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Tatort Bundesliga - der 29. Spieltag: War das die Vorentscheidung?

03.04.2002, 00:00 Uhr von:  Guido
Tatort Bundesliga - der 29. Spieltag: War das die Vorentscheidung?
Tatort Bundesliga

Es sind zwar noch fünf Spieltage zu spielen, aber sowohl im Ringen um die Meisterschaft, als auch im Abstiegskampf ist am Samstag eine erste Vorentscheidung gefallen. Bayer Leverkusen hat die große Chance, zum ersten Mal in seiner Vereinsgeschichte die Meisterschale an den Rhein zu holen. Mit dem zweitschnellsten Tor der 39-jährigen Bundesliga-Geschichte brachte Ulf Kirsten die Werkself auf dem Betzenberg auf die Siegerstraße, während die Verfolger aus Dortmund, München und Gelsenkirchen allesamt patzten.

Es waren grade 12,3 Sekunden vergangen, als der Tabellenführer in Kaiserslautern in Führung ging. Vor gut vier Jahren, so hat es das Aktuelle Sportstudio nachgestoppt, war Giovane Elber noch um satte neun Zehntel schneller als Kirsten. Das wird Ulf Kirsten sicherlich nicht ärgern, denn die Art und Weise, mit der die Bayer-Elf entschlossen den Sieg vom Anstoß an suchte, war nicht nur beeindruckend, sondern viel mehr meisterschaftsreif. „Das war's dann wohl. Leverkusen hat den konstant besten Fußball in diesem Jahr gespielt“, legte sich Kaiserslauterns Mittelfeldspieler Mario Basler nach dem Spiel bereits fest, während Bayer-Trainer Toppmöller ungewohnt zurückhaltend abwiegelte „Dass wir Meister werden wollen, ist klar. Dass wir es aber auch wirklich werden, kann uns keiner versprechen.“

Nach dem Treffer von Ulf Kirsten, gingen die Rheinländer durch Oliver Neuville mit 2:0 in Führung, und selbst der zwischenzeitliche Ausgleich durch Hany Ramzy und Vratislav Lokvenc brachte die Werkskicker an diesem Samstagnachmittag nicht aus dem Konzept. FCK-Coach Andreas Brehme fand lobende Worte für den siegreichen Gast: „Wie Leverkusen in den ersten 30 Minuten aufgetreten ist, das war schon Weltklasse.“ Ein sicher verwandelter Elfmeter durch Michael Ballack, der bereits mit dem FCK einmal Deutscher Meister werden durfte, brachte die Leverkusener wieder zurück auf die Siegerstraße. Dimitar Berbatov durfte am Ende noch auf 4:2 erhöhen. „Wir bleiben auf dem Boden und wollen unsere Riesen-Saison nicht durch Leichtsinn versauen“, meinte nach dem Spiel Michael Ballack, der mit Marcio Amoroso in der Torschützenliste gleichziehen konnte und damit eine für einen Mittelfeldspieler überragende Quote aufweist.

Dortmund patzt in Stuttgart

Die Klasse der Leverkusener ließ Verfolger Borussia Dortmund bei der 2:3-Niederlage in Stuttgart vermissen. Dort, wo bereits vor einem Jahr Nachbar Schalke die Meisterschaft verspielte, konnte auch der BVB nicht überzeugen. „Die Mannschaft ist anscheinend nicht bereit, alles zu investieren, um das Unmögliche noch zu schaffen“, konstatierte BVB-Trainer Matthias Sammer nach dem Abpfiff, und Sportmanager Michael Zorc meinte dazu: „Für mich ist enttäuschend, dass man nicht in jeder Phase gespürt hat, dass wir das Spiel mit allen Mitteln gewinnen wollten“. In den letzten 18 Spielen hatten die Westfalen vor dieser Partie nur gegen Leverkusen verloren, und so war es umso erstaunlicher, dass die Schwaben im heimischen Gottlieb-Daimler-Stadion durch Sean Dundee (33.) und Silvio Meißner (37.) schnell in Führung gingen.

Bei beiden Toren machte Ersatztorhüter Phillip Laux eine schlechte Figur, und so könnte sich die böse Vermutung, Jens Lehmann habe mit seinem Ausraster in Freiburg die Meisterschaft für den BVB verspielt, durchaus als richtig erweisen. Ob Lehmann die beiden Bälle gehabt hätte, kann jedoch nur vermutet werden. Den zwischenzeitlichen Anschlusstreffer für die Borussia erzielte dann der seit Wochen beste Mann beim BVB: Christian Wörns. Doch nur kurz darauf konnte Viorel Ganea wieder auf 3:1 erhöhen. BVB-Coach Matthias Sammer musste eingestehen: „Es war eine verdiente Niederlage. Um ganz oben mitzuspielen, muss man solche Partien gewinnen.“ Nicht ganz unschuldig an dieser Niederlage waren beim BVB die Brasilien-Connection sowie die alten Sammer-Spezies Reuter und Heinrich. Zumindest für einen heißt es am Sonntag gegen 1860 zuschauen: Marcio Amoroso sah nach einer Schwalbenaktion seine fünfte gelbe Karte und muss pausieren.

Die Zwangspause sollte er dann vielleicht nutzen, um einmal über seine Rolle beim BVB nachzudenken. Die derzeitigen Schwankungen zwischen Himmel und Hölle zerren mehr und mehr an den Nerven der BVB-Fans. „Solche Spieler wie Oliver Kahn oder wie einst Felix Magath oder ich werden zwar immer wieder belächelt, aber der extreme Siegeswille ist wichtig, um am Ende ganz oben zu stehen.“, so noch einmal Mattias Sammer nach dem Spiel. Dass mit Sebastian Kehl, der nach dem Spiel sauer in die Mikros schnauzte, so einer heranwächst, damit mal wieder ein Titel ins Ruhrgebiet kommt, da sind sich die BVB-Fans sicher, und so hat Matthias Sammer dann doch noch eine aufmunternde Botschaft für die BVB-Anhänger. „Wir kommen zurück. Wenn man zurückschlägt, dann beweist man wahre Stärke.“

Aus der Traum von der 4. Meisterschaft in Folge

Eins ist im Titelrennen auch so gut wie gewiss: Dieses Jahr werden`s die Bayern nicht packen – das steht seit Samstag so gut wie fest. Die Ankündigung der Hamburger Stadionzeitschrift „HSV live“, der Klassiker sei der „Der einzig wahre Hit der Liga“, stellte sich am Ende als ebenso großpurig wie weltfremd heraus, endete das Spiel doch mit einem lahmen 0:0. Der Rückstand der Bajuwaren auf die Spitze hat sich somit prompt auf 7 Punkte erhöht. Und einen solchen Vorsprung sollten noch nicht einmal mehr die Leverkusener fünf Spieltage vor Schluss versieben. Eigentlich standen beim FCB alle Zeichen auf Sieg. Dort, wo man im letzten Jahr den Titel in der Nachspielzeit gewinnen konnte, sollte auch dieses Jahr kein Stolperstein auf dem Weg zur Titelverteidigung liegen. „Ein Jahr ohne Titel wäre auch akzeptabel“, meinte Oliver Kahn nach dem Spiel, aber so recht mag ihm das keiner abnehmen. Was derweil noch lustig werden kann: Die Schalker bleiben punktgleich und kämpfen mit den Bayern um den letzten Champions League-Platz. Nicht auszudenken, wenn der Rekordmeister in der kommenden Saison nur im „Cup der Verlierer“ (Beckenbauer) antreten dürfte. Ein gewisses Maß an Schadenfreude wird wohl kaum ein Fußballfan in Deutschland verbergen können.

Wie angesäuert man an der Säbener Straße angesichts der „Wachablösung“ in dieser Saison ist, zeigt sich auch im Interesse der Münchner am Leverkusener Flügelflitzer Ze Roberto. Ob es den Bayern nur darum ging, im Endspurt etwas Unruhe in die Leverkusener Chefetage zu bringen, oder ob man wirkliches und nachhaltiges Interesse am Brasilianer hat, ist nicht bekannt. Klar ist nur, dass auch die Herren Lizarazu und Tarnat auf der linken Seite nicht jünger werden. Und so erstaunt uns auch nicht, dass Leverkusen mit Daniel Bierofka von den Münchner Löwen bereits einen potenziellen Nachfolger gefunden hat.

Köln und Pauli wohl weg vom Fenster

Am Ostersonntag verspielten die Schalker bei ihrem 1:1-Unentschieden in Köln wohl ihre letzten Titelchancen. Der FC war über weite Strecken die bessere Mannschaft und versäumte mit einem „Dreier“ am Vorletzten St. Pauli, die jämmerlich gegen zehn Münchner Löwen verloren, vorbeizuziehen. So können die Schalker wieder einmal ihren Traum von der Meisterschaft vergessen – es bleibt ihnen immerhin das Pokalendspiel am 11.Mai in Berlin. Die Kölner wiederum dürften nach diesem Spieltag für die zweite Liga planen, in der sie mit aller Voraussicht auch auf den FC St. Pauli treffen werden. Trotz gelb-roter Karte für den Österreicher Markus Weissenberger und zweimaliger Führung, konnten die Hamburger gegen den „FC Bayern II“ ihre Chance nicht nutzen. Zu stark war vor allem ein Mann: der eingewechselte Martin Max, der sich dank seines Hattricks im Kampf um die Torjägerkanone noch auf den letzten Drücker anmeldet. Dass dieser Mann in den letzten Jahren immer wieder aus dem Nichts nach ganz vorne prescht, ist allerdings eine Story für sich. St. Paulis Trainer Dietmar Demuth war nach den 90 Minuten im Olympiastadion am Boden zerstört: „Die Enttäuschung ist riesengroß. Wer so eine Chance wie heute nicht nutzt, hat in der ersten Liga nichts zu suchen. Jetzt sind es sieben Punkte auf den 15. Rang. Ich bin kein Phantast. Es wird verdammt schwer, die Liga zu halten.“

Ist Freiburg noch zu retten?

Immer prekärer wird die Situation im Abstiegskampf für die „Breisgau-Brasilianer“ vom SC Freiburg nach der 0:2-Niederlage im Kellerduell beim FC Energie Cottbus. Während die Brandenburger durch Tore von Vasile Miriuta und Sebastian Helbig ihre Heimstärke mit dem sechsten Sieg in Folge unterstrichen, wartet der Tabellen-Sechzehnte weiter auf seinen zweiten Erfolg im Jahr 2002 und liegt nun schon vier Punkte hinter einem Nichtabstiegsplatz zurück. „Es ist schade, dass die Tabelle jetzt sehr schlecht für uns aussieht. Aber mein Wunsch, der Mannschaft den Kopf abzureißen, hält sich in Grenzen“, so Freiburgs Coach Volker Finke, der auch im Falle eines Abstiegs seinen Vertrag erfüllen will und wohl auch wird. Zur ohnehin sieben Profis umfassenden Ausfall-Liste kamen in Cottbus Iaschwili (Syndesmoseband-Riss) und Sellimi (Knieprobleme) dazu – ohne Aussicht auf baldige Rückkehr. „Es läuft beschissen“, so Tobias Willi treffend.

Ob der SC bei einem Abstieg die Spieler halten kann, steht noch nicht fest. Eine weibliche Anhängerin im Internet-Gästebuch meint jedenfalls „Beim SC sind die meisten Spieler geil !!!! Außer Zeyer“. Der FCK soll bereits Interesse am Rest bekundet haben.

Nürnberg kämpft sich nach oben

Nach zuletzt vier Niederlagen in Folge kam der 1.FC Nürnberg mit dem 3:0 gegen den VfL Wolfsburg wieder zu einem Sieg. Paulo Rink traf in der 14. Minute gegen die Niedersachsen, nachdem der Ersatztorhüter der Wölfe Sead Ramovic zuvor einen Foulelfmeter des Ex-Leverkuseners pariert hatte. Besser machte es Jacek Krzynowek (74.), der für die Entscheidung sorgte, bevor Louis Gomis (86.) den Schlusspunkt setzen durfte. „Ich bin zuversichtlich, dass wir die Klasse halten“, so „Club“-Trainer Klaus Augenthaler nach dem Spiel.

Rost sorgt für die Sensation

Das wohl kurioseste Spiel an diesem Wochenende, war das 4:3 der Bremer gegen Hansa Rostock, dass sich mit einem einfachen Zitat des Rostockers Ronald Maul nicht trefflicher umschreiben lässt: „Wir standen schon vor der Toilette und haben uns doch noch in die Hose gemacht.“ Bis zur 89. Minute führten die Ostseestädter noch mit 3:2, ehe Torhüter Frank Rost es Jens Lehmann gleich tat und aus dem Feld ein Tor erzielte. Den Schlusspunkt setze Ailton, der einen Foulelfmeter (am überragenden Frings) mit dem Abpfiff verwandelte.

Deisler stoppt Götz` Erfolgsserie

Der Höhenflug von Hertha BSC Berlin unter Interimscoach Falko Götz ist aufs erste beendet. Die Hertha bot auf dem Bökelberg eine grausame Leistung, wie man sie nur unter Röber kannte... oder mit Sebastian Deisler. Verwunderliche Tatsache am Rande: Am Niederrhein spielte zum ersten Mal Sebastian Deisler wieder von Anfang an. Über ein halbes Jahr fehlte der Jungstar. Zuvor spielten die Berliner unansehnlichen Fußball ohne Konzept im Mittelfeld. Ohne Deisler hingegen, aber vor allem unter Falko Götz, blühte dann der neue Spielmacher Marcelinho geradezu auf. In seiner alten Heimat Gladbach spielte Sebastian nun zum ersten Mal wieder durch – und die Hertha verlor. Eine Statistik, die Wasser auf die Mühlen der Berliner Fans lenkt, die ohnehin nicht gut zu sprechen sind auf den Youngster. So sorgten erneut Pfiffe gegen den Bald-Bayer für Unmut. „Das muss wohl so sein, aber das macht mich nur stärker“, behauptete Deisler. Matchwinner für den VfL war der zweifache Torschütze und Publikumsliebling Lawrence Aidoo.

Hannover 96 kehrt nach 13 Jahren in die Bundesliga zurück

Dank eines 6:0-Kantersieges der Niedersachsen über den FC Schweinfurt 05 vor 41 519 Zuschauern steht der HSV bereits vorzeitig als Aufsteiger fest. 96-Coach Ralf Rangnick: „Was wir gespielt haben, ist ein Traum.

Ich bin stolz auf meine Spieler, die bisher nur eine Niederlage kassiert haben“. Die Treffer erzielten Dariusz Zuraw (8.), Babacar N'Diaye (21.), der ehemalige Dortmunder Amateur-Goalgetter Conor Casey (34.), Danijel Stefulj (39.), Nebojsa Krupnikovic (49.) und Jiri Kaufman (68.).

Der vorgezogenen Aufstiegsfeier blieb nur einer fern: Jan Simak. Der Tschechen, der Hannover 96 trotz eines Vertrages bis 2005 in Richtung Kaiserslautern verlassen möchte, hetzte nach dem Anpfiff nach Hause. Ob Hannover das „Enfant Terrible“ an der Leine halten kann, bleibt fraglich.

Herzlichen Glückwunsch, Ferenc Puskas

Ungarns Fußball-Idol Ferenc Puskas feiert am heutigen Dienstag seinen 75. Geburtstag. Der Oberst der ungarischen Armee und Kapitän der ungarischen Nationalmannschaft, die am 4. Juli 1954 im Berner Wankdorf-Stadion das WM-Finale gegen Deutschland 2:3 verlor, erzielte in 84 Länderspielen 83 Treffer und ist damit der erfolgreichste Torjäger. Bei Real Madrid bildete er mit „Don“" Alfredo di Stefano ein legendäres „Wunderduo“.

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