Spielbericht Profis

Ein Remis, das glücklich macht

22.02.2002, 00:00 Uhr von:  Jan
Ein Remis, das glücklich macht
Ein Remis, das glücklich macht

Ja, es war ein Lächeln, das nach dem Abpfiff über Matthias Sammers Gesicht huschte. Ein schelmisches Lächeln. So wie ein kleiner Junge lächelt, der gerade einem Mädchen den Zopfgummi gestohlen hat. Es kommt aber auch vor, das jemand so eine altbekannte Phrase mimisch ausdrückt. „Mit ´nem blauen Auge davon gekommen“ nennt man so was. Kling – Fünf Mark ins Phrasenschwein.

Doch schon bevor die Probleme auf dem Platz ihren Lauf nahmen, wartete die ARD mit einem Schocker auf. Olympia gibt mehr Quoten, wieso dann also Fußball zeigen, dachten sich die Verantwortlichen um Pleitgen und Co. Kurzerhand wurde die erste Halbzeit aus dem Programm gestrichen und durch Langlaufen der Damen ersetzt. Sofort brach Panik im Schwatzgelb.de Forum aus. TV5 hieß die Lösung, die sich, jedenfalls bei mir, als wenig zuverlässig offenbarte. Unverständlich bleibt weiterhin das Verhalten des Ersten, das sich, hingegen der Ski-Damen, als Letzter präsentierte. Die Zeiten der „Ersten Reihe“ gehören wohl nun auch der Vergangenheit an, denn nicht mal die letzte Reihe war für die „Daheimgebliebenen“ drin – nein, vielmehr wurde man auch noch ausgesperrt...

Das allerdings war alles klein und unbedeutend zu den Verhältnissen, mit denen sich die etwa 1000 Borussen-Fans vor Ort herumplagen mussten. Anscheinend hatten die örtlichen Polizisten und Ordner noch gut die WM 98 im eigenen Land in Erinnerung, dennoch war das Verhalten vollkommen überzogen. Unfreundlich und aggressiv und vor allem in einem riesigen Aufgebot zeigten sie Präsenz. Zu dieser Thematik wird auf schwatzgelb.de noch ein eigenständiger Artikel erscheinen!

Vor Beginn der Partie begrüßten die französischen Fans ihr Team mit viel Pyro und Rauch, worauf die angereisten Borussen allerdings verzichteten und lieber eine große Blockfahne präsentierten.

Borussia startet gut in die Partie

Die Masse blieb meistens ruhig, aber der harte Kern der OSC Fans in der Mitte machte fast 90 Minuten durchgehend Stimmung
Die Masse blieb meistens ruhig, aber der harte Kern der OSC Fans in der Mitte machte fast 90 Minuten durchgehend Stimmung

Doch wichtig ist ja bekanntlich „Auf’m Platz“ und dort legte Borussia so los, wie es sich Matthias Sammer gewünscht hatte. Engagiert in den Zweikämpfen und mit einem leichten Übergewicht im Mittelfeld erstickten die Schwarzgelben die Angriffe des Vorjahres Dritten der französischen Liga schon im Ansatz. Nur der starke Marokkaner Bassir war ein andauernder Unruheherd, der über die gesamte Spieldauer nie erstickt werden konnte. Nach einer Viertelstunde dann der erste, ernstzunehmende Angriff des BVB. Rosicky schickt Evanilson steil in Richtung französisches Tor, doch dieser trifft den Ball nicht voll und so konnte sich Wimbee zum ersten Mal auszeichnen.

War es nicht schon schlimm genug, dass Kehl im Mittelfeld eine große Lücke hinterließ, so war es geradezu fatal, das sein Ersatz Jörg Heinrich nach 22 Minuten auch noch ausschied. Zwar war es für ihn mit einem Muskelfaserriss wesentlich schmerzvoller als für den Jungnationalspieler, der ja nur Aufgrund seiner fehlenden internationalen Spielberechtigung erst gar nicht die Schuhe schnürte, doch schon nach dem Spiel konnte er wieder über die dummen Reporterfragen lachen.

Dieser Ausfall war Borussia aus der Bahn. Oliseh war nun im Spiel und mit ihm kamen die Fehler. Die Franzosen waren nun, vor allem wegen dem starken Flügelflitzer Brunel, den Evanilson immer sträflich alleine ließ, deutlich überlegen. Der BVB beschränkte sich auf Mauern, doch diese Taktik schein mit andauernder Spieldauer in die Hose zu gehen. Zuerst war es Bakari, der mit einem Fernschuss für erste Gefahr sorgte und dann kam Bassir zu seiner ersten, großen Gelegenheit. Nach feinem Doppelpass mit Bakari, bei dem die umstehenden Schwatzgelben nur bedächtig zuschauten, tauchte er alleine vor Lehmann auf, doch dieser stürzte beherzt aus dem Tor und schnappte dem Marokkaner das Leder von den Füßen.

Nun gibt sich auch die auch die ARD die Ehre

DAs ARD-Logo
DAs ARD-Logo
© Quelle: ARD

Kurz darauf schickte Schiedsrichter Ibanez die beiden Mannschaften in die Kabinen. Passend zum Ende schaltete sich nun auch die ARD in dieses muntere Match ein und so präsentierte der anscheinend im Solarium lebende Jürgen Emig nach kurzem Vorgeplänkel, kompakt die vorangegangenen 45 Minuten in einer etwa 10 minütigen Zusammenfassung. Michael „Susi“ Zorc bilanzierte, unter den nervösen Blicken von Solarium-Jürgen auf die wieder auf den Platz kommenden Mannschaften, dass durch die eigene nach 20 Minuten eingesetzte Pomadigkeit der Gegner unnötig stark gemacht wurde. Treffend erläutert. Ob sich Susi dieses Satzgefüge wohl von Skibbes Auftreten in den berühmten Halbzeit Interviews der Nationalkicker abgeschaut hat...?!

Zur Freude aller, ob im Stadion oder vor den Fernsehgeräten, betrat nun ein fast vergessener den Platz. Otto Addo kehrte nach 7 Monatiger Verletzungspause in die Mannschaft zurück. Doch Lille machte da weiter, wo sie vor der Halbzeit aufgehört hatten. Zielstrebig wurde der Ball nach vorne gespielt und so ergaben sich zwangsläufig Chancen. Allein zwischen der 45. und 61. Minute hatten die Franzosen 3 riesen Chancen um in Führung zu gehen.

Nun erreichte auch die durchweg gute Stimmung im Borussen-Block ihren Höhepunkt. Fast 10 Minuten lang schallte „Ole, hier kommt der BVB“ durch das ausverkaufte Stadion. Die Mannschaft jedoch ließ sich durch diese Unterstützung nicht beflügeln. Das Gegenteil war der Fall. N’Diaye setzte sich am Strafraum durch und feuerte einen scharfen Schuss ab, der aber glücklicherweise gegen den Pfosten knallte. Doch die Situation war noch nicht vorüber. Brunel sprang der Abpraller vor Füße, halb hohe Flanke nach innen die Bakari verpasste, jedoch Bassir nicht. Dieser stocherte den Ball Richtung Tor und Wörns musste in höchster Not den Ball von der Linie kratzen. Allgemeines Durchschnaufen im Schwatzgelben Lager.

Auf einmal führt die schlechtere Mannschaft

17 Busse fanden den Weg nach Lille - ca. 4 davon wurden von Fanclubs organisiert...von wegen Kartenmangel...Artikel folgt!
17 Busse fanden den Weg nach Lille - ca. 4 davon wurden von Fanclubs organisiert...von wegen Kartenmangel...Artikel folgt!

Die Führung für den OSC lag in der Luft, doch nicht die Franzosen, sondern der BVB machte das Tor. Nach klasse Pass vom sonst blassen Amoroso war Evanilson rechts durch und konnte den Ball präzise auf den vorm Tor lauernden Addo passen. Dieser schoss allerdings Wimbee an, doch von der Brust des Keepers sprang der Ball Ewerthon vor die Füße und er musste nur noch das Leder in der Kiste unterbringen (67.). Ein Tor aus dem Nichts, das wohl für alle Beteiligten unerwartet kam.

Nun war Borussia auf der Siegerstraße und so meinten wohl einige Spieler nicht mehr mit 100% Einsatz spielen zu müssen. Dede vertändelte dumm den Ball auf der linken Seite gegen N’Diaye, der flankt in die Mitte und der beste Mann auf dem Platz vollendet – aber WIE! Mit einem Weltklasse Seitfallzieher lässt Bassir Lehmann keine Chance und rückt die Machtverhältnisse eindrucksvoll wieder zurecht.

Fortan plätscherte das Spiel vor sich hin. Lille konnte nach der Auswechslung von Bassir nicht mehr und Dortmund wollte nicht mehr. Allein Amoroso sorgte ebenfalls mit einem Seitfallzieher noch mal für Gefahr vor dem Gehäuse des OSC.

Nach Spielschluss wurde Matthias Sammer noch mit den Aussagen von Leverkusens Trainer Toppmöller konfrontiert. Was sich denn Toppmöller um den BVB kümmere, fragte er den total überforderten Jürgen Emig zurück, mit dem man jetzt fast Mitleid haben konnte. „Mit solchen Sachen ist er schon mal auf die Nase gefallen“, kommentierte Sammer die Leverkusener Attacke und grinste dabei schelmisch Emig an. Womit wir wieder bei dem kleinen Jungen wären...

Wer nun als mitgereister BVB-Fan dachte schnurstracks in den Bus zu pilgern, hatte falsch gedacht. Die französische Polizei hielt es wohl für sicherer uns gemeingefährliche BVB Fans erst noch 45 Minuten im Gästeblock einzusperren. Wir müssen in Europa ja einen berüchtigten Ruf haben....
Als Dortmunder Frohnatur macht man natürlich das beste aus dieser Situation und feierte ununterbrochen sich und unsere Spieler beim Auslaufen, die dies wohl auch sichtlich amüsierte. Selbst der einst so zurückhaltende Jens Lehmann forderte uns nach jeder seiner Runden zu einer "La Ola" auf - und wir antworteten mit "Wer nicht hüpft, der ist ein Sch*lker" ...und Jens verschwand mit einem Hüpfer in die Katakomben..

Hier nun endlich die Fotos aus Lille

Statistik

Lille: Wimbee - Delpierre, Fahmi, Cygan, Ecker - Michalovski, N'Diaye - Sterjovski, Brunel - Bassir, Bakari

BVB (mit Noten): Lehmann 2,5 - Evanilson 3, Wörns 2,5, Metzelder 2, Dede 4 - Reuter 4 , Rosicky 4,5, Heinrich (-) - Ewerthon 2,5, Amoroso 3,5, Ricken 4

Schiedsrichter: Ibanez 2 - Leitete die Partie umsichtig, hatte aber auch wenig zu tun.

Gelbe Karten: Cygan, Brunel, Fahmi - Evanilson

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