt, das weiß ich nicht. Es gibt eine Reihe von Ansätzen. Ein Erklärungsanzsatz ist natürlich: Bis zur Meisterschaft war das absolut ok, bis 2002 waren wir ja auswärts die erfolgreichste Mannschaft, sonst hätten sie auch nicht Meister werden können...

schwatzgelb.de: ...Nun, die Hinrunde 2002/2003 war aber auch noch ok.

Dr. Niebaum: Ja, aber da fing das schon an. Und ich weiß nicht, ob die Spieler das nicht zu leicht genommen haben. Ob sie da wirklich mit der nötigen Anspannung in ein solches Spiel gegangen sind. Wir haben ja eine Diskrepanz zwischen den Heimspielen und den Auswärtsspielen - wohlgemerkt bei der gleichen Mannschaft! Da sind wir in der Heimtabelle ganz oben, was die laufende Saison angeht, in der Auswärtstabelle ganz unten. Da muss doch irgendetwas in der Mannschaft nicht so funktionieren, wie es funktionieren sollte. Ich kann ja als Trainer viel machen, aber es ist ja am Ende wichtig, dass eine Eigendynamik entsteht. Dass die Spieler 24 oder 48 Stunden vor dem Spiel einen Spannungsbogen aufbauen, denn das macht eine Klassemannschaft aus. Wir haben eben in einigen Mannschaftsteilen Spieler, die noch relativ jung sind und vielleicht einfach noch nicht das Bewusstsein haben, wie sie mit ihrem Körper oder mit ihrem Beruf auch so professionell umgehen, dass sie in der Lebensführung und im Training sich richtig auf so ein Spiel vorbereiten. Zuhause mag das vielleicht anders sein, weil natürlich das Stadion mit der Riesenkulisse einen gewissen Druck auf die Spieler ausübt und sie bewegt, sich bei Heimspielen anders vorzubereiten. Es sind alles Erklärungsansätze. Ich will hier auch nicht weiter philosophieren und spekulieren, aber Tatsache ist, dass sich da was ändern muss, darüber muss man sich im Klaren sein. Eine so dürftige Auswärtsbilanz weist normal nur ein Absteiger vor

schwatzgelb.de: Das ist eigentlich die Auswärtsbilanz wie in den 80ern?

Dr. Niebaum: Ja und das kann nicht sein! Und dafür haben wir hier nicht eine solche Mannschaft zusammengestellt, die es ja besser kann. Erinnern Sie sich mal, was haben wie denn 2001, 2002 für Auswärtsspiele gesehen? Auf einmal hat die Mannschaft wieder aufgedreht: In Hamburg, in Bremen usw. Ein Ewerthon ging da durch, ein Koller... es wurden Konter gefahren. Die Mannschaft hat das doch drauf! Ist ja nicht so, dass das andere Spieler sind! Was wir jetzt sehen, das ist doch eine ganz andere Mannschaft. Ich meine, die Namen sind die gleichen, aber da kann man sich ja nicht dran erfreuen.

schwatzgelb.de: Wo wir gerade bei den Spielern sind: Sie haben ja auch im DSF am Sonntag von Regionalisierung gesprochen, auch davon, wieder mehr Spieler aus der Region zu verpflichten, die sich mehr mit dem Verein identifizieren. Bei vielen Fans würde so etwas begrüßt werden. Wie stellen Sie sich diese Regionalisierung vor?

Dr. Niebaum: Zuerst einmal ist wichtig: Regionalisierung heißt ja nicht, nur mit deutschen Spielern zu spielen. Mit ?Regionalisierung? sind auch ausländische Spieler gemeint, die hier in unserer Region, unserem Bundesland, oder Deutschland, aufgewachsen sind. Die Altintops beispielsweise, die müssten eigentlich hier spielen, da muss man schon relativ früh dran sein, um diese wirklich guten Spieler, hier herzuholen. Das setzt schon voraus, dass man noch stärker auf unsere Region hier schaut. Mehr, als wir das vielleicht in der Vergangenheit schon getan haben.

"Das kann auch eine Aufbruchsstimmung für die ganze Jugendarbeit sein."

schwatzgelb.de: Und unsere eigene Jugendarbeit?

Dr. Niebaum: Es gibt sicherlich auch einige Erfolge bei uns in der Jugendarbeit, das kann man nicht anders sagen, aber nichts ist so gut, als dass es nicht noch verbessert werden kann. Und bevor wir da jetzt in fernen Ländern forschen, ist es genauso wichtig, dass wir im Prinzip weiter in den jüngeren Jahrgängen alles genau erfassen, was da läuft: Die Entwicklungen der einzelnen Spieler ? auch in anderen Vereinen ? sichten und dann auch hier letztendlich die besten Spieler aus unserer Umgebung versammeln. Das ist eine Politik, die wir schon verfolgen, aber ich sage: Wir müssen sie noch weiter intensivieren

schwatzgelb.de: Also aus der Not eine Tugend machen?

Dr. Niebaum: Wir haben jetzt eine Chance, die sich in den letzten Jahren nicht gezeigt hat für diese jungen Spieler um in den Profibereich hinein kommen zu können. Wenn Sie in der Champions League spielen, müssen Sie eine Politik machen, um sich mit AC Mailand, Real Madrid oder Arsenal London messen zu können. Da ist es für einen 19- oder 20-jährigen Spieler natürlich nicht leicht. Jeder Trainer würde die einen Erfahrenen Spieler vorziehen. Jetzt, in unser Situation biete sich einfach die Möglichkeit, sogar die Notwendigkeit, auch wirklich verstärkt Spieler aus dem Jugendbereich einzusetzen. Das kann auch eine Aufbruchsstimmung für die ganze Jugendarbeit sein. Im Grund ist das doch das Problem von Spielern wie Gambino oder Odonkor oder wie sie jetzt alle heißen gewesen. Sie haben gewusst: Ok, jetzt spielen ich mal vier oder sechs Spiele, aber dann sind alle wieder da und ich bin wieder draußen.

schwatzgelb.de: Welche Erwartungen stecken Sie dann in eine solche Entwicklung?

Dr. Niebaum: Durch eine Situation, in der wir den Gürtel enger schnallen müssen und auch bewusst die Kostenstruktur unserer Mannschaft verändern müssen, heißt das doch zwangsläufig, dass dem Jugendspieler auch eine größere Chance gegeben wird, im Profikader zu verweilen. Das ist ja eine Frage der Logik! Und das, finde ich, ist auch der gestalterische Spielraum. Klar, da muss man natürlich auch Glück und ein gutes Händchen für haben. Man kann auch nicht erwarten, dass man jetzt mit diesen Spielern, wenn der Prozentsatz dieser Spieler in der Mannschaft wächst, die Sterne vom Himmel holt. Darüber muss man sich auch im Klaren sein.

Es wird aber sicher nicht so sein, dass wir jetzt nur mit einer Rasselbande spielen. Auch der VfB Stuttgart hat nicht nur mit jungen Leuten gespielt, sondern hatte eine Mischung in der Mannschaft und das wird bei uns auch so sein. Das ist doch selbstverständlich, dass wir hier eine Mannschaft nicht nur nach Altersgesichtspunkten zusammensetzen, sondern sicherlich auch nach sportlichen Kriterien. Aber die Mannschaft selber, die Zusammensetzung des Teams, wird dann eine andere sein.

schwatzgelb.de: Kommen wir zu einem weiteren Thema: Wenn wir über Sichtung und Förderung sprechen, wie sieht es denn in dem Zusammenhang mit dem Trainingzentrum aus?

Dr. Niebaum: Das Trainingszentrum wird jetzt in der Rückrunde gebaut und wird dann acht oder sogar zehn Plätze im Endstadium haben. Das ist übrigens auch so ein Thema, wo ich viel darauf abgesprochen werde, warum noch nicht gebaut worden ist. Das liegt vor allem daran, weil es früher eine militärisch genutzte Anlage war, die entmunitioniert werden musste. Das ist nach meinem Wissen im Oktober der Fall gewesen und wir haben dann im November, Dezember nicht mehr angefangen zu bauen. Da waren genug andere Sorgen und Probleme im sportlichen Bereich. Wir haben aber jetzt, genau am 31.12.2003 den Bauantrag gestellt und das Signal von der Stadt, dass wir zumindest erst mal mit vier Plätzen beginnen können und das werden wir auch machen.

schwatzgelb.de: Die Finanzierung ist gesichert?

Dr. Niebaum: So ist es, ja.

schwatzgelb.de: Dann kommen wir doch sofort zum nächsten Thema, dass im Raum schebt: Die Anleihe. Es ist jetzt müßig, darüber zu reden, wer jetzt mit wem zuerst Kontakt aufgenommen hat. Wichtiger ist da schon die Meinung vieler Fans, die eine solche Anleihe als sehr große Hypothek für die Zukunft sehen?

Dr. Niebaum: ...wir haben sie aber noch nicht getätigt.

schwatzgelb.de: Das wäre jetzt die Frage gewesen. Würden Sie sich da schon zu einer Aussagen bewegen lassen, ob es eine Anleihe gegen wird und in welcher Höhe diese angedacht ist?

Dr. Niebaum: Nein, das würde ich nicht tun. Aber ich möchte soviel sagen, dass es nie um eine Anleihe von 100 Millionen Euro ging. Es ging um eine Anleihe von 35 Millionen Euro, die dann in einer zweiten Tranche noch einmal um 35 Millionen erhöht werden kann. So viel darf ich sagen und das ist ja schon mal ein Unterschied, zu den 100 Millionen, die in den Raum stellt wurden. Außerdem ist eine solche Anleihe immer zweckgebunden, d.h. sie muss investiert werden in bestimmte Vorhaben, die einen Mehrwert bringen. Sie müssen ja für eine solche Anleihe Zinsen zahlen, also muss sie sinnvoll investiert werden.

schwatzgelb.de: Und wie müsste sie investiert werden?

Dr. Niebaum: Ich will jetzt nicht über die Detail sprechen, das darf ich auch gar nicht. Aber sie muss investiert werden in Vorhaben, die höhere Einnahmen bringen als die Zinsen. Da liegt der Sinn dieses Geschäftes.

schwatzgelb.de: Also feste Werte schaffen?

Dr. Niebaum: Ja, feste Werte schaffen. Diese Anleihe, über die wir nachdenken, ist auch keine Verpfändung von Ticketeinnahmen, das ist auch wichtig. Das ist nämlich der ganz große Unterschied. Und wir haben eine solche Form von Angeboten, die am Markt sind, mit unseren Gremien erörtert. Das ist auch ganz normal, weil es unsere Aufgabe ist, sich über solche Angebote und Entwicklungen zu informieren. Wir haben gesagt, dass wir das prüfen, und wir sind von unseren Gremien auch aufgefordert worden, das zu prüfen. Das ist die Situation die wir jetzt haben. Ich sage jetzt nicht Ja oder Nein ? das kann ich auch gar nicht, weil wir börsennotiertes Unternehme sind, so etwas müsste adhoc gemeldet werden. Aber erstens: Uns zu unterstellen, wir hätten diese Anleihe schon gemacht, ist falsch! Uns zu unterstellen, wir wollten sie machen, ist auch falsch! Und das, was am meisten falsch ist, ist die Behauptung, wir brauchen diese Anleihe, um die Einnahmeausfälle aus der Champions League zu kompensieren. Das war die Kernsaussage, die ursprünglich am 22. Dezember gemacht worden ist. Diese Kernaussage ist unlogisch, das kann ich auch beweisen.

schwatzgelb.de: Was Herr Schechter ja auch selber gesagt hat.

Dr. Niebaum: Deshalb ja eigentlich auch dieser Vorwurf, der uns vor Weihnachten gemacht worden ist, "Der Niebaum will jetzt unbedingt diese Anleihe für die Einnahmelöcher; die sind praktisch am Ende und können jetzt die Löcher nur noch durch eine solche Anleihe stopfen.", gar nicht haltbar, denn es gibt zum Stopfen von Löchern gar keine Anleihe! Genauso wie Ihnen eine Bank auch keine Geld gibt, um ein Loch zu stopfen, gibt es das vor allem auch bei diesen Investoren nicht, um ein Loch zu stopfen. Da gibt es keinen Euro für, auf der ganzen Welt. Das liest sich zwar gut, will ich eingestehen, aber es liest sich für den Kenner und den Sachverständigen nicht gut, weil der natürlich sagt, da stimmt etwas nicht.

Also, entweder habe ich eine Schieflage und bin ein Sanierungsfall, dann wird mir aber keine Anleihe angeboten. Oder ich bin ein gesundes Unternehmen, dann wird mir eine Anleihe angeboten. Ich weiß ja auch nicht, warum da nun plötzlich diese Geschichte, die wir im Gremium vorgetragen haben, nun auch als Munition gegen uns verwendet worden ist. Ich war ja selbst erschrocken über eine solche Berichterstattung.

schwatzgelb.de: Sie haben jetzt einige Dinge klar gestellt, die vielleicht auch den ein oder anderen beruhigen mögen. Das Problem ist aber, dass vielen - auch denen, die sich informieren - vieles einfach unklar ist. Ich komme aus der Nähe von Münster?

Dr. Niebaum: Kommt jetzt wieder die Geschichte von Malte Metzelder?

schwatzgelb.de: Ja, das ist einfach so eine Geschichte, wo man die Zeitung aufschlägt und denkt: Das kann doch einfach nicht wahr sein. Was ist da genau gelaufen?

Dr. Niebaum: Da muss ich Ihnen zuerst einmal sagen, das verstehe ich überhaupt nicht. Soweit, wie ich informiert bin ist Ende Oktober, genauer gesagt am 29. Oktober diese Rechnung von Preußen Münster bei uns eingegangen. Ende Oktober! Bei der Rechung handelte es sich um eine Aufwandsentschädigung. Die setzt sich durch eine komplizierte Formel zusammen. Dabei muss aufgeführt werden, wo Malte überall in der Jugend gespielt hat. Diese Rechnung ist, da sie nicht einfach zu prüfen ist, im Sportmanagement gelandet und jeder hat da wahrscheinlich gedacht: "Wie soll ich das jetzt prüfen?". Das ist ein ganz normaler Routinefall. Wer nun daraus nun wirklich schlusszufolgern will, dass Borussia Dortmund Zahlungsschwierigkeiten hat, verlässt angesichts der Summen, die wir hier zahlen müssen, den Bereich einer ernsthaften Diskussion, das muss ich ganz klar sagen. 10.000 Euro sind da mit Sicherheit immer noch drin. Ich habe das gar nicht verstanden - ich mein, Preußen Münster hat sich mittlerweile auch entschuldigt -, so etwas macht man nicht. Wir haben zig Freundschaftsspiele gemacht für Preußen Münster und ich bin sogar Mitglied bei Preußen Münster.

schwatzgelb.de: Noch einmal kurz zum Verständnis: Preußen Münster hat sich für diese Sache wirklich entschuldigt?

Dr. Niebaum: Ja, die haben sich entschuldigt. Das muss man doch auch nachvollziehen können, dass wir jetzt hier die einzelnen Stationen von Malte Metzelder erst nachprüfen müssen und dass das ungewöhnlich ist. Ich meine, wenn ich hier Kaffee bestelle, dann brauche ich nichts zu prüfen, das ist dann ein ganz normaler Geschäftsgang, aber das hier ist eine ungewöhnliche Geschichte und auch etwas ganz anderes als bei anderen Ablöseentschädigungen. Weil wenn Sie da eine Ablöseentschädigung vereinbaren, dann wissen Sie, was Sie da vereinbart haben. Da machen Sie einen Haken drunter und dann können Sie das bezahlen.

schwatzgelb.de: Da kriegen bei der Ausbildungsentschädigung die Vorvereine auch etwas von der Summe?

Dr. Niebaum: Ja, die kriegen auch etwas davon. Das ist erst einmal sehr schwer, diese Rechnung zu erstellen, und dann ist es sehr schwer, sie zu prüfen.

Die Zeitungen rufen an bei allen möglichen Leuten: "Habt Ihr schon Euer Geld von Borussia Dortmund bekommen?"

schwatzgelb.de: Ja gut, das ist ja mal eine Erklärung für die Fans. So bleib nur hängen, das dauert irgendwie ein halbes Jahr.

Dr. Niebaum: Es war ja nicht ein halbes Jahr. Wie gesagt: Ende Oktober ist diese Rechung gekommen.

schwatzgelb.de: Bei der Summe, da hat man doch gedacht, "Mein Gott, wenn ich das nicht in der Zeitung stehen haben will, dann zahle ich es doch in der Not auch aus dem eigenen Säckel und dann lasst mich in Ruhe damit".

Dr. Niebaum: Ja, so etwas wird einfach in den Raum gestellt. Sie müssen doch sehen, was hier passiert ist. Die Zeitungen rufen an bei allen möglichen Leuten: ?Habt Ihr schon Euer Geld von Borussia Dortmund bekommen?? Ich habe so etwas überhaupt noch nie erlebt. Ich meine, jetzt müssen wir hier - und das lehne ich auch ab, denn auch wir haben hier eine normale Rechnungsprüfung, einen normalen Zahlungsvorgang ? doch nicht innerhalb von drei Stunden, nachdem wir eine Rechnung bekommen haben, diese erfüllen. Ich meine, wir haben doch auch Forderungen, die werden auch nicht heutzutage innerhalb von drei Tagen bezahlt, das kennen Sie aus dem Privatleben doch auch! Kein Mensch fragt bei Schalke 04 oder beim VfL Bochum: "Wann zahlt Ihr Eure Rechnungen?" Ich finde so etwas eigentlich unerhört!

schwatzgelb.de: Und die Reaktion der Stadtwerke, die ja sogar im DSF angerufen haben und erklären ließen, dass die Rechnung beglichen wäre. Wie ist da der Stand?

Dr. Niebaum: Da wird mir in so einer Fernsehsendung vorgehalten wir hätten zwar jetzt 495.000 Euro bezahlt, aber wir hätten aus dem Vorjahr noch 400.000 Rückstände offen. Das wird in einer solchen Sendung einfach behauptet, nach dem Motto "Der kann sich da ja jetzt überhaupt nicht wehren! Der kann da ja nur dementieren, aber wir (die Journalisten Anm. d. Red.) haben schon wieder einen Pluspunkt gelandet. Der ist ja unglaubwürdig." Wenn der Pressesprecher der Stadtwerke Dortmund nicht in der Sendung angerufen hätte, wäre das ja so im Raum stehen geblieben. Vor allem, wo doch beide Sachen schon dementiert waren. Sowohl die Sache von der WGZ-Bank (eine angebliche Äußerung eines Angestellten der Bank, die den BVB als Sanierungsfall beschrieben hat, abgedruckt in der Zeitschrift GQ und übernommen von zahlreichen Medien, Anm, d. Red.), als auch die Stadtwerke-Geschichte.

schwatzgelb.de: Sie meinen das Interview des WGZ Mitarbeiters in der Zeitschrift "GQ"

Dr. Niebaum: Ja, der Herr Süßmilch von der WGZ-Bank, der das nie so gesagt hat. Da wurde dann in dieser DSF-Sendung gesagt: "Dieser Herr Süßmilch, der hat das zwar dementiert, aber die dementieren alle, also wollen wir davon ausgehen, dass er das gesagt hat!" Das sagen Ihnen vier Journalisten: "Ja, wir beschließen jetzt hier in dieser Runde: Das Dementi ist nichts wert, der hat das gesagt!" ja" Der Herr Neukirchner hatte am Sonntagmorgen von dem Süßmilch um halb Neun oder neun Uhr eine E-Mail hier auf dem Tisch und wir hatten uns überhaupt nicht beschwert. Darin stand: "Ich möchte Ihnen mitteilen, dass die Dinge hier falsch sind und dass ich das dementiere!". Un dann wird einfach gesagt: "Da beschwert sich Borussia und dann wird das einfach dementiert."

Wo ich mich allerdings wirklich beschwert habe, das sage ich auch offen, ist bei der NordLB, und da bin ich auch auf die Reaktion gespannt. Ein gewisser Herr Vornholz von der NordLB wird immer wieder von Herr Röckenhaus zitiert, der irgendwelche Aussagen tätigt zum Stadion.

schwatzgelb.de: Der ja als "Stadionfinanzierungsexperte" beschrieben wird.

Dr. Niebaum: Ja, der Stadionfinanzierungsexperte. Dabei ist das absolut unqualifiziert, was dieser Mann sagt, und ich habe den Vorstand der NordLB angeschrieben und um eine Stellungnahme gebeten, wie die NordLB dazu kommen kann, dass ein Mitarbeiter solche haltlosen und unqualifizierten Äußerungen macht. Ich lasse nicht zu, das so etwas passiert. Diese Äußerungen sind schlichtweg falsch, sind überhaupt nicht haltbar und ich möchte jetzt es zu solchen Äußerungen kommen kann.

Manuel Neukirchner, der mit am Tisch sitzt: Ich darf noch anfügen. Wir haben da gerade einen neuen Fall im Spiegel, da ist ein Wissenschaftler zitiert worden, ein Herr Schewe, der auch Aussagen gemacht hat über die Gesellschaftsform KGaA, die auch in einen ganz anderen Zusammenhang gestellt worden sind in der ersten Ausgabe im Januar. Der hat uns auch einen Brief geschrieben und hat sich entschuldigt und hat gesagt: "Mit mir hat keiner gesprochen." Da nimmt man eine Studie, nimmt irgendwelche Dinge, die gerade passen, und die werden da in ganz andere Zusammenhänge gestellt. Und der hat jetzt den Spiegel auch noch einmal angeschrieben. Also da sind viele Fälle, wo einfach Leute herangezogen werden.

Teil 2 des großen schwatzgelb.de-Interviews mit Dr. Gerd Niebaum folgt Sonntag!

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