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Sportler im Jahrhundert der Lager

14.10.2012, 23:06 Uhr von:  Nicolai
Sportler im Jahrhundert der Lager
Sportler im "Jahrhundert der Lager"

Mit Sportler im Jahrhundert der Lager wirft der Verlag die Werkstatt den nächsten Wälzer auf den Markt, der durch wissenschaftliche Ernsthaftigkeit und gute Leserlichkeit zu überzeugen weiß. Die beiden Herausgeber Diethelm Blecking und Lorenz Pfeiffer kommen beide aus der Wissenschaft und versuchen mit diesem Werk, eine Blickwinkel auf den Sport zu ermöglichen, der ansonsten gerne übersehen wird.

In ihrem Vorwort erklären die Herausgeber, dass es ihr Anspruch ist, den Sport in beiden Diktaturen kritisch zu betrachten. An Hand von Personen wird die Zeit der nationalistischen und sozialistischen Diktatur aufgearbeitet. Dabei ist der Schwerpunkt eindeutig bei der nationalsozialistischen Diktatur zu sehen. Das mag vielerlei Gründe haben, über die sich trefflich spekulieren lässt. Sicherlich wird die größere mediale Durchdringung des Sportes in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts dafür gesorgt haben, dass Gebaren wie im dritten Reich nicht mehr möglich waren. Ein weiterer Grund wird allerdings auch sein, dass damalige Funktionäre, Aktive und Involvierte nach wie vor am Leben sind und/oder sogar noch Funktionen ausfüllen.

Denn eines wird beim Lesen des Buches sehr schnell klar, die Sportverbände stellen sich meist erst ihrer Verantwortung, wenn genug Distanz zu den damals handelnden Akteuren besteht. Insofern steht das Buch in einem Kontext mit „Hakenkreuz und rundes Leder“ (Herausgeber: Lorenz Pfeiffer & Dietrich Schulze-Marmeling), dass auch anschaulich zeigte, wie schwer es Vereinen und Verbänden fallen kann, sich ihrer Vergangenheit zu stellen.

Sportler im Jahrhundert der Lager hebt nun, wie der Titel sagt, die Akteure in den Vordergrund ohne dabei auch die Funktionäre auszusparen. Gegliedert ist das Buch inhaltlich nach den Rollen, die die betrachteten Personen in ihrer Zeit einnahmen. Der erste Teil beschäftigte sich mit Menschen, die trotz der politischen Bedingungen Karriere machen konnten. Dabei handelt es sich nicht zwangsläufig um Opportunisten, sondern es gibt auch einfach Profiteure, die ihre Karriere ungeachtet ihrer Umwelt voran trieben. Das populärste Beispiel ist hier sicherlich Max Schmeling, dessen Vita von Widersprüchen begleitet ist und bis heute Anlass zu Diskussionen bietet. Auch Fritz Szepan gehört sicherlich in Kategorie an Personen, deren Rolle nicht klar zu definieren ist.

Sportler im "Jahrhundert der Lager"
Die folgenden Abschnitte gliedern sich unter den Titeln „Flucht“, „Widerstand“, „Opfer“ und „Überleben“. In allen Teilen begegnen dem interessierten Leser bekannte Schicksale und Biographien aber eben auch Geschichten, die bis heute nicht die Würdigung erhalten, die ihnen zusteht. Dabei wird durch die Vielzahl der Geschichten auch der Blick des Lesers über die Grenzen Deutschlands hinaus gelenkt. Beispielsweise beschäftigt sich Thomas Urban mit den Gebrüdern Starostin oder Diethelm Blecking mit dem tunesischen Boxer „Young“ Perez.


Insgesamt lesen sich die Episoden recht flüssig und weniger schwergängig, wie man es sonst von solchen Werken kennt. Das mag auch daran liegen, dass einige Autoren nicht direkt aus dem wissenschaftlichen Umfeld kommen und so nicht dem teilweise recht hölzernen Schreibstil von wissenschaftlichen Veröffentlichungen verwenden. Dazu trägt sicherlich auch bei, dass einige Referate sehr kurz sind, was die Leserlichkeit für "zwischendurch" steigert, auch wenn die Materie eigentlich zu ernst dafür ist. Zusätzlich erfreulich ist der Preis, der mit 28 € für eine gebundene Ausgabe stattlich aber tragbar ist. Für Personen, die sich für die Verantwortung des Sportes auch über den Fußball hinaus interessieren, ist dieses Buch ein gelungenes Werk, dass die Menschen in den Vordergrund stellt.

Sportler im "Jahrhundert der Lager" könnt ihr für 28,00 € in jeder Buchhandlung erwerben oder direkt unter diesen Link bei Amazon.

Verlag: die Werkstatt

Seiten: 352

Herausgeber: Lorenz Pfeiffer/Diethelm Blecking

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