Vom Bosz zum Stöger – Pro und Kontra des Trainerwechsels unter der Saison
Was spricht für den Trainerwechsel von Peter Bosz zu Peter Stöger? Was sind die Argumente, die gegen den neuen Übungsleiter sprechen? Gastautor Jannik hat sich darüber Gedanken gemacht.
„Endlich“, „Gott sei Dank“ und „zum Glück“ waren die bestimmenden Reaktionen, als Aki Watzke und Susi Zorc auf der außerordentlichen Pressekonferenz am vorigen Sonntag die Beurlaubung von Peter Bosz bekannt gaben. Dennoch stehen einige Fans einem Trainerwechsel mitten in der Saison zumindest skeptisch gegenüber.
Der letzte Trainerwechsel unter der Saison fand im Jahr 2007 statt, als Jürgen Röber zurücktrat und Thomas Doll übernahm. Auch damals war unsere Borussia in einem heftigen Abwärtstrend und sogar im Abstiegskampf. Doll führte den BVB mit 15 Punkten aus sechs Spielen in den Klassenerhalt.
Seit zehn Jahren sind wir es also gewohnt, dass ein und derselbe Trainer die Saison beginnt und beendet. Doch wie wird sich der Trainerwechsel auf unsere Mannschaft und Leistung auswirken? Ein Pro und Kontra kann helfen, die Gedanken zu ordnen:
Pro
Hörte man sich die letzten Wochen bei den Fans um, insbesondere im Stadion, resignierten viele und hofften tatsächlich auf einen Trainerwechsel. „Hoffe, dass wir heute derbe verlieren, damit der Bosz endlich fliegt“, konnte man vernehmen. Viele Fans, auch ich, waren wie paralysiert. Besonders das gefühlt verlorene Derby war ein Punkt, an dem viele keine Lust mehr auf die Durchhalteparolen der Mannschaft und des Trainers hatten. Somit kann man sagen, dass die Stimmung im Stadion durch diesen Wechsel wieder Aufwind bekommen sollte und Nobby bei seiner Traineransage nach der Mannschaftsaufstellung wieder eine lautere Antwort bekommen wird.
Dass wir Fans im Stadion Einfluss auf die Stimmung im Verein und der Mannschaft haben, haben wir schon zu Genüge bewiesen. Daher kann dies erst mal als positiver Punkt gesehen werden. Jedoch sollte dies mit Vorsicht bedacht sein, denn wenn die Siege weiterhin ausbleiben, wird die Unruhe sicher schnell zurückkehren.
Bestes Beispiel für einen gelungenen Trainerwechsel sind jüngst die Bayern, die Ancelotti nach einem aus Bayernsicht peinlichen Auftritt gegen Paris Saint-Germain entließen und Jupp Heynckes aus der Rente holten. Seitdem läuft es bei den Bayern leider wieder wie geschmiert. Inzwischen 13 Punkte und sechs Plätze vor uns, nachdem wir am Anfang der Saison recht deutlich vor den Bayern standen. Heynckes hat die Mannschaft taktisch, aber auch moralisch wieder hergerichtet und das nicht einmal in einer halben Saison. Grund genug, ähnliches auch von Stöger zu hoffen, ist er von der Persönlichkeit doch ähnlich ruhig und sympathisch wie Heynckes.
Kommen wir nun zu Stöger: Ein neuer Trainer und damit teilweise neuer Staff können durch neue Impulse und eine differenziertere Herangehensweise viel bewirken. Ist es doch Peter Stögers Ruhe und Reflektiertheit, die ihn besonders auszeichnen. Ruhig war Bosz zwar auch, doch zeigte er sich häufig in Sachen Taktik und Personal sehr naiv und uneinsichtig.
Auch Stögers starke vier Jahre mit Einzug in die Europa League lassen auf eine gute Zusammenarbeit mit unserem Verein hoffen. Diese waren laut Aki Watzke ausschlaggebend für die Verpflichtung von Stöger als Bosz-Nachfolger. Die aktuelle Saison des 1. FC Köln sollte keine Rolle spielen.
Einer Trendwende steht also nichts im Weg... oder?
Kontra
Leider ist da, wo Licht ist, auch Schatten. Borussia Dortmund hat auch schon schlechte Erfahrungen mit Trainerwechseln unter der Saison gemacht. Dem in der Einleitung angesprochenem letzten Trainerwechsel mitten in der Saison ging acht Spieltage vorher ein weiterer Wechsel auf dem Trainerposten voraus Bert van Marwijk (Fun Fact: ebenfalls Niederländer) musste den BVB aufgrund schlechter Ergebnisse Ende 2006 verlassen und Jürgen Röber wurde als Nachfolger festgelegt, mit Vertrag bis Saisonende, wie bei Stöger. Nach einem fulminanten Sieg über die Bayern und mächtig Euphorie schlitterte die Borussia danach in den Abstiegskampf und Röber verließ den BVB freiwillig. Sicherheit, dass ein Trainerwechsel gut verläuft, hat man also mitnichten. Um nochmals (das letzte Mal) zu den Bayern zu kommen: Heynckes hatte Teile der Münchener Mannschaft bereits erfolgreich trainiert und so viel Rückenwind, als er anfing.
Jeder, der schon einmal einen neuen Chef bekommen hat, weiß, dass es durchaus Wochen und Monate dauert, bis beide Seiten, also die Angestellten (die Mannschaft) und der Chef (der neue Trainer), ein gemeinsames harmonisches Arbeitsverhältnis schaffen. In dieser kritischen Situation, in der der Mannschaft sogar Risse untereinander nachgesagt werden, kann es lange dauern, bis eine gute „Teamchemie“ wieder voll hergestellt ist.
Womit wir zum nächsten Punkt kommen: Taktik.
Nach Bosz wildem, gar naivem Angriffsfußball mit Bürki als letztem Mann wird Stöger andere Vorstellungen haben, wie die Mannschaft stehen und spielen kann.
Ich bin kein Taktiker und schwatzgelb hat schon einen Beitrag zu dem Thema gebracht. Ich möchte jedoch bemerken, dass die jetzige Umstellung der Mannschaft wieder für Fehler im Bereich Abstimmung und Spielfluss sorgen wird. Die Mannschaft hat nun über Monate das Bosz'sche System gelernt und muss sich umstellen. Auch ein Einstieg für die verletzten Spieler wird sich dadurch hinauszögern, da diese die Arbeit zusätzlich nachholen müssen.
Und zuletzt der wohl größte Kritikpunkt an Stöger: die letzten Wochen als Köln-Trainer.
Er genoss bei den Fans starken Rückhalt und musste trotzdem gehen. Seine Bilanz bei Verlassen des Vereins: Drei Punkte aus 14 (!) Spielen. Kaum ein Trainer in der Geschichte hat eine schlechtere Bilanz. Und man darf durchaus skeptisch sein, wenn Stöger seine Mannschaft innerhalb dieser 14 Spieltage nie auf den Erfolgskurs bringen konnte.
Fazit
geschrieben von Jannik
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