Christoph Metzelder - Der sympathische Blitzstarter
FAST zur gleichen Zeit des letzten Jahres "feierte" der frischgebackene Abiturient Christoph Metzelder noch mit Preußen Münster die Qualifikation für die zweigleisige Regionalliga. Nur ein Jahr später erreichte er mit Borussia Dortmund als Tabellendritter der Bundesliga die Qualifikation zur Champions-League 2001/2002, welche gegen Schachtjor Donezk erfolgreich bestritten werden konnte.
Grund genug zum Feiern also für den Dortmunder Shootingstar der zurückliegenden Saison. Für vergleichsweise läppische 350.000 DM (!) Ablöse wurde er im letzten Sommer vom Regionalligisten Preußen Münster verpflichtet und zurückblickend muss wohl nahezu jeder BVB-Fan offen zugeben, dass ihm dieser Christoph Metzelder zuvor kaum ein Begriff gewesen ist. 19 zumeist überzeugende Einsätze in der Bundesliga dürften seinen Bekanntheitsgrad aber nicht nur in Dortmund und um Dortmund herum raketenartig nach oben geschnellt haben lassen.
Dabei war für ihn anfänglich eigentlich der unbequemere Weg über die Amateurmannschaft vorgesehen. Doch schnell zeigte sich, dass er auch für höhere Aufgaben prädestiniert sein sollte. Besonders nachhaltig empfahl er sich beim überzeugenden 2:0-Sieg im Vorbereitungsspiel von Middlesbrough für einen Stammplatz in Sammers Bundesliga-Startelf. Und doch rechnete man vor dem letztjährigen Saisonauftakt gegen Hansa Rostock eher mit einem Einsatz des routinierteren Alfred Nijhuis. Aber Matthias Sammer warf den Youngster ins kalte Wasser und mit der taktvollen Unterstützung der Fans schwamm er sich gegen den mit allen Wassern gewaschenen Agali dann auch tatsächlich mit einer beeinruckenden Gelassenheit frei.
In der Folgezeit verblüffte er nicht nur die Dortmunder Anhängerschaft mit immer weiteren Leistungssteigerungen und einer Abgeklärtheit, die nicht der eines Newcomers, sondern viel mehr der eines Routiniers entsprach. In einem schwindelerregenden Tempo ging es für ihn im Verlauf der Hinrunde fast nur bergauf. Nur in Hamburg (gegen Sergej Barbarez) und in München (gegen Mehmet Scholl), wo allerdings die gesamte Mannschaft eine sportliche Bankrotterklärung abgab, musste er Lehrgeld bezahlen. Zusätzlich versüßt wurde die positive Entwicklung durch einen Stammplatz in der U-21 Nationalmannschaft.
Verletzung stoppte den Höhenflug!
Die vermutlich beste Leistung zeigte er im Heimspiel gegen die Berliner Hertha, wo er dem Spiel sowohl in der Offensive als auch in der Defensive seinen Stempel aufdrückte. Aber gleichzeitig war es auch das Spiel, das seinen Aufstieg (vorerst) bremste und ihn auf den nüchternen Boden der Realität zurückholte, indem er sich kurz vor dem Spielende einen Syndesmosebandriss zuzog. Dieser sollte ihn dann genauso bis zur Winterpause außer Gefecht setzen, wie er auch zeigte, dass selbst ein Christoph Metzelder nur mit Wasser kocht. Denn einerseits fand sich mit Sunday Oliseh ein starker Liberoersatz und auch das Manndecker-Tandem, bestehend aus den „Waldhof-Buben“ Jürgen Kohler und Christian Wörns, entwickelte sich zu einem unüberwindbaren Bollwerk. Andererseits verflog auch ein wenig die Euphorie, die den Youngster in der Hinrunde noch getragen hatte und manch eine Schwäche wurde durch seine Rückrundeneinsätze, auf die er verhältnismäßig lange warten musste, aufgedeckt. So zeigte sich beispielsweise, dass seine sachliche und abgeklärte Spielweise dennoch nicht fehlende Erfahrung im Millionengeschäft Bundesliga ersetzen kann, woraus dann mancher Stellungsfehler resultierte. Zudem hatte er vor allem gegen kleine, wendige Gegenspieler manches Mal das Nachsehen und wirkte in - wenigen - Situationen bisweilen auch ein bisschen schlaksig.
Doch auch wenn noch nicht alles Gold war, was anfangs glänzte, gehört Christoph Metzelder gewiss zu denjenigen Spielern im BVB-Kader, die einem im Hinblick auf die Zukunft Mut machen. Das sahen die BVB-Verantwortlichen ähnlich und verlängerten im vergangenen Winter seinen Vertrag bis 2005. Selbstredend verbunden mit einer angemessenen Gehaltserhöhung. Belohnt wurde er damit aber nicht nur für seine sportlichen Leistungen, sondern auch für seine tadellose Einstellung. Allerorten lobte man seinen Willen von den erfahrenen Kollegen dazuzulernen; immer wieder erfrischend waren seine von im Profifußball beinahe in Vergessenheit geratener Ehrlichkeit geprägten Interviews. Und selbst wenn es noch ein unheimlich weiter Weg sein sollte, bis zur schon oftmals prognostizierten Nationalmannschaftskarriere: Christoph Metzelder gehört genau zu jenen Trümpfen, die wir dem Deutschen Meister aus München oder dem Pokalfinalisten aus Gelsenk*rch*n - genau wie Sammer oder Rosicky - entgegensetzen!
P.S.: Jedem wird sicherlich sofort aufgefallen sein, dass der obige Artikel an einer Stelle nicht mehr wirklich aktuell ist! Inzwischen hat Christoph Metzelder, wie wir alle wissen, sein Debüt in Rudi Völlers Nationalmannschaft gegeben. Aufgrund seiner Nervosität nicht gerade überzeugend; doch das wusste er nachher selber am besten. Seine realistischen Selbsteinschätzungen unterscheiden ihn nämlich, wie angesprochen, von vielen seiner Kollegen. Davon kann man sich demnächst im Schwatzgelb.de-Interview mit Christoph Metzelder überzeugen. Vorausgeschickt sei noch, dass er ein mehr als angenehmer Gesprächspartner war. Wer kommt heutzutage schon noch völlig ohne Zeitdruck zu einem Interview-Termin und schaltet auch vorher sein Handy aus, weil er es als lästig empfindet...