Warmlaufen

FK Krasnodar: Der Club, der gerne wie Dortmund wäre

16.09.2015, 16:09 Uhr von:  Redaktion

Am Donnerstag geht für unseren geliebten Ballspielverein dann auch die Europa-League-Saison so richtig los. Denn bei allem Respekt vor unseren beiden bisherigen Gegnern: Wolfsberg und Odd waren lediglich dankbare Sparringspartner für den BVB. Der FK Krasnodar ist sicher ebenfalls kein Schwergewicht im europäischen Fußball, wird unsere Borussia aber definitiv vor deutlich größere Probleme stellen als die Teams aus Österreich und Norwegen.

Die Gäste aus der südrussischen Industriestadt waren die große Überraschung der vergangenen Premier-Liga-Saison. Nur sieben Punkte hinter Meister Zenit St. Petersburg und nur wegen der schlechteren Tordifferenz hinter ZSKA Moskau erreichte Krasnodar den 3. Platz. Das Prunkstück dieser Mannschaft war die Defensive. Mit 27 Gegentoren wies der FK den zweitbesten Wert der Liga auf – nur Meister Zenit war besser. Das großgewachsene schwedisch-isländische Innenverteidiger-Duo Andreas Granqvist und Ragnar Sigurdsson stellte sich für viele Offensiv-Reihen als unüberwindbare Hürde heraus. Ragnar Sigurdsson machte mit Island vor einer Woche die EM-Quali perfekt. (Bild: Wikipedia / Tobias Klenze / CC-BY-SA 3.0)

In der Offensive seines 4-3-3-Systems setzt Trainerfuchs Oleg Kononov gerne auf kleine, wendige Spieler. Ricardo Laborde und Vladimir Bystrov wirbeln auf den Flügeln, und im Sturm-Zentrum lauern die Brasilianer Ari oder Wanderson. Das Mittelfeld besteht meist aus zwei Spielgestaltern und einem Zerstörer. Letzteren Part übernehmen gerne Odil Akhmedov oder Stefan Strandberg. Für die kreativen Momente sind die beiden technisch bestens ausgebildeten Yuri Gazinskiy und Pavel Mamaev zuständig.

Krasnodars Problem: Der Punch fehlt

Den einen großen Star, wie Hulk bei Zenit oder Seydou Doumbia bei ZSKA Moskau, gibt es beim FK Krasnodar nicht. Das macht diese Mannschaft zwar auf der einen Seite weniger berechenbar. Doch auf der anderen Seite fehlte Krasnodar in dieser Saison oft dieser eine Spieler, der in engen Partien den Unterschied ausmacht. Daher ließ der Club in dieser Spielzeit schon einige Federn. Mit zwölf Punkten aus den ersten acht Spielen vermied Krasnodar zwar den ganz großen Fehlstart. Doch in den ausgeglichenen Spielen, in denen der FK nicht als Sieger vom Platz ging, hätte dem Club jeweils dieser eine Spieler gefehlt, der den entscheidenden Punch setzen kann. Während die Defensive in allen Partien stabil wirkte, fehlten Krasnodar in der Offensive regelmäßig die zündenden Ideen. Zumindest in der Europa League lief es für den russischen Verein in dieser Saison im Angriff ein wenig besser. In den vier Qualifikationsspielen gegen Slovan Bratislava und HJK Helsinki gelangen den Russen zehn Treffer, mit denen sie ich jeweils souverän durchsetzten.

Ein Grund für die relativ harmlose Offensive könnte der Umstand sein, dass mit Roman Shirokov und Marat Izmailov zwei wichtige Mittelfeldmotoren vor der Saison den Verein verließen. Ein anderer Grund ist womöglich die Tatsache, dass diese Mannschaft in dieser Konstellation noch nicht allzu lange zusammenspielt. Der erst 2008 vom Eigentümer der größten russischen Einzelhandelskette gegründete Verein hat in den vergangenen beiden Transferperioden dank des jüngsten Erfolgs und der spendierfreudigen Art des milliardenschweren Gönners viele neue Spieler verpflichtet – so viele, dass die UEFA den Verein in diesem Sommer im Rahmen des Financial Fair Play vorgeschrieben hatte, nur ablösefreie Spieler zu verpflichten. Nach außen kommuniziert der FK Krasnodar gerne das Bild des sympathischen kleinen Clubs, der mit geschickter Transferpolitik und ausgezeichneter Ausbildung der eigenen Jugend den großen Milliardärsclubs in Russland ein Schnippchen schlagen will - ähnlich dem modernen Fußballmärchen, das der BVB in der jüngeren Vergangenheit schrieb. In Wahrheit ist das Ganze dann so sympathisch wie das Projekt Hoffenheim. Statt der Eigengewächse greift Krasnodar dann doch lieber zu Spielern aus dem Ausland. Ein gut funktionierendes Kollektiv hat sich daher noch nicht gebildet. Am vergangenen Sonntag feierte Krasnodar mit einem 4:0 gegen Dynamo Moskau immerhin eine gelungene Generalprobe für die Partie in Dortmund. Thomas Tuchel und seine Jungs sollten hoffen, dass dieser Sieg ein One-Hit-Wonder der ansonsten harmlosen Offensive war.

Von Abwehr-Türmen und Pressing-Opfern

Probleme in der Offensive hat unser BVB in dieser Saison (bisher) nun wahrlich nicht. 34 Treffer in den ersten neun Pflichtspielen sind wohl deutlich mehr als selbst der optimistischste Borusse hat kommen sehen. Und es spricht vieles dafür, dass am Donnerstag der eine oder andere Treffer dazukommt. Denn gegen die zwar sehr robuste, Aubameyang und Co. werden am Donnerstag Geduld haben müssen.aber auch enorm hüftsteife Abwehr der Gäste dürften unsere wieselflinken Angreifer genau das richtige Mittel sein. So zweikampfstark die eben bereits erwähnten Abwehr-Türme Andreas Granqvist und Ragnar Sigurdsson auch sein mögen – im Spielaufbau haben die beiden so ihre Probleme und eignen sich daher bestens als Pressing-Opfer, wie es im modernen Fußballsprech so schön heißt.

Bei allem Respekt, der einem Drittplatzierten der russischen Liga gebührt, geht der BVB am Donnerstag als klarer Favorit in die Partie und auch in Europa-League-Gruppe C. Für die Borussia gilt es nun, den Schwung des starken Saisonbeginns mitzunehmen, um in dieser Gruppe schon frühzeitig das Weiterkommen unter Dach und Fach zu bringen. Denn es wird im Laufe der Hinrunde noch genug englische Wochen geben. Da wäre es doch eine feine Sache, wenn man am abschließenden oder vorletzten Spieltag der Europa-League-Gruppenphase als bereits für die K.o.-Runde qualifizierte Mannschaft den einen oder anderen Leistungsträger schonen könnte. Doch bis es so weit ist, muss der BVB erstmal ein paar Spiele gewinnen. Und da würde es sich doch anbieten, gleich am Donnerstag damit anzufangen.

So könnten sie spielen:

Dortmund: Weidenfeller - Schmelzer, Hummels, Sokratis, Ginter - Weigl, Gündogan - Kagawa, Mkhitaryan, Hofmann - Aubameyang

Krasnodar: Sinitsyn - Petrov, Granqvist, Sigurdsson, Kaleshin - Strandberg, Mamaev, Gazinskiy - Laborde, Smorov, Ari

Ort: Westfalenstadion, Dortmund

Schiedsrichter: Liran Liany (Israel)


Elster, 16.09.2015

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