Spielbericht Profis

Borussia - schöööön!

21.03.2002, 00:00 Uhr von:  Tommes
Uns fehlt noch ein Pokal...
Uns fehlt noch ein Pokal...

Borussia Dortmund steht nach dem 4:0 (0.0) gegen Slovan Liberec im Halbfinale des UEFA-Pokals. Die zwei Gesichter der Borussia! Wie in Freiburg drehte die Mannschaft nach der Pause auf und zerlegte den Gegner in der zweiten Hälfte in vier mundgerechte Häppchen, die den 36500 im Westfalenstadion an diesem Abend vorzüglich schmeckten. Nun wartet der AC Mailand.

Der alte Witz, dass BVB-Fans sich schon zu Tausenden im Westfalenstadion einfinden würden, wenn der Platzwart zum Rasenmähen das Flutlicht einschaltet, ist wohl auch bald Geschichte. Früher schimpfte man auf die UEFA, die die Stadionkapazität aus Sicherheitsgründen runterschraubte und heute verlieren sich gerade einmal 36500 Zuschauer, darunter ca. 500 aus Liberec im eckigen Rund. Wohlgemerkt, es ging um den Einzug ins Halbfinale des UEFA-Pokals. Aber es sieht wohl so aus, als wenn der AC Mailand die Bude voll macht. Sollte aber auch dieser Gegner nicht ziehen, kann man ja vielleicht überlegen in die Rote Erde umzuziehen, um den Rasen im Westfalenstadion zu schonen. Der BVB-Song mit den Zeilen "Das Stadion ist ausverkauft, kein Platz ist heut mehr frei" klang etwas wie Hohn.

Mit dem Spiel selbst haben sich wohl wenige in dieser Woche beschäftigt. Diskussionspunkt Nummer 1 war natürlich Jens Lehmann und viele waren gespannt, wie Jens nach seiner Verurteilung wohl im Stadion begrüßt werden würde. Zumindest die paar hundert Fans, die sich um kurz vor Acht schon auf der Südtribüne warm sangen, empfingen ihn sofort mit Sprechchören, für die Lehmann sich auch brav bedankte. Überhaupt schienen die Anhänger die Querelen unter der Woche mit Gesängen abschütteln zu wollen. Denn schon vor dem Spiel war eine recht gute Stimmung.

Legale Augenweiden auf der Südtribüne
Legale Augenweiden auf der Südtribüne

Aber es gab noch weitere spannende Punkte. Nachdem auf der Fandelegiertentagung von den Fans mit Michael Meier, Manager des BVB verabredet wurde, dass zunächst wieder Doppelhalter im Stadion zugelassen werden, war abzuwarten, wie das Ordnungspersonal mit dieser neuen Regelung umgehen würde. Und siehe da, Fans berichteten, dass es beim Einlaß keinerlei Probleme gab. Doppelhalter und Megaphon anstandslos genehmigt. Sogar auf der Osttribüne wurde ein Doppelhalter gesichtet.

Es entwickelte sich von Anfang ein flottes Spiel. Bereits in den ersten Sekunden musst Dede eine Flanke in den Strafraum der Dortmunder mit einem Kopfball abklären. Auch der BVB versteckte sich nicht. Allerdings endeten die ersten Angriffsbemühungen im Abseits. Die erste gute Möglichkeit hatte in der 6. Spielminute Tomas Rosicky, der von seinem Landsmann Jan Koller mustergültig bedient wurde. Sein Schuss aus zehn Metern landete aber nur am Außennetz. Doch auch Liberec zeigte was fürs Eintrittsgeld. So brachte man in den folgenden Minuten die BVB-Abwehr des öfteren ins Schwimmen ohne aber wirklich gefährlich vor Lehmann aufzutauchen. Borussia antwortete mit schönen Doppelpassaktionen. Dabei fiel besonders das Zusammenspiel der beiden Tschechen im schwarzgelben Trikot auf. Die nächste größere Chance gehörte aber Lars Ricken und Marcio Amoroso. Ihr Doppelpassspiel setzte Amoroso in der 24. Minute neben das Tor.

Das Zwillingspärchen des Abends: Jan Koller und Petra Johana
Das Zwillingspärchen des Abends: Jan Koller und Petra Johana

Fast unzertrennlich an diesem Abend waren Jan Koller und sein Gegenspieler Petra Johana. Johana folgte ihm über den ganzen Platz und ließ ihn nicht aus den Augen. In der 28. Minute kamen sie sich dann zum ersten Mal körperlich näher. In einem Kopfballduell oder besser einem Kopf an Kopf Duell, blieb Jan Koller zweiter Sieger und einige Zeit sogar für eine Behandlungspause auf dem Rasen des Westfalenstadions liegen. Er war aber wieder frisch, als er in der 32. Minute Petra Johana den Ball ungewollt durch die Beine spielen konnte und mit einer Flanke Jörg Heinrich im Strafraum bediente, der aber nichts brauchbares damit anstellen konnte. Weiter ging es bei den Hausherren mit ansehnlichem Kombinationsspiel. Rosicky spielte zu Amoroso, der an der Strafraumgrenze seinen Gegenspieler mit einem Haken austanzte und aufs Tor zog, wo der Ball von Keeper Kinsky fangbereit aufgenommen wurde (35.). Liberec machte kurz mit einem schnellen Konter auf sich aufmerksam. Die gute Flanke in die Mitte machte Christoph Metzelder unschädlich. (40.).

Das Fazit zur Halbzeit klingt dann auch recht einfach. Der BVB bestimmend und teilweise sehr überlegen in der Spielweise, aber nicht so, dass dem Torhüter des Gastes Antonin Kinsky das Herz in die Hose rutschen musste. Wenn sich dies in der zweiten Hälfte nicht grundlegend ändern würde, wäre ein langer Fußballabend mit Verlängerung, Elfmeterschießen, also allem Drum und Dran absehbar.

Das änderte sich aber bereits sechs Minuten nach der Pause. Marcio Amoroso der Goalgetter des BVB nutzte eine unübersichtlich Situation im Strafraum von Liberec als die Gäste mühevoll versuchten, den Ball aus der Gefahrenzone zu bekommen. Irgendwie kam er an den Ball und beförderte das Leder aus elf Meter hinter die Linie. (51.) Nun war also klar, dass es keine Verlängerung mehr geben würde und jeder rechtzeitig seine Bahn nach Hause erreichen konnte, ohne am anderen Tag mit dicken Augenrändern auf der Arbeit oder in der Schule zu erscheinen. Eine Minute später schon legte Dede mit einem Distanzschuß nach und zwang Kinski zu einer Ecke.

Spielszene BVB - Slovan Liberec
Spielszene BVB - Slovan Liberec

Dann versuchte der BVB wie in Freiburg frühzeitig alles klar zu machen. Schneller Gegenstoß und eine Flanke von Dede, erreicht auf Umwegen Jan Koller, der aus kurzer Distanz unbedrängt den Ball in die Maschen hämmert. 2:0, 57. Minute. Die Fans träumten zum ersten Mal auf der Tribüne vom "Finaaaale oho!" Weiter dampfte der BVB-Express. Nach einer Ecke haut Lars Ricken einfach mal aus der zweiten Reihe drauf, leider ohne zählbaren Erfolg (64.). Wieder nach einer Ecke brachte Jan Koller den Keeper in Bedrängnis, der den Kopfstoß des Langen erst im Nachfassen packen konnte. (66.) Kollers Verdienst für diese Aktion und die auch sonst sehr gute Arbeit an diesem Abend, waren Sprechchöre der Süd.

Wunderbar herausgespielt dann das 3.0 in der 70. Spielminute. Marcio Amoroso macht seinen Gegenspieler an der Torauslinie nass und flankt über Kinsky, der in dieser Szene einige Zentimeter zu klein war, auf den langen Pfosten, an dem Lars Ricken keine Mühe hat den Ball über die Linie zu drücken. Danach Doppelwechsel bei Borussia Dortmund. Stevic und Ewerthon verabschieden zusammen mit den begeisterten Zuschauern Lars Ricken und Marcio Amoroso, der von den 36000 Dortmunder Anhängern mit Standing Ovations verabschiedet wird.

Gefeiert wird nun auf der Südtribüne mit einer wirklich beeindruckenden Humba. Eine für Heimspielverhältnisse gigantische Anzahl an Fans schmettet im Aufspringen ihr "Tätärä" in den Abendhimmel. Kurz darauf verabschieden sie nicht nur Regisseur Tomas Rosicky, der seinen Platz für Sunday Oliseh freimacht, sondern auch die mitgereisten Anhänger aus Liberec und deren Mannschaft mit einem "schönen Gruß und auf Wiedersehn". Bei dieser tollen Stimmung ist man an große Bundesligaspieltage der vergangenen Zeiten erinnert. In diese Jubelarie bricht beinahe noch Baffour Gyan, der in der 88. Minute mit einem Kopfball nur knapp das Dortmunder Tor verfehlt und eine Ecke der Gäste die Evanilsson eine Minute später von der Ecke kratzt.

Der Gästeblock
Der Gästeblock

Doch auch der BVB lässt sich nicht lumpen und schlägt mit dem 4:0 in der 90. Minute zurück. Ein langer Ball nach vorne flankt Evanilsson in die Mitte auf Ewerthon, der zunächst mit seinem Schuß am Torhüter scheitert, den Nachschuß aber mit Dampf in die Maschen haut. Keck verkündete noch vor dem Schlusspfiff Norbert Dickel die Termine für den Kartenumtausch der Eintrittskarten für das Halbfinale, dass Sekunden später erreicht war.

Borussia Dortmund steht somit im Halbfinale des UEFA-Cups. Die möglichen Gegner sind der AC und Inter Mailand, sowie Feyenord Rotterdam. In Rotterdam steigt dann auch das mögliche Finale. Wie die Mannschaft zeigten die Zuschauer zwei unterschiedliche Hälften. Die zweiten 45 Minuten waren einfach grandios.

Aber auch die Fans von Liberec verdienen sich gute Noten.Selbst beim Rückstand, feuerten sie Ihre Mannschaft an und skandierten des öfteren in deutscher Sprache.

Die Stimmen zum Spiel:

Ladislav Skorpil (Slovan)
Ladislav Skorpil (Slovan)

Ladislav Skorpil (Slovan): Wir haben eine Stunde gut mitgehalten und die Partie war ausgeglichen. Die Niederlage ist sicherlich nicht schön, aber wir haben gegen eine sehr starke Mannschaft verloren, die bereits viele Titel gesammelt hat.

Matthias Sammer: Ich bin froh, dass wir das Halbfinale geschafft haben. Selten habe ich einen Gegner gesehen, der in so einem guten physischen Zustand ist. In der Phase bis zum 1:0 gab es immer wieder Situationen auf die Verliererstraße zu geraten. Die Mannschaft hat das was erwartet wurde sehr gut umgesetzt und zu der Zeit, als das Spiel "Spitze auf Knopf" stand, keine Fehler gemacht. Durch die schnelle Torfolge war es dann ein Spiel, was auch hinten heraus sehr attraktiv war. Das klare Ergebnis am Ende hat seinen Ursprung in knallharter Arbeit!

Jan Koller: Liberec hat gut und agressiv gespielt. In der zweiten Halbzeit fiel dann früh das wichtige erste Tor. Ich freue mich, dass wir die nächste Runde erreicht haben und ich will auch eigentlich noch weiterkommen. Wir revanchieren uns hier im UEFA-Pokal für das Ausscheiden in der Champions League.

Matthias Sammer
Matthias Sammer

Christian Wörns: Die erste Halbzeit war ein harter Fight. Die sind um Ihr Leben gelaufen. Der Sieg heute, wie auch die letzten souverän gewonnenen Spiele sind gut für Selbstvertrauen. Wir wollen Meister werden und wir wollen ins Finale. Das sind unsere beiden großen Ziele.

Dede: Gegen Freiburg und gegen Liberec war alles sehr schön, aber wir müssen weiter hart arbeiten und uns weiter konzentrieren.

Michael Zorc: Die Zuschauer haben ihren Teil dazu beigetragen, dass wir eine Runde weitergekommen sind.

Jens Lehmann gab nach dem Spiel nur dem Fernsehen Auskunft und blockte jede weitere Anfrage der wartenden Presse ab. Auch Philip Laux hüllte sich in Schweigen und verwies auf die Pressekonferenz am Freitag. Lediglich schwatzgelb.de ließ er wissen, dass er sich auf die Partie am Sonntag gegen Cottbus freue. Immerhin.

Der Umtausch für die Dauerkarteninhaber beginnt bereits am kommenden Sonntag vor dem Cottbus-Spiel. Die Karten sind ab 13 Uhr erhältlich in der Geschäftstelle und im Mega Store in Hörde Die Umtauschfrist für Dauerkarteninhaber endet am 28.03. Der freie Verkauf beginnt am Montag den 25.03. an allen bekannten Vorverkaufsstellen. Der BVB wies ausdrücklich daraufhin, dass die Preise für das Heimspiel unabhängig vom Gegner, trotz der Station Halbfinale nicht höher sein werden, als die Ticketpreise in der Bundesliga. Man wolle damit die treuen Fans der Borussia belohnen (oder auch vermeiden, dass wieder über 15000 Plätze freibleiben ;-) )

Statistik:

BVB: Lehmann (3), Wörns (3), Metzelder (3), Heinrich (3), Reuter (3), Evanilson (2,5), Dede (3), Ricken (2,5) (73. Stevic), Rosicky (2) (77. Oliseh), Koller (1,5), Amoroso (1,5) (73. Ewerthon)

Tore: 1:0 Amoroso (51.), 2:0 Koller (57.), 3:0 Ricken (70.), 4:0 Ewerthon (90.)

Zuschauer: 36500

Schiedsrichter: Stefano Braschi (Italien) ohne Probleme

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