Der Sieger des Gastautorenwettbewerbs "Warum bin ich eigentlich Borusse?"
Die Jury der schwatzgelb.de Redaktion hatte es nicht einfach, aus all den vielen Einsendungen zum Autorenwettbewerb den Sieger zu ermitteln, doch am Ende war die Entscheidung doch einstimmig.
Der Siegerbeitrag zum Autorenwettbewerb kommt von Martin Grollmuß aus Dortmund.
Für alle anderen sei als kleiner Trost gesagt, das wir alle Beiträge, die bei uns eingegangen sind, in loser Reihenfolge hier veröffentlichen werden. Ein dickes "Dankeschön" auf jeden Fall an alle, die an unserem kleinen Wettbewerb teilgenommen haben!
Und hier ist er, der Siegerbeitrag:
Warum bin ich BVB-Fan?
Die Suche nach der Antwort auf diese Frage hat mich in den letzten Tagen wirklich beschäftigt. Die Schwierigkeit war hierbei, dass ich mir diese Frage nie selbst gestellt habe. Es gab auch nie das einschneidende ?Erlebnis?, den Tag X, an dem ich beschlossen hätte, dem BVB die Treue zu schwören. ?Trotzdem? dachte ich, ?irgend etwas muss doch irgendwann diesen Virus in mir ausgelöst haben??. ?Wann war ich denn überhaupt das erste mal im Stadion?? grübelte ich vor mich hin. Nun, eigentlich erinnere ich mich nicht. Ich bin Jahrgang `70 und mein Vater hat mich schon als kleinen Jungen in das damals neue Westfalenstadion mitgenommen. ?Ja, mein Vater, der ist an allem schuld!? schoss es mir in den Sinn. ? Der hat 1966 nach dem legendären Pokalsieg sogar seinen Wagen, einen alten Kadett, schwatz-gelb angemalt. Das ganze veredelt, um die Namen aller BVB-Spieler dieser legendären Elf. ?Aber eigentlich,? so wurde mir klar ? ist meine ganze Familie schwatz-gelb verrückt?. Ich stamme aus dem Dortmunder Norden, genauer gesagt aus Hostedde. Mein Vater ist Evinger und meine Mutter wurde in Mengede geboren. Etwas anderes als den BVB hat es somit nie gegeben. Das hat zweifellos sehr viel mit Lokalpatriotismus zu tun: Stahl, Kohle und der BVB sind Synonyme für Dortmund. Ich bin stolz auf meine Wurzeln, stolz auf meine Stadt und jeder Sieg des BVB`s ist für mich auch ein Sieg für Dortmund. Somit gilt meine Liebeserklärung nicht einfach nur dem BVB, sondern vielmehr auch der Stadt, die meine Heimat ist: Dortmund.
1985 hatte ich dann meine erste Dauerkarte. Schlappe 65 DM für eine Jugendkarte auf der Südtribüne. Meine Freunde und ich waren zu jenem Zeitpunkt regelrechte Fanatiker. Der BVB stand damals für unser eigenes Selbstverständnis: immer Underdog, keine echte Perspektive aber immer bemüht und willig, dass Beste zu geben. Nebenbei bemerkt: ich besuchte damals die Theodor-Heuss- Realschule in Eving. Genauso wie Stefan Klos, der zwei Jahrgänge unter mir, so etwas wie einen Helden symbolisierte: ?Wow. Der spielt in der BVB Jugend!?. Nebenan, auf dem Heisenberg Gymnasium gab es dann ein paar Jahre zuvor noch eine andere Ikone: Michael ?Susi? Zorc. Der wiederum war für mich geradezu ein Gott, als er Anfang der ´80, Junioren Weltmeister wurde. Und um an dieser Stelle mal mit einer Anekdote aufzuräumen: Der Spitzname ?Susi? hat dann doch wesentlich mehr mit ? Susi sag mal saure Sahne? zu tun, als mit seiner damals wallenden Haarpracht.
Diesen ?Running Gag? musste derzeit wohl jeder über sich ergehen lassen, der mit lispeln gestraft war. Zurück zum Thema: In den darauf folgenden Jahren hat sich viel verändert. Die Stadt verdient längst nicht mehr mit Kohle und Stahl ihr Geld und aus dem BVB ist ein mittelprächtiges und erfolgreiches Wirtschaftsunternehmen geworden. So kommt es nicht von ungefähr, dass viel zu viele der angeblichen BVB-Anhänger lediglich Mode-Fans sind (was ich zutiefst verachte, weil ich es nicht verstehe). Die Spieler heute stammen dann auch eher weniger aus Dortmund, ja oftmals sogar nicht einmal aus Deutschland.
Aber ich war nie ein Anhänger des Personenkults, insofern ist mir das egal. Der BVB ist mein Kult und alles für was dieser Klub steht. Ich brauche deshalb kein ?Feverpitch? um das Fan-Dasein zu begreifen. Meine eigenen Erinnerungen sind dafür viel zu lebendig. Ein paar persönliche Highlights seien mir an dieser Stelle erlaubt: - Relegation gegen Fortuna Köln - Uefa Cup, erste Runde gegen Celtic Glasgow, nach unendlich langer Zeit internationaler Abstinenz - Die Spiele in Rom - Die Meisterschaft 1995 - Der Thron, Champions League Sieg `97 (meine Stadt war plötzlich eine Begriff in der gesamten Welt! ?Dartment? erklang sogar damals auf CNN ? is the winner of the european Champions League?)
Ein besonderes Highlight stellte für mich aber ein Besuch Anfang der `90 im Limericks in Dortmund dar: Mit zwei Kumpels lauschte ich damals dem Gesang der anwesenden Iren, bis ich zu meiner Verwunderung mehrmals das Wort ?kelmisch? oder so ähnlich wahrnahm. ? Hey, Micha ? könnte das Celtic heissen?? .? Kein Problem? sagte selbiger ? das finde ich raus?. Michael stand auf und begann völlig losgelöst zu singen: ? If you hate the F***g Rangers clap you Hand? nach der Melodie ?und schon wieder deutscher Meister BVB?. ?Oh Gott? dachte ich ?gleich sind wir tot?. Aber was sich dann abspielte war unbeschreiblich: Die gesamte Kneipe stimmte ein und so erklang dieser Anti-Rangers-Gesang gegröhlt von zig dutzenden von Gästen. Anschließend mussten wir uns einem ungleichem Gesangswettbewerb stellen, wobei wir im Wechsel mit den anwesenden Iren/Schotten, schottische und Dortmunder Fangesänge zum Besten gaben. Bezahlen mussten wir natürlich auch nichts mehr, sondern waren fortan eingeladen: von einem Celtic Fanclub, der aufgrund der gemeinsamen Fan-Freundschaft an diesem Abend dort zu Gast war. Aber das konnte Michael unmöglich geahnt haben.
Um meine Liebe zum BVB auf dem Punkt zu bringen, zitiere ich Fitzi, einen Kollegen vergangener Zeiten: ?Ich bin in Dortmund geboren und werde hier auch sterben. Ich arbeite in Dortmund und trinke Dortmunder Bier. Wieso zum Teufel, sollte ich Fan von irgend so einem Seppel Club sein?? Fitzi - und davon bin ich überzeugt - hatte recht.
geschrieben von Martin Grollmuß
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