Spielbericht Profis

Von Null auf Held – Jan Derek Sörensen

04.11.2001, 00:00 Uhr von:  Tommes
Torjubel um Jan Derek Sörensen
Torjubel um Jan Derek Sörensen
© Bild: Onlinesport

Jan Derek Sörensen war beim 1:0 (0:0) Sieg der Borussia gegen den FC Kopenhagen der Mann des Abends. Der von den Fans geliebte, aber meist unglücklich in seinen Aktionen wirkende Sörensen, schoss den BVB in die nächste Runde des UEFA-Pokals und sich selbst eine große Last von den Schultern. Doch zu Beginn des Spieles stand ein anderer BVB-Stürmer im Interesse.

„Er spielt, er spielt nicht, er spielt.....“. Lange währten die Spekulationen um die Verletzung von Marcio Amoroso und es hätte vielleicht auch gar nicht gewundert, nach der letzten Meldung er spiele nicht, wenn er dann doch vielleicht aufgelaufen wäre. Aber er spielte nicht! Trainer Matthias Sammer gab Jan Derek Sörensen und dem „Held von Kopenhagen“ Heiko Herrlich das Vertrauen, vorne den knappen 1:0 Vorsprung aus dem Hinspiel beruhigend auszubauen. An Ihrer Seite sollte sich Lars Ricken in die Offensivbemühungen einschalten.

Es brennt im Stadion - Teil 1
Es brennt im Stadion - Teil 1

Die Fans aus Kopenhagen lieferten beim Einlaufen der Mannschaften Futter, für die hier in Dortmund und auch in anderen Vereinen diskutierte Frage Stimmung durch Bengalos. Ein „Fan“ der Gäste warf einen brennenden Bengalo über den Zaun in eine Gruppe von Fotografen. Ein herbeieilender Feuerwehrmann löschte das Ding mit einem Eimer Sand. Zum Glück kam bei dieser Aktion niemand zu schaden.

Nachdem im Vorverkauf noch 15000 Karten erhältlich waren, drohte ein Minusrekord. Vielleicht hatten es sich viele Dortmunder kurzfristig überlegt Ihre Borussia in diesem Wettbewerb doch zu unterstützen, aber auch die 1800 Freikarten, die der BVB an Schüler- und Jugendmannschaften im Rahmen einer Marketingaktion mit einer bekannten Burgerkette verteilte, verhalfen zu mittlerweile international üblichen 42500 Zuschauern.

Es brennt im Stadion - Teil 1
Es brennt im Stadion - Teil 1

Darunter auch eine Gruppe von rund 70 Anhänger des BVB, die den Oberrang der Westtribüne bevölkerten, um dort oben etwas die Grabesstimmung der sitzenden Gemeinde zu vertreiben und zusätzlich zur Süd die Mannschaft zu unterstützen. In der ersten Hälfte mit Hilfe eines Megaphons und in der zweiten mit einer Trommel und einem Dauer-Allez-Stakkato. Mehr darüber sicherlich im Stimmungsbericht im Laufe der Woche auf schwatzgelb.de.

Aktion im Stadion
Aktion im Stadion

Die erste große Chance für den BVB ergab sich nach einem schönen Zusammenspiel von Oliseh und Evanilson. Sunday spielte den entscheidenden Pass nach außen und Eva flankte maßgerecht in die Mitte, wo Lars Ricken den Ball mit dem Kopf nicht ganz drücken konnte und dieser über das Tor von Kihlstedt rauschte (10.). In der ersten Viertelstunde wusste der BVB zu gefallen, gab dann aber, wie man es schon öfter gesehen hatte, danach etwas das Heft aus der Hand. Fehlpässe und Stockfehler sorgten nicht gerade für einen ruhigen Spielaufbau. Im Gegenteil. In der 24. Minute spielten die Kopenhagener ganz gefährlich vor dem Dortmunder Tor auf und Larsen Thomas Roll traf zum Glück nur den linken Pfosten. Gefahr erkannt, Gefahr gebannt? Nicht wirklich. Die Dänen tauchten in der 32. erneut vor Jens Lehmann auf, der umsichtig den Konter der Gäste abfing. Schrecksekunde kurz zuvor beim BVB als Christian Wörns nach einer schönen Abwehrleistung in der eigenen Hälfte umknickte und liegen blieb. Nach kurzer Behandlung konnte er aber weitermachen.

Kopfballgewinn für den BVB
Kopfballgewinn für den BVB
© Bild: Onlinesport

Die letzten zehn Minuten der ersten Halbzeit gehörte aber dann Dortmund. Sörensen brachte sich mit einem angedeuteten Kopfball in Richtung Tor in Erinnerung. Jan Derek war es auch, der kurz darauf Jörg Heinrich in Szene setzte, der aber alleine aus zehn Metern freistehend vor dem Gästekeeper versagte. Ricken scheiterte nach Steilvorlage in den Strafraum ebenso (41.) an sich und dem Torwart der Dänen und versuchte sich drei Minuten später vergeblich mit einem Distanzschuss aus etwa 20 Metern. Die letzten Chance der ersten Halbzeit verbuchte Heiko Herrlich für sich, dessen Kopfball aber auch nur in den Armen von Kihlstedt landete.

Das Fazit zur ersten Hälfte lautet, zuerst bemüht, dann unkonzentriert und später glücklos. Michael Meier sprach in der Halbzeitpause von Chancen, die man reinmachen musste.

Eine solche Chance hatte ganze 40 Sekunden nach dem Wiederanpfiff Heiko Herrlich, der etwas bedrängt beim Schuss nicht ins Ziel traf. Dann wieder Unsicherheiten in der Abwehr. Fernandez fällt ein abgefälschter Ball vor die Füße, den er aber freistehend aus fünf Metern nicht im Kasten von Jens Lehmann unterbringen kann. (52.). Fernandez probiert Minuten später einen Distanzschuss, der als Querschläger endet und von Roll aufgenommen wird. Sein Schuss von der Strafraumgrenze aus, wird von Dede zur Ecke abgefälscht.

Rosicky setzt sich durch
Rosicky setzt sich durch
© Bild: Onlinesport

Während ein paar verunglückte Aktionen nach einer Stunde, die Dauernörgler im Stadion zu vereinzelten Pfiffen animieren, schaltet die Südtribüne um auf „Abteilung Attacke!“ Dadurch angetrieben wird der Druck der Dortmunder stärker. Herrlich köpft nach einer Ecke aussichtsreich am Tor vorbei (62.) und scheitert mit dem Versuch eines Seitfallziehers auf den Kasten. Kläglich allerdings der Weitschuss von Oliseh, der auf dem Weg zum Tor verhungert. (66.)

Aber der BVB ist nicht alleine auf dem Feld. Kopenhagen vergibt in der 74. Minute eine fette Chance als Evanilsson auf der Linie für den geschlagenen Lehmann den Ball mit dem Kopf unschädlich macht. Danach die ersten Umstellungen bei Dortmund. Sammer wechselt doppelt. Jörg Heinrich macht Platz für Stefan Reuter. Heiko Herrlich wird mit tosendem Applaus verabschiedet, während der eingewechselte Bobic mit leisen Pfiffen begrüßt wird.

81. Spielminute Freistoß Dortmund. Rosicky haut in die Mauer, die Kopenhagener bekommen den Ball nicht aus der Gefahrenzone. Lars Ricken nimmt ihn auf und setzt ihn von rechts nach links am langen Pfosten flach vorbei.

Der nächste und somit letzte Wechsel bei der Borussia folgt. Micky Stevic löst Lars Ricken in der 86. Minute ab und verschafft ihm frühzeitig warmes Wasser unter der Dusche. Turbulent dann die 89. Minute. Die Gäste spielen mit dem BVB vor dessen Strafraum Katz und Maus. Zahlreiche, ja gar unzählige Einschusschancen können immer wieder von irgendwelchen schwarzgelben Beinen abgeblockt werden. Die Borussia kann sich befreien. Rosicky schlängt den Ball weit auf Evanilsson der an der Mittelinie gestartet war. Eva sprintet auf den Torwart zu und scheitert an dem, in dieser Situation großartigen Magnus Kihlstedt. Doch Kihlstedt meistert die Situation nicht perfekt und faustet den Ball zu Jan Derek Sörensen. Sörensen haut den Ball aufs Tor und hinter die Linie. Ein Rettungsversuch der Dänen kommt zu spät. Das 1:0 für die Borussia und unser Norweger ist endlich ein Torwikinger!

Die Zentnerlast, die dem Jungen vom Herzen fiel, war weit unter das Dach des Westfalenstadions zu hören. Oliseh wollte ihn nicht mehr hergeben. Er nahm ihn wie einen nassen Sack auf die Schulter und trug ihn freudestrahlend über den Rasen.

Dann war Schluss und auch das zweite Spiel gegen Kopenhagen brachte einen weiteren Helden hervor. „Jan Derek Sörensen shalala la la!“

Stimmen zum Spiel:

Kopenhagens Trainer Hans Backe
Kopenhagens Trainer Hans Backe

Kopenhagens Trainer Hans Backe in fast perfektem Deutsch auf der Pressekonferenz:

„Wir haben verloren, aber wir sind zufrieden, dass wir gegen eine Spitzenmannschaft mitspielen konnten. Wir mussten Poulsen ersetzen, aber Christiansen hat auf der Position seinen Part gut gemeistert.“

Matthias Sammer
Matthias Sammer

Matthias Sammer äußerte sich wie folgt: „Ich bin froh, dass wir im Eurocup überwintern. Es war nicht einfach nach dem 1:0 im Hinspiel. Was macht man? Auf Ergebnis halten oder angreifen um den Vorsprung auszubauen? Wir wissen, dass wir besser Fußball spielen können und auch begeisternder spielen können, aber ich bin Stolz auf meine Mannschaft, dass wir weiter im Cup sind. Zielsetzung für uns muss sein, in diesem Jahr keine Punkte mehr abzugeben.“ Und hinaus schauend auf Samstag, hoffte er, dass Marcio Amoroso gegen den HSV wieder zur Verfügung steht.

Der Mann des Tages gab sich etwas erschrocken angesichts des Medieninteresses, dass nun plötzlich über ihn hereinbrach. Aber trotz seines Erfolges war keinerlei überschwängliche Freude bei Sörensen festzustellen. Er reagierte im Gespräch kühl wie ein Bofrost-Mitarbeiter, der dafür zu sorgen hat, dass eine Ladung Möhrengemüse nicht auftaut: „Ich natürlich glücklich, aber wichtiger ist, dass wir gewonnen haben. Ich feiere halt nicht so überschwenglich wie Amoroso. Ich bin nicht Marcio. Es ist immer nett, wenn man ein Tor macht, was soll ich sonst sagen.“

Dann sagte er einen sehr bemerkenswerten Satz: „Dortmund ist ein großer Club. Sie haben viel Geld und wenn es nicht klappt, dann kaufen sie sich halt einen neuen Stürmer.“

Heiko Herrlich konnte aber nachvollziehen, wie wichtig das Tor für Jan Derek wirklich war: „Für den Langen war das heute hoffentlich ein Befreiungsschlag, ich habe mich gefreut für ihn. Er hat es verdient.“ Weiter zum Spiel sagte er: „Wir haben es versäumt in der ersten Halbzeit den Sack zuzumachen. Später haben wir sogar Glück gehabt nicht in Rückstand zu geraten. Wir sind alle froh über das Ergebnis“.

Die Marschroute für die Mannschaft in den verbleibenden Spielen des Jahres ist klar! Punkten, punkten, punkten um auch in der Bundesliga in aussichtsreicher Position das neue Jahr anzugreifen.

Sörensen bedankt sich
Sörensen bedankt sich
© Bild: Onlinesport

Statistik:

Tor: 1:0 Jan Derek Sörensen, 89. Minute

BVB: Lehmann, Wörns, Evanilson, Heinrich (78. Reuter), Rosicky, Herrlich (78. Bobic), Oliseh, Dede, Ricken (86. Stevic), Metzelder, Sörensen

Zuschauer: 42500

Schiedsrichter: Michael McCurry (Schottland)

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