Rudi und die Ballermänner - Alles nur geträumt !
Ab sofort gilt die neue alte Sprachregelung bei den blau-weiss gekleideten Asseln aus dem mittleren Ruhrgebiet: In diesem Verein wird nicht mehr von „den Verantwortlichen“ geredet, sondern nur noch von „dem Allesverantwortlichen“ Ein kleiner Ausflug auf die balearische Sonneninsel hat für die endgültige Rückkehr zu „Schalker Verhältnissen“ gesorgt. Sie sind zurück: Die Luftschlösser und der Traum vom unerreichbaren Erfolg.
Es ist wieder wie damals im Land der Sonnenkönige und Pommes-Frites-Fürsten. Die Fussballgeschichte hatte dem Möchtegern-Arbeiterverein aus dem Gelsenkirchener Nobelstadtteil Buer immer wieder gezeigt, dass die Allmacht eines Präsidenten - hieß er nun Siebert, Eichberg oder Kremers - den Verein in das Chaos der Willkür und Misswirtschaft getrieben hat. Schuldenberge, drei Abstiege aus der ersten Liga und ein Beinahe-Abstieg aus der zweiten waren die logische Folge.
Doch dann schienen sie sich wieder aufzurappeln, zwischenzeitlich war Besonnenheit (manche sprachen so gar schon von Bescheidenheit) eingekehrt und man hatte schon fast Angst, die Asseln würden es wirklich schaffen, durch solide Arbeit und geschickte Arbeitsteilung in erfolgreiche Fahrwasser zurückzukehren.
Denn vor einigen Jahren kam mit „Assi“ Erich Rehberg ein Präsident an die Macht, der es bevorzugt, die Fäden im Hintergrund zu ziehen, was offensichtlich für Kontinuität sorgte.
Die letzten Tage haben uns dann gezeigt, dass wir beruhigt sein können:
Endlich wieder ein Sonnenkönig
Die Zeit der Sonnenkönige ist auf die Berge(r)halde zurückgekehrt. Ruhe und Frieden ist gut für die Mannschaft, aber schlecht für’s Marketing, dachte sich vor allem der Mann, der sich vorgenommen hat aus dem tuffigen Knappenverein FC Schlacke einen Multimedia-Zirkus zu machen. Diesmal ist es nicht ein gewählter Präsident, der die totale Machtergreifung demonstriert, sondern der „Manager“. Nach Finanzhoheit über das Management des Vereins, Hausrecht im neuerbauten Vogelkäfig, Geschäftsführer der immer noch im Verborgenen tätigen - aber seit langem gegründeten - Aktiengesellschaft nun auch die Machtergreifung über die sportliche Leitung.
Rudi „Cigar“ Assauer, der Chefpyrotechniker der Liga, der bisher mit seinen Attacken vorzugsweise seinen ehemaligen Heimatverein Borussia Dortmund ins Visier nahm, hat nun auch zum Angriff auf die eigene Mannschaft geblasen.
Mit den Rückspielen der Championsleague-Vorrunde begann der Weg in die neue Richtung: Stumpen-Rudi trat mit einem Gesicht an die Öffentlichkeit, dass unter Kampfhundkriterien zur Maulkorbpflicht gereicht hätte und zeigte, wer die Macht im Hause ist.
Am Tage vor dem - nach drei Niederlagen schon fast unwichtig gewordenen - Auswärtsspiel auf der Sonneninsel konnten es sich die Spieler offensichtlich nicht verkneifen, ein wenig von der Ballermannstimmung mitzunehmen, also wurde feuchtfröhlich ausgegangen und scheinbar ein wenig zu viel und zu lange. Zu allem Überfluss waren die beiden verletzten Leistungsträger Emile Mpenza und Andy „Sissy“ Möller demonstrativ nur mit ihren Privatvergnügen beschäftigt.
Da war dann wohl zu viel des Guten, Huub Stevens ist einfach zu nett, um mit dieser Ballermanntruppe selbst fertig zu werden, also schaltete sich sein „Big Brother“ selbst ein. Schliesslich war Rudi Cigar in der von Abstieg und finanziellem Ruin geprägten Saison 80/81 schon einmal Halb-Trainer und Halb-Manager des FC Schlacke und meint nun wohl zu wissen wie es geht.
„Huubwagen“ Stevens ist jetzt nur noch ein Platzhalter auf der Trainerbank – von seinem Aufseher wohlgeduldet, weil sonst die Verständigung mit der traditionell flämisch sprechenden Mannschaft nicht aufrecht erhalten werden kann. Nicht anders ist es zu erklären, dass dieser Machtmensch mit der Zigarre ungestraft die Mannschaft auseinander nehmen darf, einzelne Spieler öffentlich diskreditieren und allen Spielern die sofortige Freigabe erteilen kann.
Emile Mpenza, zur Zeit wohl der einzige Spieler von internationaler Klasse (wenn auch mit derzeitiger Formschwäche) auf der Gehaltsliste von Rudi Cigar durfte als erster diese neue Situation zu spüren bekommen.
In allen Zeitungen wurde von ihm verkündet, dass dieser junge Spieler ein Arbeitsverweigerer sei, weil er sein Leiden, mit dem er ständig seine Arbeitsunfähigkeitsbescheinung verlängern lässt, nicht behandeln lassen will.
So ganz nebenbei wurde dann auch auf die Ablöse von DM 50 Mio. hingewiesen - ein Betrag, der den Schuldenhaushalt wohl für diese Saison sanieren würde.
Nein, so einer gehört nicht in die Mannschaft der „ehrlichen Arbeiter“, der kann nur mit Technik, der passt nicht in die königsblaue Corporate-Identity. All das wurde ganz offiziell von R.C. unter die Leute gebracht, damit alle wissen, wer der eigentliche Herr im blauweißen Käfigland ist.
Eigentlich wäre in diesem Falle eine Disziplinarmaßnahme die Aufgabe des Trainers gewesen und das natürlich ohne die Öffentlichkeit. Aber um absolute Macht zu demonstrieren, muss man als Alleinherrscher schon mal ein Exempel statuieren. Mithin nicht nur ein Beweis für die Stärke der Zigarrenraucher sondern auch für die Schwäche des Fußballlehrers aus Holland.
Aber damit nicht genug, um endlich klare Verhältnisse zu schaffen wurde auch gleich der ganzen Mannschaft (!) nahe gelegt, den Arbeitgeber zu wechseln. Scheinbar um zu zeigen, dass nicht der Trainer die Verantwortung für die desolaten Leistungen der vergangen Wochen übernehmen muss.
Was ja auch schlecht geht, wo doch der sympathische Huub überhaupt keine Verantwortung mehr hat, denn die wurde ihm schon längst von dem allmächtigen Mann mit der Vorliebe für Mountainbikes und Nadelstreifen entzogen.
Jubel bei den Fans
Wie schön für alle, dass zu einem Zeitpunkt der absoluten Hoffnungslosigkeit, ein Mensch sich traut, die richtigen Worte zu sprechen und die Mannschaft zum Erfolg zurückzuführen. Sofort wurde alles besser, die Aura des Demagogen hat scheinbar alles gerichtet, denn sofort wurde das schwierige Auswärtsspiel in der Championsleage beim Angstgegner Real Mallorca glatt mit 4:0 gewonnen.
Ohne jeden Zweifel ist für die schon vor langer Zeit kritikunfähig gemachte Fangemeinde hier das richtige Wort zum richtigen Zeitpunkt gesprochen worden und alle sind ihm dankbar.
Big Brother - ihr Oberguru, besser gesagt, ihre Oberassel hat wie immer alles richtig gemacht – das dachte man.
Denn
lange hat es nicht vorgehalten, das Spiel mit der Angst, die Furcht vor dem
Jobverlust, die Drohung mit der Bombe, denn bei nächster Gelegenheit wurde
wieder geschwächelt. Alle Hochrechnungen der frisch genesenen Anhängerschaft
wurden schnell zunichte gemacht. Da man theoretisch ja sogar noch Gruppensieger
werden konnte war für die chronisch an Realitätsverlust leidenden Unterasseln
schnell klar, dass es doch noch funktioniert.
Was heisst hier UEFA-Cup ? Sie waren praktisch schon Gruppensieger mit drei
Siegen und drei Niederlagen – völlig klar.
So bleibt man Favorit in der Champions-Leage.
Klar
war das aber nur bis zum Auswärtsspiel in Athen, denn die Gegner spielten ja völlig
überraschend auch noch mit.
Seitdem ist gewiss, dass es auch im dieser Saison
keinen Championsleage-Sieg für die Schlacker geben wird.
Nicht dass wir es
ernsthaft befürchtet hätten, aber die Luftschlösser waren ja unerträglich,
denn die alleinige Teilnahme an diesem Wettbewerb war ja für die meisten fehlgeleiteten Fans mit blauweißen Leibchen Beweis
genug, dass der Sieger schon feststeht.
Ach
ja, dann war da ja noch der UEFA-Pokalsieg, dem leider für den FC Schlacke noch
die Qualifikation über den 3. Platz der Vorrunde vorgeschaltet wurde. Hierzu
musste ja "nur" gegen den FC Arsenal gewonnen werden, bei gleichzeitiger
Niederlage von Real Mallorca. Obwohl "Sissy" nach seiner öffentlichen
Schelte durch Asselrudi (und jetzt auch mal Huub), sich gegen die 2. Mannschaft
von Arsenal wieder so richtig reingehängt hat und es zu einem 3:1 reichte, kam
nichts dabei heraus.
Wieder spielte leider auch die Konkurrenz mit. Und da wollte sich Real Mallorca
natürlich nicht das Heimspiel nehmen lassen - sie gewannen und der FC Schlacke
verlor alle seine Träume.
Und zum Abschluß stellt sich natürlich auch die Frage, ob die Reize des Ballermanns auf Mallorca nicht viel eher Motivation waren, als das Geballere des Diktators. Denn immerhin wurde dort trotz High-Life am Vortag und ohne Andy „Sissy“ Möller lässig gewonnen. Wie wär’s denn mal mit regelmässigen Trainingslager auf den Belearen vor wichtigen Spielen, Herr Assauer ?
Nun, wie es denn auch passiert ist, es spielt jetzt keine Rolle mehr. Vorbei ist die Zeit des Aufschwungs, nur noch die Luftschlösser haben Aussicht auf die ganz grossen Erfolge. Der Europapokal ist für dieses Jahr passé. An Meisterschaft ist zur Zeit wohl nicht zu denken, aber es bleibt ja noch der Pokal - alles wieder wie früher.
Ballermann rulez ! – der FC Schlacke ist wieder die Kirmes der Liga