Das Torwartkarussell beim BVB: Laux springt (vielleicht) ab, Weidenfeller auf!
Die einzige Konstante auf der Torhüter-Position beim BVB bleibt Jens Lehmann. Der Nationaltorhüter verlängerte im Frühjahr den nach dieser Spielzeit auslaufenden Vertrag um weitere zwei Jahre. Auf der Position des Ersatztorhüters vollzog der BVB dagegen einen vergleichsweise spektakulären Wechsel...
Jens Lehmann:
Selten richtete sich in der Geschichte der Fußball-Bundesliga der Zorn nahezu aller Beteiligten so sehr gegen eine Person, wie es nach dem Freiburg-Spiel BVB-Torhüter Jens Lehmann traf. Insbesondere die Medien fuhren alle vorhandenen Geschütze auf, um den ohnehin auf viel Missgunst stoßenden Keeper weiter zu diskreditieren. Selbst der Trainer eines direkten Tabellennachbarn ließ sich nicht entblöden und forderte nach Lehmanns Ausraster weitreichende Konsequenzen für den direkten Konkurrenten. Der DFB kam dem nach und sperrte Jens Lehmann für vier Spiele. Dass ihn diese Strafe völlig zu Recht ereilte, streitet zweifelsohne auch der Dortmunder Fan nicht ab. Sofern der Schlussmann des BVB aus dieser wiederholten Dummheit endgültig die richtigen Lehren zieht, wird ihm dieser Vorfall jedoch verziehen werden.
Neben dem gewaltigen Medien-Tohuwabohu und einer besonneneren Verhaltensweise Lehmanns provozierte der Ausraster von Freiburg allerdings noch weiterreichendere Konsequenzen: Dass der BVB erst wochenlang keine Einigung über eine Vertragsverlängerung mit dem 32-jährigen Keeper erzielen konnte, dann aber bereits vier Tage nach dem Freiburg-Spiel sein Arbeitspapier verlängerte; all dies deutete darauf hin, dass man ein Zeichen für die Öffentlichkeit setzen wollte. Der BVB zeigte, dass er weiterhin zu seinem hitzköpfigen Torhüter steht und schlug darüber hinaus zwei Fliegen mit einer Klappe: Zuvor schien Jens Lehmann in den wochenlangen Vertragsverhandlungen am längeren Hebel zu sitzen. Er forderte nicht nur verbesserte Bezüge, sondern gleichzeitig auch eine Vertragsverlängerung um vier Jahre, was bei einem 32-jährigen Profi gewisse Aspekte eines Rentenvertrags beinhaltete. Vermutlich hätte Jens Lehmann seine Vorstellungen durchsetzen können, hätte es eben diesen aufsehenerregenden Tritt nie gegeben.
So aber stand das BVB-Präsidium als eine Art „Gewinner“ dar. Denn einerseits konnte man die Vertragslaufzeit nach eigenem Ermessen diktieren und hatte dadurch andererseits eine verbesserte Ausgangsposition um den Wunschkandidaten Roman Weidenfeller nach Dortmund zu locken. Dass aber Jens Lehmann bis zum Vertragsende das Tor des BVB hüten wird, steht dennoch außer Frage. Zwar wurde mit Roman Weidenfeller der Druck auf ihn weiter vergrößert, aber höchstens eine (undenkbare) Seuchensaison, wie im Fast-Abstiegsjahr 2000, würde Sammer zum Nachdenken bewegen...
Philipp Laux:
Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt...
Als Philipp vor zwei Jahren einen Vertrag beim BVB unterschrieb, war er der festen Überzeugung, Jens Lehmann nach spätestens einem Jahr beerben zu können, weil dieser den Verein vorzeitig verlassen würde. Nach einem absoluten Krisenjahr während der Saison 1999/2000 fand Jens Lehmann aber wieder zur gewohnten Form zurück und Philipp Laux musste wider Erwarten auch im zweiten Jahr beim BVB ein Reservistendasein fristen. Daher legte er sich frühzeitig auf einen Vereinswechsel fest, würde Jens Lehmann den Vertrag beim BVB verlängern.
Die Aussicht einen neuen Arbeitgeber finden zu können, war schließlich überaus positiv. Einerseits hatte er in Ulm eindrucksvoll seine Erstligatauglichkeit unter Beweis gestellt und zum anderen macht sich ein Engagement beim BVB in den Bewerbungsunterlagen nie sonderlich schlecht. Als dann im Frühjahr Jens Lehmann tatsächlich ein neues Arbeitspapier unterzeichnete und darüber hinaus noch Roman Weidenfeller als dessen Kronprinz verpflichtet wurde, schien Laux’ Abschied beschlossene Sache. Mit ambitionierten Vereinen wie Bremen oder Hannover schienen auch attraktive Interessenten vorhanden zu sein. Wie so viele Profis erlebte aber auch Phillip Laux eine böse Überraschung: Die Kirch-Krise zwang viele Vereine zum Umdenken und gerade ein ablösepflichtiger Torhüter besaß auf dem Markt keinerlei Zugkraft mehr.
Die Aussichten für die kommende Saison sind für den sympathischen Torhüter somit denkbar schlecht. Dass kurz vor dem Saisonstart noch ein Interessent für ihn auf der Matte stehen wird, ist mehr als unwahrscheinlich, und somit wird er sich durch ein weiteres Jahr ohne Spielpraxis quälen müssen. Schlimmer noch: Nach der Verpflichtung Roman Weidenfellers wird er, die vorher unumstrittene Nummer 2, nun ein Mann für die Tribüne...
Roman Weidenfeller:
Roman Weidenfeller hatte es satt in Kaiserslautern nur die Nummer 2 hinter Georg Koch zu sein. Eine Luftveränderung sollte her, weil er die Chance auf einen fairen Zweikampf nicht mehr gegeben sah. Kaum hatten sich seine Wechselgedanken in der Branche rumgesprochen, flatterten auch schon die ersten Angebote ins Haus. In Bremen hätte er beispielsweise in die großen Fußstapfen eines Frank Rost treten können. Als Nummer 1, wie ihm die Bremer Macher versicherten, die beim Werben um Roman Weidenfeller ohnehin einen großen Aufwand betrieben.
Eher im Stillen fädelten Matthias Sammer und der BVB den Deal ein, dessen Verkündung im Frühjahr nicht wenige überraschte. Hatte er Kaiserslautern nicht verlassen wollen, um endlich spielen zu können? Beim BVB jedenfalls verlängerte Nationaltorhüter Jens Lehmann seinen Vertrag um weitere zwei Jahre, und für genau diese Zeit schien Roman Weidenfeller wieder den Stammplatz auf der Bank gebucht zu haben. Sicherlich wird er mit einem ordentlichen Gehaltssprung durch diese Zeit hinweggetröstet. Aber auch mit einer klaren Perspektive: Während der BVB Roman Weidenfeller bis 2006 band, erhielt Jens Lehmann lediglich den angesprochenen Zweijahresvertrag. Bis dahin will der ehemalige Kaiserslauterer so weit sein, dass er nahtlos das Erbe von Jens Lehmann antreten kann.
Großes Potential wird ihm jedenfalls allerorten bescheinigt und Kostproben konnte er bereits auf nationaler wie auch auf internationaler Bühne (Kicker-Note „1“ gegen den PSV Eindhoven) abliefern. Dabei bewies er vor allem große Nervenstärke und mit Hilfe dieser sollte er auch die beim BVB nicht ganz einfache Situation, nur Ersatzmann von Jens Lehmann zu sein, meistern. Matthias Sammer, so hört man, versprach ihm bereits das ein oder andere Zuckerbrot und so könnte Roman Weidenfeller beispielsweise im DFB-Pokal das Tor des BVB hüten. Sollte er dabei, was in Dortmund ja nicht ganz unwahrscheinlich ist, lediglich ein Pflichtspiel absolvieren dürfen, kann er sich dennoch trösten: Die Zukunft gehört, ganz ohne Frage, ihm...