Im Gespräch mit...

...Björn Mehnert: Der Käpt´n will nach oben!

16.04.2002, 11:15 Uhr von:  Tommes

Er ist erst 25 Jahre, also im besten Fußballalter, und trotzdem ist er so etwas wie die graue Eminenz der Amateure: Björn Mehnert, der Mannschaftskapitän der Oberligamannschaft des BVB, die in diesem Jahr fest den Aufstieg in die Regionalliga ins Auge gefasst hat, stellt sich zum Interview.

schwatzgelb.de: Björn, wie bist Du damals zum BVB gekommen?

In der C-Jugend habe ich bei DJK Nette gespielt, dort wurde ich von mehreren Vereinen beobachtet. Mir bot sich dann die Möglichkeit, zum BVB, zu Schalke oder Wattenscheid zu gehen, und da ich aus Dortmund komme, war es auch von der Nähe her das Günstigste für mich. Seitdem bin ich jetzt bei Borussia, mit einer kurzen Unterbrechung in Ahlen. Damals lief mein Vertrag hier aus, und Ahlen hatte sportliche Ziele, die sich dann für mich nicht so erfüllt haben. Ich konnte mich dort aber nicht weiterentwickeln. Ich wollte weiter Fußball spielen und bin dann zurückgekommen.

Wie sieht Dein bisheriger, beruflicher Weg, neben dem Fußball aus?

Ich studiere in Dortmund Wirtschafts- und Sozialwissenschaft. Nach der Schule bin ich bei der Bundeswehr gewesen, habe dort in Unna meinen Grundwehrdienst geleistet und habe danach das Studium aufgenommen.

Du bist der Dirigent in der Abwehr, war das schon immer so?

Als ich angefangen habe war ich offensiver Mittelfeldspieler. Hinter den Spitzen oder auch ganz früher auf der rechten Mittelfeldseite. Dann bin ich ins zentrale Mittelfeld und in Dortmund nach hinten auf den Liberoposten gerückt.

Was wäre für Dich eine Alternative anstelle des Fußballs?

Fußball ist ein sehr schöner Job bzw. ein Hobby mit dem man Geld verdienen kann. Im Grunde möchte ich mir gar keine anderen Vorstellungen machen.

Du warst früher einmal bei den Profis dabei. Was hast Du noch für Erinnerungen daran?

Das war eine sehr schöne Zeit, als es damals hieß "Du sollst bei den Profis mittrainieren". Das ging ja über ein ganzes Jahr und dann mal hin und wieder. Das war toll, mit Spielern wie Julio Cesar, Paulo Sousa oder Andy Möller hier trainieren zu dürfen und sich von denen natürlich etwas abgucken zu können. Das hat viel Spaß gemacht, auch wenn man am Anfang schon aufgeregt war. Wie wird man aufgenommen, wie wird man behandelt? Aber das war dann alles ganz normal, man hat sich dort nicht als Fremdkörper gefühlt. Es war toll, sich an ihnen weiterentwickeln zu können.

Wie war das beim ersten Mal für dich, als Du bei den Profis trainiert hast? Welche Gedanken hattest Du da?

Das erste Mal war relativ kurzfristig. Ich wurde angerufen und da hieß es nur, "Du musst bei den Profis mittrainieren, da ist ein Spieler ausgefallen." Im ersten Moment denkt man da "Oh!", aber man darf da auch nicht zuviel Respekt zeigen. Schon so, dass man ihnen respektvoll gegenübertritt, aber man darf keine Angst zeigen.

Wie waren denn Deine weiteren Träume?

Als kleines Kind träumt man davon, in ein großes Stadion einzulaufen, gerade in so einer Stadt wie Dortmund. Damals habe ich keine Erwartungen hineingesteckt. Man erhofft sich, dabei zu dürfen und das hat sich dann erfüllt. Schade ist, dass es dann nicht ganz zum Durchbruch gereicht hat. Ich habe die hoffnung ganz nach oben zu kommen nicht begraben, aber man muss realitisch sein. Je älter man wird, umso geringer werden die Chancen. Vom Potenzial her, habe ich das aber noch nicht abgehakt.

Welche Ziele hast Du persönlich jetzt noch?

Erstes Ziel mit der Mannschaft ist auf jeden Fall der Aufstieg. Ich persönlich will mich immer noch weiter entwickeln, da ich noch nicht am Ende meiner Entwicklung angelangt bin. Jeder kann sich verbessern, auch wenn es nur kleine Schritte sind. Da werde ich weiter versuchen, in den verschiedensten Bereichen an mir zu arbeiten.

Kannst Du Dir eine Luftveränderung vorstellen?

Mit Sicherheit. Ich bin erst 25 Jahre und kann sicherlich noch einige Jahre spielen. Dafür muss aber alles passen, und Perspektiven müssen vorhanden sein. Es gibt auch zwei, drei Anfragen, die sich nicht schlecht anhören. Das muss man sich aber alles durch den Kopf gehen lassen. Ich werde aber wohl auch in nächster Zeit mit dem BVB sprechen, da mein Vertrag zum Ende der Saison ausläuft. Das ist auch eine Frage des Respekts, da ich ja schon so lange hier spiele, dass ich auch hier noch mal Gespräche führe. Dann kann man entscheiden, wohin die Reise geht.

Was bedeutet Borussia Dortmund für Dich?

Ein Verein mit einer großen Tradition, der im Ruhrgebiet, aber besonders in der Stadt selbst, ein gutes Ansehen genießt. Man bekommt das schon mit, wenn man aufwächst. Ein Arbeiterverein, für den die Leute alles geben. Jeder will eine Dauerkarten haben, egal ob sie für den Einzelnen finanziell erschwinglich ist. Für mich hat der Verein von klein auf einen sehr hohen Stellenwert.

Gilt der Begriff des Arbeitervereins noch, auch mit den gestiegenen Erwartungen?

Die Erwartungshaltung der Leute ist natürlich gestiegen. Durch die Erfolge, die man in den 90-ern hatte, mit Meistertitel und Champions League-Titel. Das ist ganz klar. Aber auch der Verein stellt höhere Ansprüche. Man stellt den Anspruch, immer unter den ersten Fünf in Deutschland zu sein und auch in Europa vorne mitzumischen. Da ist es verständlich, dass der Verein versucht, mit die besten Spieler der Welt hier hinzuholen. Trotzdem sollte man das Dasein des Arbeitervereines von früher nicht ganz wegdrängen, sondern man muss immer bei seinen Wurzeln bleiben. In meinen Augen muss der Verein da den Spagat schaffen.

Siehst Du da irgendwo Gefahren in dieser Entwicklung?

Es gab sicherlich mal Gefahren, als man anfing mehr Masse als Klasse einzukaufen. Jetzt widmet man sich wieder dem ein oder anderen Talent, obwohl dies noch meiner Meinung nach viel intensiver sein könnte.

Hast Du zu Deinen Kollegen in der Mannschaft noch private Kontakte?

Aus dem Mannschaftskreis sind sicherlich einige Leute dabei, mit denen man sich regelmäßig trifft oder auch etwas unternimmt. Bastian Pinske, Michael Kügler, Deniz Sahin, Matthias Abel, Markus Wersching, da sind noch einige die ich jetzt aufzählen könnte. Man trifft sich in der Stadt, trinkt was zusammen oder geht auch mal ins Kino. Der Kontakt ist da, und es ist wichtig, dass man das nicht nur auf das Spielen beschränkt, sondern dass sich dort auch Freundschaften bilden.

Das sieht wohl bei den Profis etwas anders aus.

Ich denke, das wird alles anders, je höher man kommt. Wenn man jetzt noch weiter runtergehen würde, etwa unter der Oberliga, kommt es sicherlich noch häufiger vor, dass sich dort Freundschaften bilden. Für die Profis ist es ein Job, und dann kann ich auch verstehen wenn jemand sagt "Ich will jetzt mal nicht die 20 Gesichter hier sehen, sondern möchte mit meiner Familie oder anderen Freunden was machen".

Ist es für Dich auch nur ein Job mit dem man Geld verdient?

Ich habe ja gesagt, man verdient damit Geld. Ich finanziere mein Studium damit. Wenn man das aber mit anderen Arbeiten vergleicht, kann man das als Job schwer bezeichnen. Man investiert drei bis vier Stunden am Tag. Es kommt auch darauf an, wie man sich vor- oder nachbereitet, aber mit einem Beruf wie Krankenschwester oder so ist es nicht zu vergleichen. Auch wenn bei uns, auch im Profibereich dafür Opfer gebracht werden.

Wie siehst Du Deine Aufgabe als Mannschaftskapitän?

Ich bin in einem Alter, in dem ich gerade den jungen Spielern etwas vermitteln kann. Ihnen helfen und bei der ein oder anderen Sache mit Rat und Tat zur Seite stehen kann. Ich denke auch, dass ich die Aufgabe habe den Trainer auf dem Feld zu unterstützen und versuchen die Mannschaft mitzureißen.

Was sagen Bekannte, Familie oder Verwandte dazu "Björn Mehnert spielt beim BVB"?

Natürlich ist es schön in einer Stadt wie Dortmund. Freunde sagen zu einem "Du spielst bei Borussia", aber man muss auch dazu sagen, man spielt in der zweiten Mannschaft. Das ist schon ein Unterschied. Wenn ich bei einem anderen Verein spielen würde, wäre die Resonanz sicherlich nicht viel anders. Ich denke schon, dass ich einen gewissen Bekanntheitsgrad habe. Durch die vielen Jahre hier und auch durch Presseberichte, wo hier und da ja auch mal ein Foto dabei war. Da erkennt man mich schon mal, aber die Popularität ist nicht zu vergleichen mit einem Profi. Ich kann noch ganz ohne Probleme zum Italiener gehen.

Wie haben Dich Deine Eltern unterstützt?

Ich wurde von Klein auf unterstützt. Wenn mein Vater am Wochenende Zeit hatte, ist er dann auch mal mit mir Fußball spielen gegangen, ganz früher auch mein Großvater. Mein Vater ist fast zu jedem Spiel mitgekommen, auch heute ist er noch dabei und sieht sich die Spiele an. Schon früher, aber auch heute hole ich mir dann Rat bei ihm, wenn ich vielleicht noch etwas verbessern kann. Besonders früher war das wichtig, wenn man noch nicht so selbstkritisch war. Leider ist meine Mutter vor acht Jahren mit 44 verstorben.

Was würdest Du denn einem Jugendlichen sagen, wenn er sich entscheidet Fußballer werden zu wollen?

Es gehört ein Grundtalent dazu. Er muss lernwillig sein und muss bereit sein, sehr viel an sich zu arbeiten. In den frühen Jahren ist es ganz besonders wichtig, viel Zeit zu investieren und für den Fußball viel geben zu wollen.

Hat die Schule unter Deinem Fußballspiel gelitten?

Ich hätte sicherlich besser sein können in der Schule, aber ich musste keine Ehrenrunde drehen. Ich stand nie auf der Kippe, ob ich nun versetzt werde oder nicht, und bin eigentlich immer gut durchgekommen. Wie gesagt, es hätte besser sein können, aber ich bin auch so zufrieden.

Gab es für Dich mal einen Moment, an dem Du den Fußball hinwerfen wolltest?

Daran habe ich noch nie einen Gedanken verschwendet und werde es auch in den nächsten Jahren nicht tun. Natürlich gibt es Phasen dabei, wo man sich ärgert über Trainer oder Trainingsabläufe, aber es war noch nie soweit, dass ich die Brocken ganz hinwerfen wollte.

Stichwort Trainer: Wie siehst Du Horst Köppel?

Zu Horst Köppel muss man nicht so viel sagen. Ein erfahrener Trainer, hat in der Bundesliga trainiert, war in Japan, früher unter Franz Beckenbauer in der Nationalmannschaft, hat also eine riesige Erfahrung. Er kann noch sehr viel vermitteln. Ist für mich ein sehr guter Trainer, der auch viel mit dem Ball arbeitet. Es ist nicht so, wie man vielleicht denkt, dass ältere Trainer nach alten Methoden, wie viel Laufen ohne Ball trainieren lassen. Die Tonart, die er wählt ist auch sehr gut, und man kann zufrieden sein. Nach dem Wechsel zu Köppel gab es schon den Gedanken: "Endlich mal ein neues Gesicht." Man hatte früher mit Skibbe, Boekamp, Bongowitz eine Rotation drin, und da waren es irgendwann immer die gleichen.

Hattest Du bislang schwerere Verletzungen?

Bislang noch nicht. Toi toi toi. Ich hatte nur mal einen Meniskuseinriß, aber bereits zwei Wochen nach der Operation konnte ich wieder spielen und deshalb war es zum Glück keine größere Verletzung.

Wie sieht Dein Tagesablauf an einem Spieltag aus?

Man steht normal auf, nicht früher oder später als sonst. Man versucht seinen Rhythmus zu behalten, macht Besorgungen oder das, was man so tun muss. Einige legen sich vielleicht um die Mittagszeit noch eine Stunde hin, aber so was mache ich eigentlich nie. Dann fährt man los. Mannschaftsbesprechung, aufwärmen, und dann geht's auch schon los.

Wann gehen die ersten Gedanken zum Spiel?

Die ersten Gedanken Richtung Gegner gehen immer schon nach dem letzten Spiel los. Es ist für mich wirklich wie bei der alten Phrase "nach dem Spiel ist vor dem Spiel". So einen Tag vorher beginnt vielleicht ein leichtes Kribbeln, und am Spieltag ist auch eine gewisse Nervosität da, die muss aber auch da sein. Wenn man sich aufwärmt, dann löst sich das alles ein wenig. Man merkt, ob man heute ein gutes Gefühl hat oder nicht. Beim Aufwärmen verfliegt etwas das Nervöse, aber erst ganz, wenn man die ersten sicheren Bälle gespielt hat.

Hast Du irgendwelche Vorbilder?

Sportlich hatte ich Vorbilder. Als ich vierzehn war, 1990, war Lothar Matthäus ein Vorbild als Spiel bestimmende Persönlichkeit. Ganz früher habe ich die Geschichten gehört von Pele oder Leuten, die ich selbst gar nicht kannte, aber dann habe ich die Videos gesehen, die mein Vater noch hatte, und dann war ich auch begeistert, was das für ein toller Fußballer ist. Ansonsten, außerhalb des Sports, meine Eltern, weil sie mich auch geprägt haben.

Wie siehst Du Dich selbst mit Stärken und Schwächen, sportlich wie persönlich?

Sportlich bin ich relativ komplett, bis auf die Schnelligkeit die mir fehlt. Das mache ich aber auch durch ein gutes Stellungsspiel wieder wett. Ich habe eine sehr gute Technik, ein gutes Kopfballspiel, Zweikampfverhalten ist gut, kann aber sicherlich auch noch verbessert werden. Am linken Fuß kann man vielleicht auch noch was dran machen. Als Mensch finde ich, dass ich aufrichtig bin und ich sage jedem meine Meinung. Bei mir weiß jeder woran er ist, ich versuche nicht irgendwo hintenrum was zu machen. Wenn mir einer ins Gesicht schaut, dann sage ich ihm schon, was ich von ihm halte. Man kann mit mir gut auskommen, wenn man weiß, wie man mich zu nehmen hat. Ich habe sicherlich auch meine Macken und bin das ein oder andere Mal etwas launisch. Wenn die Nacht kurz war, kann ich auch mal ein Morgenmuffel sein, ansonsten stehe ich immer recht fröhlich auf.

Wie sehen Deine privaten Interessen aus?

Ich treibe so auch recht viel Sport, gehe mit Freunden zum Squash, Tennis oder Badminton. Ich gehe sehr oft ins Kino (Björn Mehnert empfiehlt: ICE AGE! d. Red.). Früher war es extrem, da bin ich so einmal die Woche ins Kino gegangen. Wenn ich mit Freunden ins Kino gehe, dann ist es eher die Actionecke, und mit meiner Freundin gucke ich dann was anderes. Musikalisch bin ich nach allen Seiten offen. Die Charts sind die favorisierte Richtung, dann aber auch mal, wenn der Zeitpunkt ist, höre ich einen Schlager. Ich habe einiges von Eros Ramazotti, aber auch von Bon Jovi. Dazu viele Sampler, wie viele sie sich auch kaufen.

schwatzgelb.de sagt Danke Björn Mehnert!

Das ist Björn Mehnert:

geboren am: 24.08.1976

geboren in: Dortmund

im Verein seit: 1991 (ab C-Jugend, 2. Jahr)

bisherige Vereine: DJK Sportfreunde Nette, BVB, LR Ahlen

Größe: 1,84 m

Gewicht: 76 kg

Profispiele: 3x Bundesliga, 1x Champions League, 1x Supercup

Sein Motto: "Immer weiter an sich arbeiten"

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