Eua Senf

Ein gutes Omen

10.04.2007, 00:00 Uhr von:  Gastautor

In der letzten Woche erreichte uns eine Mail von unserem Leser Benji, der sich - wie jeder von uns - Gedanken um den drohenden Abstieg des BVB macht. Benji hat aus seiner ganz persönlichen Lebensgeschichte heraus einen Weg gefunden, der ihn mit der jetzigen Situation nicht nur einigermaßen umgehen lässt, sondern ihm auch Kraft und Zuversicht gibt. Aber lassen wir ihn selbst erzählen...

Hallo verehrte schwarzgelbe Gemeinde,

der Abstiegskampf zerrt ganz schön an den Nerven. Zugegeben - auch an meinen. Jedoch habe ich ein paar Gründe gefunden, die mir Hoffnung machen - und zwar in Bezug auf meine ganz persönliche Situation. Zu meiner Vorgeschichte: Ich bin 23, seit knapp neun Jahren BVB-Mitglied und habe mein erstes Spiel 1991/92 bei einem Derby in der verbotenen Stadt miterlebt. Ich habe mich damals erfolgreich gegen die letzte Hoffnung meines Vaters gestemmt, doch noch einen Sch*lker aus mir zu machen, besitze immerhin stolze 109 Aktien, obwohl für mich Geld so ziemlich das letzte ist, was mir etwas bedeutet - und ich natürlich damit auch nichts verdienen möchte. Das ist so eine eigene Weltanschauung von mir: In der Meistersaison 01/02 hatte ich beispielsweise kein Geld für eine DK, habe aber dennoch zwölf Heimspiele besucht, nur um am Ende für die Karte gegen Bremen 135 € zu bezahlen. "Ebay" sei dank, einer der schönsten Tage meines Lebens, inklusive mitgenommener Utensilien (ein Stück Tornetz und Rasen). Ich habe mir unter Schmerzen das Emblem meiner ersten großen Liebe, meines Vereins, in den Oberarm ritzen lassen; der Volksmund würde von Tätowieren sprechen. Auch die jeweils über zehn Stunden Meisterfeier auf dem Friedensplatz in den 90`ern werde ich nie vergessen, und bin seit fünf Jahren Dauerkartenbesitzer. Soweit erstmal nichts besonderes, aber genau da liegt der Hund begraben. Denn meine Dauerkarte kann ich seit etwa drei Jahren nicht mehr nutzen. Insgesamt war ich in der Zeit bei vielleicht zwei Spielen, was nichts mit der Entfernung oder dergleichen zu tun hat, denn ich wohne im Ruhrgebiet. Auch nicht, und besonders das möchte ich betonen, mit dem leider ausbleibenden Erfolg. Und weder mit der Tatsache, dass einem im Stadion vor lauter Werbung fast die Bratwurst im Halse stecken bleibt, noch, dass selbiges nicht mehr den geliebten, ürsprünglichen, Namen trägt oder dem Umstand, dass dieser immer gesichtsloseren Mannschaft (sorry), - es geht ja schließlich um den Verein! - sondern, wie es meist der Fall ist, aus gesundheitlichen Gründen. Seit besagten drei Jahren ging einfach fast nichts mehr, so dass ein Stadionbesuch, vor allem auf der Südtribüne, wo ich bis vor dieser Saison meine Dauerkarte hatte, keineswegs möglich war. Ich will mich nicht länger mit der Vorgeschichte aufhalten, sondern lieber direkt auf den Punkt kommen: Vor mittlerweile vier Monaten brauchte ich eine Lungentransplantation, da mein nächster Infekt wohl ansonsten mein letzter gewesen wäre. Selbstredend konnte ich in dem Zustand nicht mehr ins Stadion, obwohl ich extra meine Dauerkarte hatte umschreiben lassen und ab dieser Saison auf der Westtribüne hätte sitzen können, in der Hoffnung, dadurch vielleicht eher ein Spiel zu sehen (Danke nochmal an den Verein für die sofortige Hilfe in diesem besonderen Fall!). Die ganze Sache war ziemlich kritisch. Eine zwölfstündige Operation (normalerweise dauert sie etwa fünf), Dauersauerstoff vor, während und nach der OP, Komplikationen ohne Ende, und und und... Worauf ich hinaus will: Keiner, und das hat man mir wörtlich so gesagt, hätte einen Cent auf mich verwettet! Als ich aus dem OP-Saal kam, hat das Krankenhauspersonal die Hände über den Kopf zusammengeschlagen... aber hey, ich habe es geschafft! Auch mit der Hoffnung, wieder ins Stadion zu können, weswegen es für mich auch nie in Frage kam, meine Dauerkarte nicht zu verlängern. Ich denke mal, die Situation des Vereins ist in etwa vergleichbar mit meiner! Ohne diese Hilfe hätte ich es nicht geschafft. Leider benötigt auch der BVB die Hilfe anderer, um nicht abzusteigen. Tabellenplatz 17 lässt grüßen... - jetzt kann es nur noch darum gehen, zu kämpfen. Alles zu geben, was machbar ist, und sich gegebenenfalls anständig zu verabschieden. Ich hoffe, alle ziehen mit, haben es begriffen und stehen wieder auf. Mitleid braucht keiner von uns! Denn wer, zumindest außerhalb der Fanszene in und um DO, glaubt schon noch an unsere Borussia? Hört man sich so um, sind wir doch kaum noch zu retten und auch mich beschleichen leichte Zweifel. Mut macht mir "mein Weg" in eine bessere Zukunft, wie ihn auch der Verein hoffentlich beschreiten kann. Vverdient hätte er, und alle Borussen, es allemal wieder! Ab der kommenden Saison kann ich wieder ins Stadion, da wäre es natürlich Ironie des Schicksals, wenn es ausgerechnet in dieser Saison in die Zweitklassigkeit ginge... Aber selbst wenn, pah, gehts eben gegen Aue, Burghausen und Co. - meine Dauerkarte lasse ich mir jedenfalls nicht entgehen. Nicht in der Hoffnung, schnell wieder aufzusteigen oder oben mitzuspielen, sondern einfach, weil ich wieder MEINEN Verein spielen sehen möchte. Wie dem auch sei, am Ende wird es hoffentlich wieder heißen: "Du findest immer einen Weg, du stehst immer wieder auf!" - wie auch bei mir. Entlassen wurde ich übrigens, und das nehme ich mal als gutes Omen, nach 109 (!) Tagen. Da kann doch eigentlich nichts mehr schiefgehen, oder..- EBEN!

Schwarzgelbe Grüße, Benji

Geschrieben von Benji

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