Meine zwei Cent zum Trainerwechsel am Saisonende
Mit dem Fußball und den Menschen ist das so. Jeder Mensch ist ein Gestalter seines Alltags. Diesen Alltag haben sich die meisten selbst ausgesucht. Alltag ist mal schön, mal weniger schön. Alltag kann auch richtig zum Kotzen sein. Mein Alltag ist meistens cool, aber auch ich muss manchmal viel im Alltag ertragen: Pegida läuft rum. Politisch gehen einem dauernd Sachen gegen den Strich, über die man sich, selbst wenn man es nicht verbalisiert, tierisch aufregt oder sich wehrt… Menschen verhalten sich dauernd egoistisch und asozial und zu allem Überfluss regnet es noch.... Ihr kennt das! Fußballmenschen haben auch in beschissenen Wochen diese Insel des Spieltags und den Verein, den sie lieben. Diese Vorfreude auf das Spiel kann einen im Alltag gelassener machen. Manchmal schluckt man eine Beleidigung eher runter, statt sie auszusprechen, oder ein kurzer Gedanke an die Vernichtung der Menschheit verblitzt zu einem: „Scheiß egal, heut Abend is‘ Borussia.“
Im Stadion ist das noch ein bisschen anders. Im Stadion ist es für die neunzig Minuten des Spiels ein bisschen wie das Holi-Fest oder der utopische Kommunismus. Die Stände, Klassen, Gehälter, sexuellen Vorlieben, Haut-, Haar- und Zahnfarben spielen für diese neunzig Minuten keine Rolle. Nur man selbst, die Menschen um einen herum und der Verein. Das kann den allertristesten Alltag erhellen.
Wir Fans von Borussia Dortmund hatten in den letzten sieben Jahren an unseren Alltagsinseln des Spieltags jede Menge Freude mit diesem Jürgen Klopp. Er hat die Momente geprägt, auf die wir uns in der Woche sowieso schon über alle Maßen freuten.
Es fühlte sich so an, als würde dieser Mann genau das umsetzen, was wir uns wünschen. Wenn wir das Gefühl hatten, wir müssten die Schiedsrichter bepöbeln, hat Klopp das gemacht. Wenn wir das Gefühl hatten, wir müssten ein Tor über alle Maßen und absolut bewegungslegasthenisch feiern, hat er das gemacht. Wenn wir Reportern gern mal gesagt hätten, dass sie beschissene Fragen stellen, hat Klopp das gemacht.
Wie dieser Typ in ein ARD-Mikrofon (so jedenfalls in meiner Erinnerung) völligst besoffen "Rubbel dieKatz am Borsigplatz" skandiert hat, die Geschichte mit Andröööösen, SEBASTIAAAAN, wie Zlatan Ibrahimovic Kloppo fragt, wann er ihn endlich nach Dortmund holt, und, und, und...
Ich fühle mich von so einem Menschen an der Seitenlinie viel eher repräsentiert und verbunden, als von einem gestriegelten Anzugträger, der da nur seinen Job macht. Unter Klopp hatten wir wunderbare Erlebnisse für die Borussen: Der 3:3 Sieg gegen die Blauen (richtig gelesen), Real, Málaga, Meisterschaft, Double, Bayern versohlen (*räusper* fünf Mal hintereinander), Schalke versohlen.
Diese großartigen Erinnerungen sind untrennbar an diesen Mann geknüpft. Und deswegen ist das für uns auch traurig. Auch wenn niemand gestorben ist und das Ganze ausnahmsweise auch mal nix mit Politik zu tun hat. Fußball ist Nebensache.
Und das Leben wäre scheiße ohne Nebensachen.
geschrieben von Florian
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