Im Gespräch mit...

...Sergej Barbarez: "Auch schöne Erinnerungen an den BVB"

17.02.2001, 13:00 Uhr von:  Sebi Wade

Sergej Barbarez - An ihm scheiden sich die Geister. Während er in Dortmund noch eine eher traurige Rolle spielte, avancierte er nun beim HSV zum Torjäger von allerhöchsten Gnaden. Dabei ließ er sogar ungeahnte Kopfballqualitäten aufblitzen. Allen voran im Hinspiel gegen den BVB, als er gleich doppelt per Kopf zuschlug und Dortmund letztlich doch mit 3:2 gewinnen konnte. Nun steht er vor der Rückkehr nach Dortmund! Der Rückkehr an seine alte Wirkungsstätte, wo ihm die Sympathien nicht gerade zuflogen und beide Teams ein richtungsweisendes Spiel zu bestreiten haben.

Sergej Barbarez im HSV-Trikot

HSV-Coach Frank Pagelsdorf ordnete für die Mannschaft schon vor der Abreise nach Dortmund absolutes Interviewverbot an. Auf Fragen nach etwaigen Besonderheiten der Partie in Dortmund, antwortete er schroff: "Da gibt es keine! Denn auch dort geht es nur darum, drei Punkte zu gewinnen." Eine besondere Situation erlebt aber zumindest Sergej Barbarez. In Dortmund noch ungeliebt, ist er in Hamburg zum Torgaranten emporgestiegen. Auch darauf antwortet der 43-Jährige Coach aber nur nett lächelnd: "Darauf kann doch die Mannschaft keine Rücksicht nehmen. Sergej weiß selbst damit umzugehen. Für uns dürfen nur die drei möglichen Punkte zählen. Alles andere ist nicht wichtig."

Doch am Samstagabend spielt Sergej Barbarez zweifelsohne eine der Hauptrollen, in dem für beide Teams so richtungsweisenden Spiel. Wer erinnert sich nicht an die Pfiffe, mit denen er vom eigenen Publikum bedacht wurde? So konnten ihn auch alle Bemühungen Sammers um keinen Preis mehr in Dortmund halten. Im Sommer wechselte er schließlich frustriert nach Hamburg und avancierte dort mit 13 Treffern zum Leistungsträger.

Es ist also anzunehmen, dass es sich für ihn um kein Spiel wie jedes andere handelt und jede Menge Emotionen mitschwingen. Angst vor seinem ersten Auftritt im Westfalenstadion, nach seinem Weggang, verspürt er jedoch nicht. Denn er verbindet auch schöne Erinnerungen mit dem Westfalenstadion!

Die BVB-Fans

Vor allem die Atmosphäre beim Einlaufen ins Stadion hat es ihm angetan: "Als Gast musst du aufpassen, dir nicht schon vor dem Spiel in die Hose zu machen." Seine Mannschaftskameraden sehen das genauso. Denn fragt man sie nach der Atmosphäre im Dortmunder Westfalenstadion, geraten diese ins Schwärmen. Mannschaftskapitän Martin Groth sagte stellvertretend: "Allein die Südtribüne fasst 25 000 Zuschauer - mehr als das gesamte Stadion von Bayer Leverkusen! Das ist schon ziemlich gewaltig. Fast 70.000 Menschen, die dich permanent auspfeifen. Das erlebt man nicht alle Tage!"

Sergej Barbarez kennt das Gefühl auch. Doch wie denkt er darüber? Verspürt er etwa irgendwelche Rachegelüste? Oder sind es eher die Medien die das Aufeinadertreffen hoch zu pushen versuchten? Viele offene Fragen. Doch schwatzgelb.de hatte die Chance nur wenige Stunden vor dem Spiel exklusive Antworten darauf zu erhalten! Dabei erfuhren wir viel interessantes und sehr überraschendes!

EXKLUSIV-INTERVIEW: Sergej Barbarez: "Auch schöne Erinnerungen an den BVB"

schwatzgelb: Herzlich Willkommen zurück in Dortmund, Sergej! Ganz ehrlich: Mit was für einem Gefühl kehrst du zurück?

Barbarez: Mit einem ganz guten Gefühl eigentlich! Auf das Spiel freue ich mich nämlich sehr! Andererseits aber auch nicht mehr und nicht weniger!

schwatzgelb: Also eher doch ein Spiel wie jedes andere?

Barbarez: Das auch wieder nicht. Ich freue mich nämlich wieder hier zu sein. Schließlich hatte ich auch schöne Erlebnisse in Dortmund, obwohl ich vielleicht einfach zur falschen Zeit beim BVB war. Dieses Jahr wäre es bestimmt besser gelaufen. Nun ist es so passiert und jetzt freue ich mich eben bekannte Gesichter wiederzusehen. Zudem macht es ja auch Spaß im Westfalenstadion zu spielen.

schwatzgelb: Diese Aussage verwundert ehrlich gesagt ein wenig. Du würdest also tatsächlich sagen, dass es Spaß macht im Westfalenstadion zu spielen?

Barbarez: Ganz klar: So kann man das sagen!

schwatzgelb: Nichtsdestotrotz muss man im Endeffekt aber auch feststellen, dass es dennoch nicht optimal gelaufen ist für dich! Wie kann man sich denn die große Diskrepanz zu deinen zumeist überzeugenden Leistungen in Hamburg erklären?


Barbarez: Ich muss zugeben, dass ich mich insgesamt in Hamburg schon wohler fühle. Das meine ich aber auf den sportlichen Bereich bezogen. Denn hier stehen alle Mann vollkommen hinter mir, was mir natürlich ein viel besseres Gefühl gibt. Zusätzlich kommt mir auch das etwas offensiver ausgerichtete System zugute.

schwatzgelb: Welchen Anteil hat denn daran dein jetziger Trainer Frank Pagelsdorf?

Barbarez: Das kann jetzt nicht nur an seiner Person festgemacht werden. Es könnte auch ein anderer Trainer sein. Bei ihm spüre ich aber das nötige Vertrauen. Er weiß eben, was er an mir hat und umgekehrt.

schwatzgelb: Und dieses Vertrauen, das du bei Frank Pagelsdorf verspürst, wurde dir von Michael Skibbe oder Bernd Krauss nicht entgegengebracht?

Sergej Barbarez

Barbarez: Ich denke mal behaupten zu dürfen, dass es beim zweitgenannten nicht der Fall war. Bei Michael Skibbe war es OK. Unter ihm habe ich im ersten Jahr ja auch einige Spielzeit bekommen. Bei Bernd Krauss war es dagegen schon recht schlimm und zumindest teilweise ist aus meiner Sicht daraus auch das Problem mit den Fans entstanden.

schwatzgelb: Dein zweiter Trainer war dann ja auch nach elf Spielen schon wieder weg? Das verwundert dich insofern sicherlich auch nicht, oder?


Barbarez: Ne, auf keinen Fall! Er versuchte sich auf die Kosten mancher Spieler autoritär zu zeigen, doch wie man sehen konnte, hat er damit sehr falsch gelegen!

schwatzgelb: Wäre auch mit ihm noch eine Trendwende eingetreten oder hätte dem BVB so erst recht der Abstieg gedroht?

Barbarez: Ach, das weiß ich nicht! Es ist im Nachhinein auch schwer zu sagen. Der Verein hat jedenfalls gehandelt und neue Trainer geholt, was sich letztendlich ausgezahlt hat. Und das ist ja schließlich das Wichtigste.

schwatzgelb: Es war zu hören, dass du dir sogar ein erneutes Engagement beim BVB vorstellen könntest. Stimmt das tatsächlich?

Barbarez: (sehr entschieden) Ja, genau!

schwatzgelb: Trotz der schwierigen Situation, gerade in den letzten Monaten?

Barbarez: Na klar, denn mittlerweile bin auch ich schon 29 und weiß, wie es im Fußball läuft oder halt laufen kann...

schwatzgelb: Da diese Antwort manche doch etwas überraschen könnte: Was genau beim BVB wirkt so anziehend auf dich? Die Mannschaft und der Trainer oder gar das Stadion mit seinen Fans?


Barbarez: Wie gesagt: So schlecht habe ich meine Zeit in Dortmund nicht gesehen. Es war vielleicht der falsche Zeitpunkt in sportlicher Hinsicht. Ansonsten habe ich mich aber rundherum wohl gefühlt. Ich könnte mir vorstellen, dass es mit einem Trainer, der auch hinter Einem steht, wesentlich besser laufen würde.

schwatzgelb: Sergej, an einer Frage komme ich nicht vorbei. Zuviel wurde darüber gesagt, zu viel geschrieben: Was denkt denn nun Sergej Barbarez von den BVB-Fans?

Barbarez: Gute Frage! Meine schlechten Erfahrungen, sind halt bekannt. Das sollte man auch ehrlich zugeben. Aber meiner Meinung nach, sollten sich auch immer beide Seiten fragen, ob sie alles richtig gemacht haben!

schwatzgelb: Wäre es denn in irgendeiner Weise eine besondere Genugtuung ein Tor gegen den BVB zu schießen?

Barbarez im BVB-Dress
Barbarez: Ach Quatsch! Ich habe doch nicht vor jemandem zu schaden! Ich spiele jetzt mit Herz für den HSV. Und FÜR diesen will ich möglichst viele Tore erzielen und nicht welche GEGEN einen Verein machen!

schwatzgelb: Woran machst du es denn persönlich fest, dass es mit den Fans so schlecht gelaufen ist?

Barbarez: Ach, das ist schwer zu sagen. Vermutlich trägt dabei jeder eine gewisse Schuld. Es kam dann eben noch erschwerend hinzu, dass wir eine miserable Saison gespielt haben. Die Leute brauchten einen Sündenbock und die Wahl ist leider auf mich gefallen. Ich bin aber nicht nachtragend und die Sache ist für mich eigentlich gegessen. Auch wenn es manche Zeitungen etwas anders darstellen. Doch da ist nix dran! Wie bekannt, habe ich zu vielen Spielern immer noch ein sehr gutes Verhältnis und war mit einigen von ihnen im Urlaub. Es gibt eben wichtigeres als Fußball und man sollte sich auch nach der Karriere noch ins Gesicht schauen können!

schwatzgelb: Abschließend vielleicht noch eine kleine Prognose: 1.: Wo landet der HSV am Ende der Saison? 2.: Wo der BVB? 3: Wirst du Torschützenkönig und was bedeutet dir dieser Titel?

Barbarez: Ich hoffe natürlich wir stehen am Ende vor dem BVB. Doch dieser spielt eine gute Runde und kann hoffentlich wieder einen internationalen Wettbewerb erreichen. Wir müssen uns überhaupt erst einmal hocharbeiten in der Tabelle. Dabei sollten wir aber vorerst nur von Spiel zu Spiel denken und sorgen in Zukunft hoffentlich für keine weiteren Negativ-Schlagzeilen mehr.

schwatzgelb: Bloß nicht so selbstlos! Wie sieht es denn nun mit der Torjägerkanone aus?

Barbarez: Das spielt im Moment überhaupt keine Rolle! Überhaupt nicht!

schwatzgelb: Danke für die offenen Worte, Sergej, und viel Glück in der Zukunft. Für heute zwar eher weniger, aber dafür nachher um so mehr, im Kampf gegen Sand um die Torjägerkanone...

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