Spielbericht Profis

Dramatische Schlussphase - BVB entscheidet Duell der Joker für sich

12.03.2018, 09:11 Uhr von:  DM
Fahnenintro in Block 12/13

Augsburg, Leipzig, Salzburg – nach zuletzt drei aus verschiedenen Gründen nicht alltäglichen Spielen gab es gestern endlich wieder ein Fußballspiel mit Dortmunder Beteiligung, das von den Rahmenbedingungen her dem Traditionsbewusstsein zahlreicher Schwarzgelber entsprochen haben dürfte. Das Duell des BVB gegen Eintracht Frankfurt war zugleich das Aufeinandertreffen der jüngsten Protagonisten im Protest gegen die Montagsspiele: Während die Frankfurter im Heimspiel gegen den Brauseverein aus Leipzig auf laut und schrill setzten, verliehen die Dortmunder Anhänger ihrem Protest gegen den ungeliebten Termin im Duell gegen Augsburg durch Abwesenheit Ausdruck. Gestern herrschte endlich wieder Alltag auf den Tribünen - allerdings auch im negativen schwarzgelben Sinne, doch dazu später mehr.

Vor dem Anstoß richtete zunächst der Fanclub „Brotherhood Dortmund“ zu den Klängen von „You’ll never walk alone“ Genesungswünsche an ein erkranktes Gruppen-Mitglied. So hieß es auf ihren Bannern in Block 82 der Südtribüne: „Kämpfer bleibt Kämpfer! Du packst das, Jörg!“

Stöger stellte das Team um, Frankfurt mit Fünferkette

Akustisch waren die Frankfurter überlegen

Peter Stöger reagierte für das Spiel auf die jüngsten, blutleeren Auftritte und formierte das Team auf einigen Positionen neu. So bildeten Manuel Akanji und Ömer Toprak die Innenverteidigung im 4-2-3-1-System. Lukasz Piszczek kehrte auf die Rechtsverteidiger-Position zurück, sodass Castro wieder auf die zuletzt angestammte Position in der Doppel-Sechs an der Seite von Mo Dahoud vorrückte. Die offensive Dreierreihe hinter der zentralen Spitze André Schürrle bildeten links Maximilian Philipp, zentral Marco Reus und rechts Christian Pulisic. Die Frankfurter versuchten der Dortmunder Offensivkraft mit einer Fünfer-Kette zu begegnen. Dies sollte jedoch zunächst nur von bedingtem Erfolg sein.

Die Borussia startete zielstrebiger in die Partie. Reus verfehlte mit seinem Schuss das Tor (7.) und auch Schürrle verpasste das 1:0 nach einer Pulisic-Flanke von der rechten Seite (10.). Doch nur Momente später fiel der verdiente Führungstreffer, als Marco Russ eine erneute Hereingabe von Christian Pulisic über die eigene Torlinie grätschte (12.). Und der BVB besaß weitere Torchancen, wenn auch zunächst keine hundertprozentigen. Schürrles abgefälschter Schuss ging nur ans Außennetz (21.) und bei Reus‘ Torschuss nach Vorarbeit von Dahoud wurde der Winkel letztlich zu spitz (23.). In der Folgezeit ebbte der schwarzgelbe Sturm jedoch ab und an der Strobelallee trat Windstille ein. Am Ende der ersten Hälfte stand somit eine knappe, aber verdiente 1:0-Führung.

Lethargie auf den Rängen

Dortmunder Torjubel zum 1:0

So überlegen die Schwarzgelben auf dem Rasen zumindest in der Anfangsphase gewesen sein mögen – auf den Rängen waren sie es in den ersten 45 Minuten nicht. Der bekannt stimmgewaltige Frankfurter Anhang stellte in den Blöcken 60 und 61 die Südtribüne deutlich in den Schatten. Die Lethargie auf der Gelben Wand steht der Dortmunder Kreativlosigkeit auf dem Rasen der jüngsten Wochen und Monate damit weiterhin in Nichts nach. Nach dem aktuellen Stand der Dinge hat die Bündelung aller „Sangesfreudigen“ in den Blöcken 12 und 13, zu der das Fanbündnis „Südtribüne Dortmund“ zu Saison-Beginn aufgerufen hat, um der Südtribüne mehr Leben einzuhauchen, ihr Ziel bisher noch nicht erreicht. Es ist fraglich, ob hier mittelfristig überhaupt noch eine dauerhafte Besserung zu erreichen ist. Möglicherweise muss man sich letztlich auch mit dem Gedanken abfinden, dass es das Westfalenstadion-Roar auf absehbare Zeit schlichtweg so nicht mehr geben wird, weil sich das Publikum entsprechend geändert hat.

Solidarische Grüße nach Kurdistan – Stunde der Joker in der Schlussphase

Manuel Akanji gegen Kevin Price Boateng

Vor der zweiten Hälfte wurden von der Südtribüne solidarische Grüße nach Kurdistan gesendet. Auf einem Banner im Stimmungsblock Drölf war an die Adresse der kurdischen Streitkräfte in Nordsyrien zu lesen: „Biji YPG! #DefendAfrin“ Welche Personen oder welche Gruppe für das Spruchband verantwortlich war, war zunächst nicht auszumachen.

Beide Teams wechselten vor dem Wiederanpfiff jeweils einmal aus: Der BVB brachte Julian Weigl für Dahoud und Frankfurt Jonathan De Guzman für Ante Rebic. Die Gäste starteten druckvoll in die zweite Spielhälfte. Roman Bürki wehrte Boatengs Hackenschuss zur Ecke ab (47.). Vom BVB war zunächst wenig zu sehen, es zeichnete sich der übliche Verlauf der letzten Zeit ab, dass starke Phasen stets nur von kurzer Dauer sind und dann der Gegner durch Fahrlässigkeiten wieder aufgebaut wird. Der BVB selbst leistete sich zu viele Fehler und Ungenauigkeiten im eigenen Offensivspiel, sodass das erlösende 2:0 in weiter Ferne lag. Und so kam es, wie es kommen musste: Einen Freistoß von De Guzman von der rechten Außenbahn köpfte der ebenfalls eingewechselte Luka Jović zum 1:1 in die Maschen (75.). Doch auf der Gegenseite traf ebenfalls ein Joker: Michy Batshuayi verwertete ein Zuspiel von Pulisic an den Strafraum zur erneuten Führung (77.). Doch auch diese erneute Führung brachte die Stöger-Elf nicht über die Zeit. Eine Hereingabe von da Costa schob der Joker Danny Blum in der Nachspielzeit zum 2:2 ins Dortmunder Tor (90.+1). Doch Dortmund schlug noch einmal zurück: Piszczeks Vorarbeit verwertete Batshuayi zum 3:2 (90.+4).

Michy erzielte in der Schlussphase zwei Jokertore

Auf den Rängen blieben die Frankfurter übrigens auch in der zweiten Hälfte tonangebend – bis zum 2:1 durch Batshuayi. Der späte Ausgleich schien die gewohnten Verhältnisse auf den Rängen jedoch wieder herzustellen, doch Batshuayis zweiter Treffer versetzte die Südtribüne in Ekstase, die auch nach dem Spiel noch anhielt. Hier war kurzzeitig zu erleben, wozu diese Tribüne durchaus noch in der Lage ist.

Statistiken

BVB: Bürki – Schmelzer, Toprak, Akanji, Piszczek – Castro, Dahoud (46. Weigl) – Philipp (62. Batshuayi), Reus (87. Sokratis), Pulisic – Schürrle.

Frankfurt: Hradecky – Chandler, Salcedo Hernandez (78. Blum), Abraham, Russ, da Costa – Prince-Boateng, Hasebe – Wolf – Haller (67. Jović), Rebic (46. De Guzman).

Die Welle nach Abpfiff vor der Südtribüne

Tore: 1:0 Russ (12., Eigentor), 1:1 Jović (75.), 2:1 Batshuayi (77.), 2:2 Blum (90.+1), 3:2 Batshuayi (90.+4).

Schiedsrichter: Deniz Aytekin.

Zuschauer: 81.360 (ausverkauft).

Gelbe Karten: Dahoud, Akanji, Bürki – Russ, Rebic, Salcedo.

Zweikämpfe: 117:116.

Zweikampf-Quote in Prozent: 50:50.

Ballkontakte: 534:615.

Ballbesitz in Prozent: 46,1:53,9.

Gespielte Pässe: 359:413.

Passquote in Prozent: 69,36:76,27.

Torschüsse: 13:10.

Abseits: 4:4.

Ecken: 5:8.

Flanken: 17:28.

Foul gespielt: 19:11.

Die meisten Torschüsse: Reus (4) – Blum, Boateng (je 2).

Die meiste Torschussvorlagen: Reus (2) – Abraham (1).

Die meisten Ballkontakte: Schmelzer (73) – Boateng (73).

Die Zweikampfstärksten in Prozent: Castro (60) – Salcedo (80).

Trainerstimmen

Peter Stöger hatte gut lachen
Niko Kovac (Eintracht Frankfurt): „Das war ein Dortmunder Sieg, der knapp ausgefallen ist. Wir haben in der ersten Hälfte nicht stattgefunden,

keinen Fußball gespielt und die Bälle planlos nach vorne gehauen. Wenn du das in Dortmund so machst, kannst du von Glück reden, dass du nur 1:0 hinten liegst. Ich muss aber ein Kompliment für die Reaktion in der zweiten Hälfte machen. Die Jungs haben an sich geglaubt. Nach den Toren hatten sie aber wohl zu viel Adrenalin, da musst du ruhiger spielen. Das ist ärgerlich, denn wir hätten das Spiel nicht verlieren müssen und dürfen.“

Peter Stöger (BVB): „Wir haben es Frankfurt in der ersten Hälfte richtig schwer gemacht hinten herauszuspielen. Das war die beste Hälfte seit einigen Wochen. In der zweiten Hälfte waren die Frankfurter klar verbessert, kontrollierter im Spiel, waren dominanter und körperlicher. Wir haben uns mehr gewehrt als in den letzten Wochen, das war auch wichtig zu zeigen, dass wir bereit sind, auch unangenehme Arbeit anzunehmen. Den Faktor Glück nehmen wir heute gerne mit.“

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