schwatzgelb.de on tour durch Europa!
"Ein absolutes Highlight!" - "Kein Spiel wie jedes andere!" - "Ein richtiges Endspiel!" All diese Sätze hört man im Fußballgeschäft immer wieder; doch selten waren sie so zutreffend wie vor dem Schlagerspiel zwischen dem FC Liverpool und Borussia Dortmund. Im Mutterland des Fußballs und in keinem geringeren Stadion, als dem an der legendären "Anfield Road" ging es für beide Teams um das Überleben in der Champions-League, viel Prestige und wie gewöhnlich auch um eine Menge Geld. schwatzgelb.de war bei diesem Top-Ereignis mit einem eigenen Bus vertreten.
Um Punkt 1.15 Uhr brach zum ersten Mal ein schwatzgelb.de-Bus zu einem BVB-Auswärtsspiel im Europapokal auf, nachdem sich manche der 50 Mitfahrer schon vorher in der Fan-Kneipe "B-trieb" auf die Fahrt eingestimmt hatten. Spürbar optimistisch waren die meisten Supporter schon bei der Abfahrt. Schließlich hatte der BVB selbst die sportliche Marschroute verbal festgelegt. Klipp und klar wusste Sportmanager Michael Zorc die Situation zu umschreiben: "Die Lage ist ganz einfach, denn wir müssen das Spiel bloß gewinnen und sind weiter!" Na dann...
Nun begann die Reise zu später Stunde und so konnte die anfangs mehr als verhaltene Stimmung noch nicht verheißen, was uns im Laufe der Fahrt erwarten sollte. Einzig unser Busfahrer (Wenn's interessiert: Ernst Schürmann) sorgte für "Action", indem er als penetranter Dauernörgler in Erscheinung trat und zu wirklich allem seinen "finalen Senf" dazugeben musste. Für Unterhaltung sorgten auch seine Paranoia, die ihn in die ständige Angst versetzten, dass ihm sein Busfahrer-Kollege aus dem vorausfahrenden "Treue Dortmunder-Bus" mit aller Macht abhängen wolle.
Passend zur Fähre war der zweite Bus jedoch - natürlich zur Erleichterung aller - wieder eingeholt. Aber auch die Überfahrt, sowie das Durchqueren Englands gestalteten sich noch überraschend ruhig. Die Vorfreude stieg allerdings immer stärker an; bis um 15:00 Uhr Ortszeit Liverpool nach 15-stündiger Fahrt endlich erreicht war. Viel zu spät, wie sich schnell herausstellen sollte! Liverpool war zwar sofort als (ehemalige) Arbeiterstadt auszumachen, genau so schnell wurde aber klar, dass die Stadt zu mehr als nur zu einer kurzen Stippvisite eingeladen hätte. Die einen nutzen die spärliche Zeit jedenfalls für einen Besuch im berühmten Beatles-Museum am Albert Dock, während sich die meisten für einen Besuch der City entschieden. Dort traf man umgehend auf den nicht gerade kleinen Dortmunder Mob und bereitete den Liverpoolern sangeskräftig einen Vorgeschmack darauf, was am Abend noch im Stadion folgen sollte. Vor allem für diejenigen, denen eine solche Auswärtsfahrt bis dahin nicht vergönnt gewesen war, dürfte es alleine schon beeindruckend gewesen sein, dass man nahezu jedem Passanten eine Reaktion abrang und allerorten wahrgenommen wurde. Und das ganz bestimmt nicht aufgrund schlechten oder anstößigen Verhaltens....
Knapp zwei Stunden vor Spielbeginn war es endlich so weit und per Bus-Kolonne, die durch zahlreiche Einsatzwagen der Polizei sicher und schnell eskortiert wurde, ging es zur Anfield Road. Und das war auch gut so...
der Zwischenzeit war die Anspannung und die Vorfreude unter dem Großteil der mitgereisten BVB-Fans fast ins unermessliche angewachsen. Schließlich stellt ein Besuch an der Anfield Road für nahezu jeden Fan ein absolutes Highlight in seinem Fan-Leben dar. Und diesem Moment hatten inzwischen alle lange genug entgegengefiebert. Nun war es endlich so weit. Wie für viele englische Stadien typisch, liegt auch das des FC Liverpool inmitten eines Wohngebietes und deutet von außen gewiss nicht darauf hin, was einen im Inneren erwarten würde. Mit dem Betreten des Stadions dürfte aber für ausnahmslos jeden augenblicklich klar geworden sein, dass in jenem Moment ein Lebenstraum in Erfüllung gegangen war. Man kam aus dem Staunen nicht mehr heraus: Die perfekte Rasenfläche, der kompakte und wunderschöne Innenraum und die grandiose Akustik, die sobald man die Fassung wiedergewonnen hatte, aufs schärfste getestet wurde. Wahnsinn! Nicht wenige mussten beim ersten Anblick dieser Fußball-Stätte mit Kultstatus sogar die eine oder andere Träne herausdrücken...
Wie bereits erwähnt, begannen die mitgereisten Borussen (schätzungsweise 3.000) eine von BVB-Fans lange nicht mehr gesehene Stimmung zu erzeugen. Mit voller Kraft und großer Anstrengung wurde das BVB-Team aus fast jeder Kehle abwechslungsreich angefeuert. Und das lange vor Spielbeginn; angespornt durch die Bedeutung des Spiels und nicht weniger stark durch die beeindruckende Wirkung des Stadions. Zu dem frühen Zeitpunkt aber noch nicht durch die Liverpool-Fans, die wie in England üblich, erst kurz vor Spielbeginn in das Stadion strömten. 25 Minuten (!) vor Spielbeginn herrschte, die Heim-Fans betreffend, geradezu noch gähnende Leere.
Die Dortmunder Anhängerschaft unternahm im Gegensatz dazu alles in ihrer Macht stehende, um der Mannschaft vor diesem wichtigen Spiel zu helfen. Sämtliche BVB-Spieler wurden während des Aufwärmens lautstark angefeuert wie es ganz lange Zeit nicht mehr der Fall war. Fingerspitzengefühl nennt man so etwas!
Vor Spielbeginn konnte man noch zweifach mit bemerkenswerten Aktionen auf sich aufmerksam machen. Zuerst intonierte man zusammen mit den Liverpool-Fans das legendere "You´ll never walk alone" so laut wie nie zuvor. Gänsehaut-Feeling pur! Anschließend wurden noch etwa 500 gelbe Müllsäcke beim Einlaufen der Mannschaft aufgeblasen durch die Luft geschwungen. Sicherlich gab es schon beeindruckendere "Intros"; angesichts der Tatsache, dass es sich bloß um eine provisorische Aktion handelte, konnte man sie dennoch als "durchaus gelungen" bezeichnen.
Der Support während des Spiels lässt sich knapp aber präzise als "sehr gut" bezeichnen. Ob vor oder nach den Gegentoren, fast durchgängig wurde die Mannschaft nach vorne gepeitscht. Drehten die Liverpooler Fans jedoch einmal auf, war man selbstredend chancenlos unterlegen. Insgesamt hörte man von den FCL-Anhängern jedoch weniger als angenommen. Phasenweise war sogar nur der Gäste-Block zu hören, um dann bloß noch staunen zu können, wenn das gesamte Liverpooler Stadion gelegentlich eine unfassbare Lautstärke erzeugte. Wohlgemerkt: Das ganze Stadion! Traurig stimmte einen an dieser Stelle der Vergleich mit dem Westfalenstadion. Auch die Verteilung auf vier Tribünen hinderte die Engländer nicht an den perfekten und synchronen Kostproben ihrer Sangeskünste. Insgesamt hatten während des Spiels alle vier Parteien (mehr oder weniger) ihr bestes gegeben. Leider stand nach einem unterhaltsamen Fußballspiel bei strömendem Regen (wie hätte es anders sein können?!) eine schmerzhafte BVB-Niederlage. Wie gesagt, hatte die BVB-Mannschaft zumindest aus Sicht der mitgereisten Fans ihr "möglichstes" getan und so konnte auch das Ergebnis nicht auf die Stimmung drücken. Ganz im Gegenteil: Nach dem Spielschluss wurde dieser besondere Fußball-Tag noch einmal getoppt...
Die gesamte Dortmunder Anhängerschaft blieb noch lange nach dem Schlusspfiff (natürlich nicht ein jeder freiwillig...) im Stadion und feierte sich selbst sowie diesen einmaligen Fußballtag an sich. Bemerkenswert war dabei vor allem das schnelle Umschalten im Hinblick auf die Zukunft. Der Groll über das insgesamt nicht zufriedenstellende Ausscheiden aus der europäischen Königsklasse war schnell vergessen, stattdessen baute man die Mannschaft mit nach wie vor unheimlich lautstarken Gesängen wieder auf ("... und holen den U-U-E-F-A Cup"). Dieser eher ungewöhnliche Schulterschluss blieb auch den Liverpooler Fans nicht verborgen. Viele von ihnen zögerten mit dem Verlassen des Stadions noch eine Weile, erfreuten sich stattdessen weiterhin an dem bunten Treiben im Gästeblock (u.a.: eine sehr gelungene "Humba") und zollten uns dann mit ehrlich gemeintem Applaus Respekt für einen wahrlich gelungenen Support. Diese Reaktion der ebenfalls hoch geschätzten Liverpooler beflügelte ganz ohne Frage so manchen BVB-Fan und fast euphorisiert wurde nun alles und jeder an der Anfield Road gefeiert. Auch die sichtliche überraschte Heimmannschaft, deren überragendes Potential schlicht und einfach anerkannt werden muss. Vor allem diese unglaublichen Minuten von Liverpool werden die Fahrt für alle anwesenden zu einem unvergesslichen Ereignis machen.
Auf der Rückfahrt zollte die gesamte schwatzgelb.de-Busbesatzung den Strapazen dieser Reise Tribut. Letztlich kann man ohne allzu viel auszulassen folgendes Motto als präzise Beschreibung der Rückfahrt wählen: "17 Stunden Autobahn, keiner weiß warum...!"
P.S.: Nicht zu vergessen sind auch weitere "Details", die diese Fahrt zu einem unvergesslichen Ereignis machten. Über den gesamten Aufenthalt hinweg wurden die BVB-Fans hervorragend von der englischen Polizei und dem englischen Ordnungsdienst begleitet. Anders als in Deutschland, wo schon die friedlichsten Fußball-Fans, die es auch noch wagen zu singen als gewaltbereite kriminelle angesehen werden, kamen wir in Liverpool sogar in den Genuss auf humorvolle sowie höfliche Art und Weise wie ganz normale Menschen behandelt zu werden... Rund um das Stadion verhielt es sich nicht anders, was angesichts der Zumutungen bei Auswärtsfahrten innerhalb Deutschlands tatsächlich sogar schon bemerkenswert geworden ist. Auch unter den Passanten gab es fast durchweg positive Reaktionen. Es wurde kein angstvoller, großer Bogen um die (positiv) verrückten Schwatzgelben gemacht; viel mehr erfreute man sich an unseren (teilweise andersartigen) Gesängen! DANKE!