Unsa Senf

Ein Plädoyer für einen Kämpfer

30.06.2016, 17:42 Uhr von:  Lionard

Wenn ich in den letzten Wochen die neuesten BVB-Nachrichten durchstöberte, überkam mich regelmäßig eine Mischung aus Wut, Enttäuschung und Kotzreiz. Den Kapitän zog es bedingt durch monetäre Heimatgelüste in den versnobten Süden, der technisch versierte Langzeitverletzte will nach einer starken Saison zu super, super Pep und Tuchels Liebling mit dem Everybody's-Darling-Berater findet nach der ersten wirklich bärenstarken Spielzeit im schwarzgelben Dress plötzlich die Insel reizvoller. Weitere Kettenreaktionen können folgen. Da frage ich mich doch: Wollt ihr uns eigentlich alle komplett verarschen?

Polnischer EM-Held

Im polnischen Trikot hat Kuba momentan Grund zum Jubeln

In diesen Tagen, in denen wir Fans von der Strobelallee schon Angst haben müssen, dass uns die Urlaubsvertretung des Zeugwarts weggekauft wird oder dieser plötzlich keine Lust mehr hat, für den geilsten Verein der Welt zu arbeiten, heitert mich die mögliche Rückkehr eines alten Bekannten spürbar auf: Nach einer Leihe zum AC Florenz kehrt Jakub Błaszczykowski zum 1. Juli offiziell nach Dortmund zurück. Obwohl Kuba aufgrund eines Muskelfaserrisses bei der Fiorentina nur 20 Pflichtspiele absolvierte und in der zweiten Hälfte der Saison primär auf der Bank saß, entwickelt sich unsere Nummer 16 bei der EM aktuell zu Polens Shootingstar Nummer 1.

Adam Nawałka nahm ihm die Binde – die fußballerische Klasse kann ihm aber keiner entreißen. Seit Dezember 2014 ist Kuba nicht mehr der Kapitän der polnischen Nationalmannschaft. Diese Ehre wird nun nach Anordnung des Nationaltrainers Robert Lewandowski zuteil. Die Torgefahr ist momentan allerdings Kubas Job: Gegen Nordirland bereitete er einen Treffer vor, gegen die Ukraine und die Schweiz konnte er sich selbst als Torschütze feiern lassen. Seine weit aufgerissenen Augen, der brachiale Torschrei beim Jubeln und der Gruß zum Himmel an seine verstorbene Mutter begeistern mich ehrlich gesagt 1909 Mal mehr als eine bayerngespickte DFB-Elf, in der Julian Weigl nur zusehen darf.

Entscheidender Faktor: Thomas Tuchel

Was plant Thomas Tuchel mit Kuba?

Aber nun schwatzgelber Klartext: Im Angesicht der Abgänge und Wechselgelüste unserer besten Spieler sollte der BVB unbedingt darüber nachdenken, Kuba wieder ins Team zu integrieren. Laut seinem Berater Wolfgang Vöge will er zurück nach Dortmund, Gespräche mit Tuchel und Zorc sollen aber erst nach der Euro geführt werden. Nach dem Ende des Turniers wird Kuba genug Argumente dafür geliefert haben, ihn zurückzuholen. Auch abgesehen vom restlichen Glauben an eine unabhängig vom Geld existierende Liebe zwischen Verein und Spieler liegen die sportlichen Vorzüge einer Rückholaktion auf der Hand: Falls Mkhitaryan den Verein verlässt, wird Kubas alter Stammplatz auf der rechten offensiven Außenbahn wieder frei. Die Konkurrenz erscheint durch die Verpflichtungen von Mor und Dembélé groß, der Pole könnte sich aber als „Dompteur im BVB-Kindergarten“ erweisen und mit seinem Kumpel Piszczek wie in guten alten Zeiten das gefürchtete Duo auf der rechten Seite bilden. Kuba könnte dem neustrukturierten Mittelfeld mit seiner körperbetonten Spielweise die Vielseitigkeit verleihen, die in Kombination mit den neuen, filigranen Kräften den Überraschungseffekt in unser Team zurückbringen könnte. 32 Buden und 52 Vorlagen in 253 BVB-Spielen sind weitere Argumente für ein Comeback und lassen sich hinter keiner Dinkelkekstüte dieser Welt verstecken.

Apropos: Die entscheidende Komponente in der Causa Kuba könnte Thomas Tuchel werden. Da unser Trainer schon im letzten Spätsommer den 30-Jährigen Publikumsliebling anscheinend nicht vehement zum Bleiben bewegen wollte, stellt sich die Frage, ob sich an seiner Einschätzung wirklich etwas geändert hat. Abgesehen davon hätte Tuchel eindeutig die taktische Finesse, um Kuba optimal für seine Spielvorstellung nutzen zu können.

"Ich komme stärker zurück"

Jakub Błaszczykowski nach seinem Kreuzbandriss
Auch ohne ManU-Miki sind die Optionen auf Kubas Position vielfältig und mit seiner eher bulligen Erscheinung erfüllt Błaszczykowski nicht gerade das Tuchel-Ideal eines perfekten Spielers. Erfahrung, Zweikampfstärke und das blinde Verständnis mit dem Hintermann sind jedoch in manchen Spielen einfach nicht zu ersetzen. Falls der Trainer für Kuba einen festen Platz im Team findet und er nicht nur die toskanische gegen die westfälische Ersatzbank tauschen soll, kann ein Wiedersehen Wirklichkeit werden. Nach seinem Kreuzbandriss im Januar 2014 schrieb Kuba auf sein Trikot: "Ich komme stärker zurück". Nach den bisherigen EM-Auftritten wird er damit bei einer möglichen Rückkehr ins Westfalenstadion Recht behalten haben.


In Folge einer langen Durststrecke ist unsere Nummer 16 wieder auf dem Weg zu alter Stärke, die dem schwarzgelben Herz in den letzten Jahren so viel Freude bereitet hat. In seiner Biografie sagt Kuba: "Zu kämpfen und nie aufgeben. Das hat mich das Leben gelehrt, aber auch der Fußball." Selten habe ich so einer Aussage eines Fußballers mehr Glauben geschenkt. Und wenn ein echter Kämpfer in Topform auf dem Rückweg in die alte Heimat ist, sollte man schleunigst zugreifen, ehe uns die anderen europäischen Topclubs noch eine Säule der erfolgreichen Zeit wegschnappen. Wir würden einen Spieler bekommen, der auch in der heutigen Zeit noch weiß, was Vereinsliebe bedeutet ("Dortmund wird immer mein Platz sein") und in dem Tuchel‘schen Puzzle für die heute ungewiss erscheinende nächste Saison ein ganz wichtiges Element werden könnte. Susi, greif zu!

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