Im Gespräch mit...

...Murdo MacLeod: Smalltalk mit Murdo

16.09.2009, 10:41 Uhr von:  Steph
...Murdo MacLeod: Smalltalk mit Murdo

Er war der dritte Schotte in der Bundesliga und der erste Schotte im schwatzgelben Trikot. Bis heute ist Murdo MacLeod nicht nur als Teil der Pokalsieger von 1989 unvergessen.

Am Ende der 86/87 Saison zog Borussia völlig überraschend in den UEFA-Cup ein. Ein großartiges 4-0 in Frankfurt sicherte den Schwatzgelben den vierten Platz. Nur eine Saison zuvor hatte Jürgen Wegmann im zweiten Relegationsspiel gegen Fortuna Köln den Klassenerhalt erst in der Nachspielzeit sichern können. Die Kobra verließ den Verein, aber vor der 1986/1987er-Saison ergänzte Reinhard Saftig den Kader mit Spielern wie Norbert Dickel, Teddy deBeer, Thomas Helmer und Frank Mill. Sie machten den Unterschied, veränderten das Spiel der Borussen und brachten den UEFA-Cup-Einzug.

Mit Präsident Gerd Niebaum, der Mitte 86 Reinhard Rauball ersetzt hatte und vom Vize-Präsidenten zum Präsidenten aufstieg und dem jungen Trainer Saftig ging es nach einigen Krisenjahren mit einer Fastpleite langsam wieder aufwärts für Borussia.

BVB 87-88

Und jetzt stand man auf einmal in Europa. Erneut ergänzte Reinhard Saftig sein Team um einige Spieler. Einer von ihnen war ein 28jähriger Schotte namens Murdo MacLeod. Er hatte die legendären Farben Celtics in 281 Spielen getragen und dabei 55 Tore erzielt und war auf der Suche nach einer neuen Herausforderung. MacLeod war der erste von insgesamt drei Schotten im schwatzgelben Dress. Ihm folgten in den 90ern Paul Lambert und Scott Booth. Nach Mark McGhee (HSV) und Vincent Mennie (1.FC Köln) war der 1.76m große MacLeod der insgesamt dritte Schotte in der Bundesliga. Bis heute erinnert man sich in Dortmund gerne an MacLeod, der wichtiger Bestandteil ein er Mannschaft wurde, die den Weg für die goldenen 90er freimachte. Auch wenn das erste Jahr letztendlich nicht rund lief, die Borussen nur auf Rang 13 landeten und der Wechsel von Reinhard Saftig zu Horst Köppel vollzogen wurde, erspielte sich diese Mannschaft – mit Michael Rummenigge und Andreas Möller ergänzt – in der nachfolgenden Saison den ersten Titel seit der großen 66er-Europapokalsieger-Mannschaft. Am Tag unsere bis zum heutigen Tag letzen Meisterschaft 2002 verglich die WELT die Meistermannschaft um Rosicky, Koller, Amoroso, Kehl, Metzelder und Kohler mit genau diesem Team. „Seit Frank Mill, Murdo MacLeod und Norbert Dickel hat es keine so berauschende, faszinierende Mannschaft auf dem Dortmunder Rasen gegeben“, schrieb Autor Felix Müller damals.

MacLeod verließ Borussia im Oktober 1990. Die noch geltende Ausländerregel ließ nicht mehr als zwei Ausländer gleichzeitig auf dem Platz zu. Eine Stelle war an den Dänen Fleming Povlsen vergeben und für die Innenverteidigung hatte Horst Köppel den Russen Sergej Gorlokuvich verpflichtet. Am 2.Oktober spielte Murdo MacLeod letztmalig für Schwatzgelb. Es war der Abend vor der Wiedervereinigung. Noch in der Woche unterschrieb MacLeod einen Vertrag bei Hibernian Edinburgh. Die Hibs führte er in seine ersten Saison, gleich zum Kapitän erkoren, zum Ligapokalsieg.

Für schwatzgelb.de beantwortete der wortkarge Schotte kurz vor Saisonbeginn ein paar Fragen:

89 gegen Köln

Nachdem Du Dich aus Dortmund verabschiedet hast, haben wir hier nicht mehr viel von Dir gehört. Wohin hat Dich Dein Weg geführt und bist Du dem Fußball auch nach Deiner aktiven Karriere treu geblieben?

Murdo MacLeod: Nachdem ich Dortmund verlassen habe, spielte ich erstmal bei Hibernian FC. Ich blieb dort drei Jahre. In der Zeit gewannen wir den Ligapokal und spielten in Europa. Danach wurde ich Spielertrainer bei Dumbarton FC und wechselte später für zwei Jahre nach Partick Thistle. Ein Anruf von Wim Jamsen führte mich als Co-Trainer zurück nach Celtic. Es war nur ein Jahr, doch in dieser Zeit gewannen wir die Liga und den Ligapokal. Im Anschluß bot mir die BBC an, für ihre Sportsendungen zu arbeiten. Da arbeite ich bis heute.

Wenn Du Dich an Dortmund erinnerst, welche Momente sind Dir in Erinnerung geblieben?

Murdo MacLeod: Es gab da nie einen „Moment“. Meine komplette Zeit in Dortmund war besonders.

Und erinnerst Du Dich an negative Dinge?

Murdo MacLeod: Ich war traurig, den Verein hinter mir zu lassen.

Warst Du danach jemals wieder im Westfalenstadion?

Murdo MacLeod: Schon. Einige Male sogar. Für Europapokal- und Länderspiele.

Stehst Du noch in Kontakt mit alten Mitspielern oder Vereinsoffiziellen?

Murdo MacLeod: Klar, mit dem einen oder anderen stehe ich noch in Kontakt.

Eines Deiner ersten Spiele für den BVB führte Dich im UEFA-Cup zurück in Deine alte Heimat. Was für ein Gefühl löste die Rückkehr in den Celtic Park, nachdem Du 9 Jahre für sie gespielt hattest, und der Sieg über Celtic in Dir aus?

Murdo MacLeod: Das war schon etwas ganz besonders. Ich konnte mich noch einmal vom Celtic Park und den Fans verabschieden. Dass wir sie dann noch geschlagen haben, hat mir sehr sehr viel bedeutet.

Der Pott im Pott

Du standest in der Mannschaft die nach über 20 Jahren wieder einen Titel nach Dortmund brachte. Warst Du Dir der historischen Bedeutung für den Verein bewußt? Und erinnerst Du Dich noch an die unzähligen Fans in den Straßen von Dortmund, die mit Euch den Titelgewinn feierten?

Murdo MacLeod: Ein Tag, den ich nie vergessen werde. Mir war klar, wir hatten etwas ganz besonderes für den Verein und die Stadt erreicht.

Erinnerst Du Dich noch an andere Spiele während Deiner Zeit in Dortmund?

Murdo MacLeod: An all die guten Spiele.

War es für Dich als Schotte schwer, Dich im Ruhrgebiet einzufinden?

Murdo MacLeod: Meine Mannschaftskollegen haben mir alle geholfen. Es war überhaupt kein Problem.

Du warst in Deutschland als die Mauer fiel, hast mit Schottland eines der letzten Spiele gegen die DDR-Auswahl bestritten (eine 1-0 Niederlage durch ein Doll-Tor) und Dein letztes Spiel für Borussia hast Du im UEFA-Cup am Abend der Wiedervereinigung in Chemnitz bestritten. Wie hat man das als Ausländer wahrgenommen?

Murdo MacLeod: Es war eine sehr historische Zeit. Und einmalig. Ich war in Deutschland als die Mauer fiel.

1987 gab es hier in Dortmund noch Stützpunkte der British Army. Konntest Du Dich mit britischen Lebensmitteln eindecken? Und hattest Du Kontakt zur der schottischen Gemeinde?

Murdo MacLeod: Selbstverständlich. Ich hatte viel Kontakt und auch Unterstützung aus diesem Umfeld. Die Royal Scots waren nur 10 Minuten von meinem Haus in Budberg entfernt stationiert. Ich bin dann immer ins Camp und hab mich dort mit allen nötigen Dingen versorgt.

Das letzte Mal mit Murdo
Zurück zum Sportlichen. Als Gorlokuvich kam hast Du Deinen Ausländerplatz an ihn verloren. Dich führte Dein Weg dann zu den Hibs. Warst Du enttäuchst, dass Deine Zeit in Dortmund so endete?


Murdo MacLeod: Ich hab Horst Köppel damals gesagt, dass ich mich als Schotte nicht auf die Bank setzen werde, wenn ich für ihn nicht gut genug spiele oder die Position nicht passt, das ist Fußball. Nachdem ich dann aufgrund der Ausländerreglung aus dem Team fiel, kontaktierten mich zwei schottische Vereine und boten mir einen Vertrag an. Ich entschied mich für die Hibs.

Der Verein hat sich seit Deinem Abschied verändert. Drei Meisterschaften, ein Champions-League-Sieg, der Weltpokal aber auch ein großer Finanzcrash und das alte Abstiegsgespenst. Hast Du als ein alter Spieler die Nachrichten rund um den Verein verfolgt? Und waren es nur Nachrichten oder hat es Dich mehr berührt als das?

Murdo MacLeod: Dortmund ist ein großer Teil meines Lebens. Ich kann immer sagen, ich bin stolz für Borussia Dortmund gespielt zu haben.

Als Paul Lambert 1997 nach dem Champions League-Sieg nach Schottland zurückkehren wollte, warst Du noch Co-Trainer bei Celtic. Haben Dir Deine Kontakte nach Dortmund bei dem Transfer geholfen?

Murdo MacLeod: Ich hatte Dortmund damals Paul empfohlen und so war es dann auch gut, ihn nach Celtic zu holen.

Ende 1999 gab es das Gerücht, dass Du Michael Skibbe als Trainer ablösen solltest. Angeblich hat Skibbe Dein BBC-Kamerateam und Dich damals vor dem Spiel gegen die Rangers vom Trainingsplatz verbannt. Kurz danach wurde er von Bernd Krauss abgelöst. War das mehr als ein Gerücht? Und wenn ja, wieso hat es nicht geklappt?

Murdo MacLeod: Ich hab das Gerücht an diesem Tag auch gehört. Ich denke, es war nur ein Gerücht.

2008 stand Borussia erstmals seit 1989 wieder einmal im Pokalfinale. Warst Du im Olympiastadion und hast Dich mit Deinen Weggefährten getroffen?

Murdo MacLeod: Wir waren alle gemeinsam in Berlin. Es war fantastisch, sie alle mal wieder zu sehen.

Wieso spielen so wenig britische Fußballer in der Bundesliga? Die wenigen Spieler, die hier gespielt haben, sind in ihren Vereinen selten gescheitert und einige Spieler wie Keegan, Lambert oder auch Du genießen immer noch Legendstatus.

Murdo MacLeod: Ich habe keine Idee.

Immer noch kommen viele Fans aus dem UK nach Dortmund. Einige an jedem zweiten Wochenende mit dem Auto, andere fliegen und wieder andere kommen 2x im Jahr mit dem Zug aus Edingburgh. Sie sagen: Die Atmosphäre im Westfalenstadion ist besser als im UK, die Preise sind noch familienfreundlich, Du kannst problemlos mit den Fans der anderen Mannschaft reden und im Stadion Bier trinken. Die Bundesliga, sagen sie, ist wieder eine der aufregendsten Ligen in Europa. Sind das nur Ausnahmen oder hat sich das Bild des Bundesligafußballs in den letzten Jahren so gewandelt?

Murdo MacLeod: Jeder, der einmal bei einem Spiel im Westfalenstadion war, wird das Stadion und seine Fans nie vergessen.

Wo steht die Bundesliga aktuell im europäischen Vergleich und wo steht die schottische Liga?

Murdo MacLeod: Alle Ligen sind weit hinter England zurückgefallen, so auch die schottische Liga.

Setanta pleite, die Resultate in den europäischen Pokalen eher bescheiden. Es scheint, als schlittere der schottische Fußball in eine tiefe Krise. Gibt es einen Ausweg aus der Krise oder werden sich Celtic und Rangers irgendwann in die English Premiere League verabschieden?

Murdo MacLeod: Danach streben Celtic und Rangers. Aber ich sehe das nicht.

Zum Schluß noch eine Frage. Wenn Du wählen könntest, wärst Du lieber heute oder vor 20 Jahren Profi?

Murdo MacLeod: Heute nur für das Geld, vor 20 Jahren für die guten Zeiten.

Mr. MacLeod, wir danken für das Gespräch

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