"Ein, zwei, drei, die Freundschaft ist vorbei!"
Dieses und ähnliches war am vergangenen Samstag immer wieder aus einigen Dortmunder Kehlen zu vernehmen. Ja, es stimmt: Für die meisten von uns ist diese Freundschaft, so es sie denn je gab, vorbei! Seit Jahren wird unser Team vom Breisgauer Publikum beschimpft und bepöbelt - und vielen von uns ist es ähnlich ergangen. Andersherum erging es auch Freiburgern ähnlich wie Dortmunder Fans.
Und dabei: Noch im Jahre 1993 war alles eitel Sonnenschein, der SC war gerade aufgestiegen und verspielte mit Traumfußball in Dortmund eine 2:0 Führung - verlor am Ende mit 3:2. Viele von uns waren von der offensiven Spielweise der "Breisgau-Brasilianer" ebenso begeistert, wie von der unkomplizierten, offenen Art der mitgereisten Anhängerschar und so kam es zu intensiven Annäherungen. Als erste Anzeichen weitergehender Sympathie konnte man dann die Begleitung der Badener innerhalb ihrer Spiele hier im "Fußballwesten" beobachten. So wurde der SC beispielsweise damals in Bochum von einer Masse Dortmunder stimmgewaltig unterstützt, und sogar auch in GE-Buer fanden sich einige von uns ein. Richtig "dicke" wurde es dann Ende dieser Saison, als wir am letzten Spieltag den 1. FC Nürnberg in die zweite Liga schossen (und damit als Tabellenvierter im UEFA-CUP landeten), während fast zehntausend Freiburger in Duisburg den Klassenerhalt feierten und dann "dankbar" zum gemeinsamen feiern nach Dortmund kamen. In dieser Freude war also alles supitoll und alle hatten sich lieb. Doch schon in der darauffolgenden Saison kam es zu ersten Disharmonien, als sich das Freiburger Publikum an unser aller Liebling Andreas M. labte und ihn permanent auspfiff. Für viele Dortmunder völlig unverständlich, wieso die "Fanfreunde" (inzwischen schon mit reichlich schwatzgelben Utensilien bekränzt) sich derart gehen ließen. In der Saison 95/96 gab´s dann die ersten Risse im bis dahin beiderseits als sympathisch eingestuften Miteinander. Im DFB-Pokalspiel (04.10.1995) verhielten sich die Breisgauer erstmals regelrecht feindselig und aggressiv gegen die "Freunde aus Dortmund". Ständige Beschimpfungen und regelrechte Pfeifkonzertarien gegen unsere Spieler etablierten sich unübersehbar. Erste verwunderte Reaktionen unsererseits, konnten diese Disharmonien allerdings noch einmal übertünchen. Ein vielbeachteter zweispältiger Leserbrief zum "gegenseitigen Respekt" meinerseits in der Ausgabe 8 des "SCF-Heimspiel" (09.12.1995) zum Meisterschaftsspiel in Freiburg hatte die meisten Freiburgfans erreicht und es wurde zu einer "Fanfete" nach Kenzingen eingeladen, wo anschließend auch die damaligen SC-Spieler Axel Sundermann und Kapitän Uwe Spieß vorbeischauten. Aber der siechende Prozeß der gegenseitigen Entfremdung war da bereits in Ansätzen spürbar.
Einen letzten gutgemeinten Versuch, trennendes doch noch zu verbinden, unternahm dann die in Freiburg erscheinende Fußballzeitschrift "Hattrick" in ihrer Ausgabe vom August ´98, als sie via ihrem Chefredakteur Uli Fuchs ganz Deutschland mitteilte: "Erstmals gibt es jetzt das Hattrick-Fußballmagazin mit einem Sonderteil Borussia Dortmund. Ein solches Special (24 Sonderseiten/Die Red.) hat Hattrick sonst nur noch am Standort des Verlages in Freiburg. Aber schließlich war ja auch die Freundschaft zu den Anhängern des BVB die erste, die die Fans des Sport-Club nach dem Aufstieg vor 5 Jahren geknüpft haben. Und viele in Freiburg erinnern sich noch gut, wie man es damals mit Überraschung gehört und als Kompliment empfunden hat, als der SC in Bochum, Sch*lke und anderswo mit "Ihr-seid-Scheiße-wie-der-BVB"-Gesängen bedacht wurde. Und wie man dann bei B*yern-Rückständen und Borussia-Treffern, die auf der Anzeigentafel des Dreisamstadions gemeldet wurden, "Freiburg und der BVB" angestimmt hat." Genutzt hat es jedenfalls nix, denn leider wurde die "Anti-Dortmund"-Stimmung in der darauffolgenden Zeit (wie seit dieser Zeit überall in der Liga) im Südbadischen schlimmer und Besserung seitens unserer Fanfreunde war nicht in Sicht. Auch bei unseren Auswärtsfahrten in Baden-Württemberg wurden bei uns immer seltener schwatz-rote Freiburger gesichtet, die uns unterstützten. Sollte so eine Fanfreundschaft aussehen?
Der Gipfel dann jetzt am vergangenen Samstag. Das Ritual der ehemals
gemeinsam skandierten Mannschaftsaufstellungen ist dahin, auch der
Stadionsprecher "fertigt die Freunde" ebenso flugs ab, wie alle anderen
x-beliebigen Gastmannschaften auch. Bei nahezu jeder(!) Kampfszene
springen sie alle auf, schimpfen und fluchen und gönnen uns nicht das
Schwarze unter´m Nagel. Teile der Freiburger Schlachtenbummler, die auf
der bunt gemischten Gegentribüne zwischen unseren Fans sitzen, verfügen
sogar schon über S04-SCF Freundschaftsschals. Dazu verkneifen wir uns
jetzt wirklich jeglichen weiteren Kommentar, wollen das aber auch nicht
zu hoch hängen. Vielen Freiburgern dürfte das auch peinlich sein und es
soll sich hierbei nur um einen einzelnen Freiburger Fanclub handeln.
Aber trotzdem: Ist das noch eine (Fan-)Freundschaft?
Unseres
Erachtens haben in der Bundesliga ausschließlich die Blauen und die
Nürnberger eine derart innige und gepflegte Fanfreundschaft, daß es nie
zu solchen Turbulenzen kommt. Die haben sich gesucht und gefunden und
sind über jeden Zweifel erhaben. Aber alles andere ist nur der heimliche
Wunsch in vielen unserer Fans, so eine (vergangene) Zeit zurückzuholen.
Hier soll mit Gewalt eine neue "Fanachse" entstehen, doch das Holz, aus
dem so eine "Verbrüderung" geschnitzt ist, bedingt nun einmal auch den
Willen von zwei Gruppen - und das sehen wir derzeit in der Bundesliga
nirgendwo sonst. Deshalb unsere Bitte: Mögt weiter die Freiburger, aber
bitteschön einzeln und am Tresen, sowie bislang auch! Niemand braucht
wirklich solche halben Sachen, weder wir, noch der
"Everybodys-Darling-SC" hat von dieser Verbindung heute noch etwas
positives, indem das Verhältnis zwischen unseren Fangruppen weiterhin
als "die Freundschaft schlechthin" dargestellt wird.
RWE, HSV und 1860 waren einst in den 70´ern unsere natürlichen Bündnispartner
In der Mitte der 90er wurde der BVB überschwemmt mit angeblichen Fanfreundschaften. Exemplarisch seien hier nur die bekanntesten kursierenden Freundschaftsschal-Exemplare erwähnt: Saarbrücken, VFB Leipzig, Darmstadt 98, Union Berlin, Hertha BSC, FSV Zwickau, Karlsruher SC, Juventus Turin, Lazio Rom und der Hammer unter allen Schals: FC B*yern München! Wer dieses Ding um den Hals trägt, sollte sich aber ernsthaft untersuchen lassen.. Ein jeder kaufte sich einen Freundschaftsschal, weil es zu dieser Zeit ja so richtig schick war, sich mit dem "ärmelaufkrempelnd-erfolgreichen Arbeiterverein BVB" solidarisch zu zeigen. Leider gingen dadurch einige echte, alteingesessenen Freundschaften (RWE, HSV, 1860) kaputt, weil sie sich mehr oder weniger von der unübersichtlichen Masse der hinzuströmenden neuen BVB-Fans vernachlässigt oder nicht ernst genommen fühlten.
Einwurf: Ein Beispiel - exemplarisch für das Ende einer früheren Freundschaft: Als am 17. August 1994 die 60´er nach ewig langem Bayernliga- und Zweitliga Gekicke (Entscheidender Sieg in Meppen, mit vielen hundert Dortmundern!) ausgerechnet ihr erstes Bundesligaspiel bei uns bestritten, waren 15.000 von ihnen hier. Unmittelbar vor dem Anpfiff überreichten sich eine je 5 Personen umfassende Fanclubabordnung des BVB-Fan-Clubs "TREUE DORTMUNDER" und des 1860 Fan-Clubs "Stadlern/Oberpfalz" freundschaftlich "Originalwimpel" am Mittelpunkt und beide Gruppen rannten daraufhin unter ohrenbetäubendem Gesang des ganzen Stadions "Sechzig und der Beh-Vau-Beh" winkend zur jeweils gegnerischen(!) Tribüne. Als das die Lauterer im Fernsehen sahen, fingen sie an, "mit allen Mitteln" um "ihre" Löwenfreunde zu kämpfen. Im Rückspiel im Olympiastadion hielten dann Lauterer und Sechziger gemeinschaftlich ein riesengroßes rot durchgestrichenes BVB-Emblem hoch und der Käs war für uns gegessen! Zwar gab es anschließend haufenweise Protest und eine Spaltung der Löwen in zwei Gruppen (2/3 pro FCK, 1/3 pro BVB), aber es war für uns vorbei und zwar für immer!
Die Inflation der "Doppelschals" führte auch dazu, daß wir vom Rest der Liga immer offener verachtet wurden. War es anfangs noch so, daß man in unserem Verein einen scheinbar liebenswerten Widersacher der "arroganten Bayern" sah, schlug dies schnell ins Gegenteil um. Unscheinbare Vereine wie "die kleine Borussia" aus Mönchengladbach, die Zeit Lebens immer gegen Sch*lke sangen, texteten plötzlich alle ihre Lieder auf den BVB um.
Mit den Erfolgen wuchs die Schar der Sympathisanten Borussias ins Unermeßliche. Jeder, der etwas auf sich hielt, bezeichnete sich alsbald als BVB-Fan. Auch wenn er nie oder höchst selten ins Stadion ging, um "seine" Mannschaft zu unterstützen. Viele wußten gar nichts über diese Fanfreundschaften, ob sie nun existierten, oder nicht. Sie nahmen die alten, ernsthaften Bindungen nicht an (wer in Bayern kann schon etwas mit RWE anfangen?) und freuten sich ob der "Freundschaften" zu den knuffigen Freiburgern und den ach so tollen 60´ern, die man nur liebte, weil sie die Konkurrenten der Seppels innerhalb Münchens waren. Dazu kam, daß sich unsere Mannschaft häufig nicht gerade sympathisch präsentierte (was mir persönlich fast egal ist), symbolisch dafür auch die "Möller-Schwalbe" gegen den KSC 1995, die da ihre einseitige Freundschaft zu uns aufkündigten (die seit dem letzten Spieltag der Saison 94/95 bestand hatte, als wir da 0:4 unterlagen und die Badener dadurch erstmals - und wie wir heute wissen - unnachahmlich furios in den UEFA-CUP einzogen).
Celtic Glasgow - Das ist die einzige Fanfreundschaft!
Eine Freundschaft der ganz anderen Art verbindest uns seit dem Wechsel des wohl beliebtesten Schotten in Deutschland, Murdo McLeod aus seiner katholischen Heimat in Glasgow in die Biermetropole im Jahre 1987. Seit eben dieser Zeit existiert so etwas wie ein "verbrüdert-sein" mit den "Celts", aus den bisher 4 vergleichen im Europapokal) Wenn man sich irgendwo in Europa begegnet, feiert man gemeinsam und intoniert sehr gerne auch schon mal das aus Schottland kommende Liedchen: "We hate B*ayern Munich, we hate Sch*lke too, we hate Moenchengladbach, but Dortmund - we love you..." Da an diesem beliebten Club aber auch eine große Anzahl anderer BL-Klubs dranhängen, wurde so ein Gastspiel der "Grünen" außerhalb ihres Inselexils [*g*] immer von vielfältigsten Supportern (neben vielen St. Paulianern auch M´gladbacher, Schlacker, 1860er) genutzt. Und wenn Du mal eines Tages in Glasgow Station machen solltest, vergiß auf keinen Fall Deinen BVB-Schal, denn dieser sichert Dir viel Schulterklopfen und Kilkenny-Gerstenschmaus - sofern Du im richtigen Teil der Stadt bist, natürlich, wie gesagt...
Addiert man nun noch das neuarrogannte Erfolgs-Verhalten vieler unserer Fans hinzu, die sich nicht weniger überheblich gebärdeten als die allseits verhaßten B*yern, ist klar, warum es nie zu richtigen Bindungen kommen konnte. Beide Seiten hatten wohl nie ernsthaftes Interesse daran, außer sich gegenseitig zu feiern, wenn es für beide Seiten gut lief. Beinahe jeder von uns dürfte Fans anderer Vereine kennen, mit manchen sicherlich auch dick befreundet sein, aber an Fanfreundschaft denkt doch keiner von uns, wenn er mit seinem Sch*lker Kumpel ein Pilschen trinken geht, oder? Echte Fanfreundschaften, wie wir sie früher traditionell mit dem HSV oder auch RWE hatten, wird es - dank unserer Unbeliebtheit ("no one likes us, we don't care") - sicherlich nie wieder geben. Und halbherzige Anbandelungen braucht kein Mensch, oder? Dann müßte man sich auch immer gegenseitig unterstützen und den Gegner nicht auspfeiffen. Aber mal Hand auf´s Herz: Wer will das denn wirklich mit vollem Herzen?