Im Gespräch mit...

...Adrianne de Koning: Wir bringen Eure Fahrräder zurück...

01.05.2002, 00:00 Uhr von:  BoKa

Eine kleine Delegation niederländischer Journalisten hatte Dortmund besucht und hier einige Tage recherchiert. Sie waren überall, wo der Fußballsport in Dortmund beheimatet ist und landeten natürlich auch bei Schwatzgelb.de. Wir aber wollten nicht nur über unsere"schönstes Hobby" erzählen, sondern selbst auch Fragen stellen. Fragen nach einem Endspiel mitten in Europa, dass allein schon durch seine Ansetzung an diesem besonderen Austragungsort einen Haufen Probleme aufwirft. Adrianne de Koning (27) vom Allgemeinen Tagblatt in Rotterdam plauderte mit Holger Sitter über Fans und solche, die sich dafür halten...

schwatzgelb.de: Adrianne, viele von uns haben versucht, über den K.N.V.B direkt Karten zu bestellen, weil ein Drittel ja als neutrales Kontingent verfügbar war. Aber wir glauben nicht, dass die Verteilung dort fair abgelaufen ist, was meinst Du?

Adrianne de Koning: Habt Ihr denn alle Eure Karten bekommen?

schwatzgelb.de: Nein, nur ganz wenige von uns. Wir glauben, dass ein Großteil von diesen freien Tickets weiter an die Rotterdamer Fans gegangen ist.

ADRIANNE: Von der Zeitung aus haben wir versucht, dahingehend eine Untersuchung zu machen. Viele Leute hatten angerufen und uns gesagt, wir haben keine Karten bekommen. Wir glaubten, dass die Fans aus Rotterdam, Den Haag, Utrecht oder die Städte mit den gefährlichsten Hooligans keine Karten bekommen haben. Und dann haben sie so eine Untersuchung gemacht, und da hat sich herausgestellt, dass der K.N.V.B gesagt hat, sie haben eine reguläre Verlosung gemacht. Sie haben nicht geguckt, woher die Anfrage kam. Dann hat ein Kollege auf unserer Internetseite gefragt, wer hat Karten und wer hat keine Karten. Und dann hat sich herausgestellt, dass es 10.000 Karten und 15.000 Anfragen gegeben hat. Wir konnten aber nicht beweisen, dass die Karten nicht zu den Rotterdam- oder zu den Den Haag-Fans gegangen sind. Und ich weiß ja nicht, wie viele Deutsche dieses Verfahren überhaupt mitgemacht haben. Ich glaube nicht, dass der K.N.V.B sagen könnte, wie viele Anfragen überhaupt aus Deutschland gekommen sind und wie viele davon dann eine Karte bekommen haben?

schwatzgelb.de: Hier in Deutschland gibt es ja eine Kategorie C-Datei für gewalttätige Hooligans, die sind alle bei uns erfasst. Bei Spielen mit hohem Sicherheitsstatus werden diese Leute überwacht und durchaus auch in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Gibt es so etwas in Holland auch?

ADRIANNE: Ja, natürlich. Man kann ja ein Stadionverbot haben, dann kommt man sicherlich nicht in die Niederlande rein. Ich glaube, dass die Kartenverteilung ein bisschen besser geregelt war. Man bekommt eine Gold-Karte, wenn man immer zu Auswärtsspielen geht. Und eine Silber-Karte, wenn man oft zu den internationalen Spielen geht. Dann kann man so eine Karte bei Feyenoord kaufen. Und diese Fans haben zuerst die Tickets von den ca. 15.000 bekommen, das waren so um die 7000.

schwatzgelb.de: Was muss man denn nachweisen, um eine Karte zu kriegen?

ADRIANNE: Da muss man eine Dauerkarte haben und sollte dazu noch eine Gold- oder Silberkarte haben.

schwatzgelb.de: Und wie bekommt man die?

ADRIANNE: Die kann man kaufen, aber nur wenn man oft mitfährt. Bei der Gold-Karte ist es so, dass man nahezu zu jedem Auswärtsspiel mitfährt. Und wenn man nicht so oft mitfährt, verliert man auch diese Karte wieder. Es ist also der härteste Kern der Feyenoord- Fans, die immer mitreisen. Und die anderen Dauerkarten, das war exakt in 3 Minuten und 46 Sekunden ausverkauft. Es konnten also nur die zum Spiel, die eine Dauerkarte haben. Ich hab keine Dauerkarte und kann deshalb nur in den neutralen Bereich... (lacht). Welche Qualität Borussia- Fans werden wir erleben?

schwatzgelb.de: Zuallererst einmal die Supporter. Unsere Fans sind zum größten Teil "Auslandserprobt" und überaus friedfertig. Allerdings erwarten wir schon, dass nach Holland ein gewaltbereiter Teil auch aus Deutschland anreisen wird. Es kann sein, dass sich da Hooligans aus ganz Deutschland treffen, zum Beispiel irgendwo in Belgien, um sich dann getrennt in die Hafenstadt aufzumachen?

ADRIANNE: Wir haben mit jemandem von der Polizei gesprochen und gefragt: Kann das sein, dass Eure Hooligans von Schalke und von Borussia zusammen arbeiten gegen Feyenoord - kann das wirklich sein?

schwatzgelb.de: Ja, das glauben wir schon, gerade in so einem Fall. Weil Holland ein übermächtiger Feind ist in dem Moment für diese Leute, und die werden dann ihre Probleme untereinander vergessen. Das hat es schon oft gegeben. Bei Länderspielen halten dann alle zusammen. Das ist normal. Genau wie bei Euch, wo plötzlich alle "Oranje" sind, egal ob Ajax oder Feyenoord. Das ist bei uns genau so. Die Nationalmannschaft schweißt dann die einzelnen Fangruppen für dieses Spiel zusammen.

ADRIANNE: Wirklich?

schwatzgelb.de: Ernsthaft. Das kann schon sein, dass die versuchen, da hin zu kommen. Aber die haben sicherlich nicht vor, das Spiel zu gucken. Es ist ja für sie eine große Herausforderung, weil die Rotterdamer Hools als die Nr. 1 in Europa gelten, als die gefürchtetsten und gewalttätigsten. Und wir haben auch Gespräche geführt mit Gladbacher und Stuttgarter Fans, die ja da waren zuletzt. Und die haben uns gesagt, dass immer die Fanzüge mit Pflastersteinen beworfen werden. Ist das wohl auch diesmal zu erwarten?

ADRIANNE: Ich weiß nicht genau, was die Polizei sagt. Bis jetzt sagen sie noch nicht so viel dazu, was sie machen wollen, um sicher zu sein, dass der harte Kern nichts macht? Man kann nicht sicher sein, aber ich habe Angst, dass die Hooligans sich diesmal vielleicht auch selbst beweisen möchten, dass sie immer noch die härtesten und gewalttätigsten in Europa sind. Aber Stuttgart und Gladbach ist doch schon länger her, oder?

schwatzgelb.de: Stuttgart noch nicht. Da erinnert sich in Rotterdam doch bestimmt jeder noch an Fredi Bobic, der ist doch ein Begriff dort. Kurz vor Schluss hat der noch das Siegtor gemacht. Das Hinspiel hatte Rotterdam ja gewonnen, und für die war klar, dass sie weiter sind. Und dann in letzter Sekunde das Siegtor, das war für Stuttgart ja wie ein Wunder. Das war auch unglaublich und wurde in ganz Deutschland gefeiert. Stuttgart ist zwar nicht beliebt in Deutschland. Aber das war eine große Chance, den Rotterdamern, die so eine große Klappe hatten, eins auszuwischen. Und Schadenfreude muß in Deutschland erfunden worden sein... Die Sicherheitsbesprechung in Rotterdam gestern hat ja ergeben, dass da alles sehr ruhig dem Finale entgegensieht. Eure Polizei hat ja gesagt, dass sie keine Sorgen haben wegen den Dortmunder Fans sondern eher wegen der eigenen.

ADRIANNE: Ja. Das sehe sicherlich ich auch so.

schwatzgelb.de: Wie empfinden das denn die Rotterdamer? Die Menschen, die dort leben? Die Bevölkerung, nicht unbedingt die Fußballfans? Das kann doch nicht Europa sein. Wir haben jetzt eine Währung, aber wir haben Menschen, die sich überhaupt nicht mögen. Das passt doch nicht zu der heutigen Zeit, oder?

ADRIANNE: Das ist sehr schwer zu sagen. Ich kann ja eigentlich nur für mich selber sprechen. Ich selber finde es nicht gut, dass man pauschal sagt, "die Deutschen sind schlecht." Ich glaube aber, dass es in den Niederlanden fast eine normale Sache ist, dass Deutschland und die Niederlande einander böse gegenüber stehen und nie "zusammen in einem Europa" sind. Es ist vielleicht aber auch so, dass man es irgendwie auch braucht, in etwa vergleichbar mit Borussia und Schalke oder Feyenoord und Ajax. Vielleicht ist es auch für manche wichtig, um sich selbst zu definieren, sagen zu können, ich bin nicht wie die Deutschen. Für mich ist das aber überhaupt kein Thema, na ja, aber leider für manche Leute bei uns schon.

schwatzgelb.de: Aber wie kann das sein, dass mir ein Kollege gesagt hat, ich soll Dich auf jeden Fall fragen, ob Du auch das Fahrrad zurückhaben willst?

ADRIANNE: (lacht laut) Ja, ja, ich weiß schon, was er meint. Stimmt. Ja, ich denke, dass das auch immer wieder gesungen wird...

schwatzgelb.de: Es wird ja sogar bei uns überlegt, ein Transparent zu machen, auf dem nur ein riesiges Fahrrad drauf ist...

ADRIANNE: Ja, das kann man ja machen, das ist ja ein köstlicher Spaß. Das ist ja immer so bei Länderspielen und Europacupspielen, dass die Niederländer daran erinnern!

schwatzgelb.de: Das singen die holländischen Fans?

ADRIANNE: Ja. Ich weiß zwar nicht genau, was sie singen, die singen so viele Sachen, die ich auch nicht mitsingen möchte, geschweige denn wiedergeben wollte. Die Belgier zum Beispiel, die haben es ja auch immer mit den Niederländern. Wenn Sie gewinnen, sind sie immer auch total schadenfroh und bei den Deutschen ist es halt auch noch ein bisschen von der Geschichte her... Aber Ihr habt schon Angst vor der Reise mit dem Zug, oder?

schwatzgelb.de: Ja natürlich haben wir alle die Sicherheitsbedenken im Hinterkopf. Es wäre auch falsch dies jetzt zu leugnen. Wir Organisatoren können ja auch nur bedingt die Sicherheit für unsere Leute garantieren, da diese Fahrt ja erheblich mehr Unbekannte enthält, als jede andere bisher. Außerdem haben wir noch immer mit dem Amsterdam- Syndrom von 1996 zu kämpfen (Anmerkung der Redaktion: Die Ajax- Hools hatten seinerzeit bei über 70 Dortmunder Bussen mit Pflastersteinen die Scheiben eingeworfen und Jagd auf die Busfahrer gemacht!). So was vergisst man nicht. Und da hat man angesichts solcher Überlegungen dann auch gar keine Lust, sich die Stadt Rotterdam und den größten Binnenhaften der Welt anzugucken.

Als zweites kommt noch hinzu, dass wir seit nahezu 12 Jahren jetzt ununterbrochen in Europa unterwegs sind und niemals in irgend einer Weise im benachbarten Ausland für negative Schlagzeilen gesorgt haben. BVB- Supporter gelten überall als fair, lustig und sangesfreudig! Und für uns ist das unbegreiflich - zumal bei einem Finale, dass ja immer den Höhepunkt der Freude und Feierlichkeiten bildet - dass wir mit den Menschen dort gar keinen Kontakt aufnehmen können! Und ich glaube auch, dass so ein Gespräch wie wir es jetzt hier führen, kann überhaupt erst dazu Beitragen, Vorurteile und Barrieren in den Köpfen abzubauen! Im Europa der Völker ist kein Platz mehr für Chauvinismus und Antipathien...

ADRIANNE: Ich glaube aber, dass die Menschen Chauvinismus brauchen. Es kann ja auch nur Chauvinismus sein nur von Deutschen oder von Borussen, oder vom Ruhrgebiet, denn ich glaube dass die Leute das auch immer so ein bisschen nutzen, um ihre eigene Identität zu wahren. Es kann ja durchaus sein, dass es hier Schwatzgelb ist und in Rotterdam eben Rot-Weiß, oder Oranje gegen schwarz-weiß...

schwatzgelb.de: Aber wir versuchen wirklich mit viel Sachlichkeit unsere Fans auf dieses Spiel vorzubereiten. Zum Beispiel die Anekdote mit dem Fahrrad. Das sind ja Dinge, die die heutige Generation nicht kennt. Nur, wenn Dir alles verboten wird im Stadion, wenn Du Fahnen "nur zum Einlauf der Mannschaften" schwingen, danach aber wieder an mitgereiste, eigene Ordner abgeben darfst und jegliche Form guter Laune Aktionen von vorne herein untersagt werden, hat das doch mit so einem Freudentag herzlich wenig zu tun, oder? Sicherlich es geht um sehr viel, aber es ist nun mal "nur" ein Fußballspiel und kein Krieg... Es geht hier wirklich in 90 Minuten um sein oder nicht- sein, aber es ist nicht so, dass man danach sterben muß!

ADRIANNE: Aber Du würdest an dem Tag danach nichts essen können, wenn Borussia verlieren sollte, oder? (lacht)

schwatzgelb.de: Ja, aber ich bin generell am Restwochenende nicht ansprechbar, wenn der BVB Samstags verlieren sollte! Das ist doch normal, dass man als Fan leidet...

ADRIANNE: Ja, das verstehe ich gut. Ich habe 1997 den Champions- League- Sieg in Dortmund während meines 3 monatigen Uni- Austausches miterlebt. Das war schon beeindruckend, was in dieser Stadt hier los war! Und wenn die niederländische Polizei sagt, wir haben keine Angst vor den Borussia- Fans, stimmt das wirklich? Gibt es da nicht auch Supporter bei Euch die denken: Das ist ja mal wieder unsere Chance, um richtig Krawall zu machen und loszuziehen?

schwatzgelb.de: Also ich persönlich glaub das nicht. Die Polizei in Deutschland ist da schon sehr pfiffig bei so was. Sie haben ihre "Pappenheimer" und sie haben ihre Methoden - salopp gesagt - den Jungs schon den Weg zum Bahnhof oder Bus zu versperren. Wir haben ja jetzt gesehen bei der Europameisterschaft, dass die holländische Polizei ihre "hausgemachten Probleme" im Griff hatte und bei uns wurde in kooperativer Zusammenarbeit zugearbeitet. Es ist auch wieder davon auszugehen, dass ein Großteil des "gefährdenden Personenkreises" von vorne herein hier behalten wird.

ADRIANNE: Es gibt aber Erkenntnisse, dass die Hooligangruppen in Deutschland bei so was zusammenarbeiten. Hast Du schon so was vernommen? Ich habe schon im Internet auf einschlägigen Seiten recherchiert und festgestellt, dass doch etliche Versuche unternommen haben, sich zusammenzurotten. Aber man kann im Internet nie sicher sein, ob das nicht Fakes sind. Bei Hooligan.de wurde beispielsweise die Meinung vertreten, dass man hier zusammenhalten müsse...

schwatzgelb.de: Sicherlich haben auch andere ihre Erfahrungen mit den Anhängern von Feyenoord gemacht. Ich denke nur an Stuttgart, Mönchengladbach oder auch Leverkusen, wo bei einem Freundschaftsspiel mal eben der halbe Stadionzaun eingerissen wurde. Eine Spur der Verwüstung zieht halt hinter ihnen her... is klar, so was hat man allgegenwärtig in Erinnerung!

ADRIANNE: Ich glaube es ist wichtig zu wissen, dass der übergroße Teil der Feyenoord- Fangemeinde sind genauso wie die Borussia- Fans, ebenso euphorisch und ebenso anspruchsvoll. Sie wollen auch immer nur ein gutes Spiel sehen von ihrer eigenen Mannschaft, wollen immer Spaß haben und freuen sich natürlich riesig, das ihr Verein wieder in einem Finale spielt (74 zum letzten mal). Für viele Fans ist es zum ersten mal, dass sie ein Endspiel sehen können - ganz egal, ob sie im Stadion sein werden, oder in der Stadt, das ist ja egal. Auf jeden Fall ist es etwas Großes und die Bürger haben da so ihren Aberglauben, wenn sie sagen: Hautsache dieses Endspiel erreicht haben. Aber das ist natürlich nur die "halbe Wahrheit", denn man möchte immer gewinnen! Und sie freuen sich alle wirklich schon so sehr auf dieses Finale, dass sie sagen: "Once in a lifetime" so etwas mal mitzumachen, ist phantastisch. Und dabei ist gar kein Gedanke an "streiten mit den Deutschen", sondern eher daran, einen tollen Abend zu erleben. Sie hoffen, dass ihr Team endlich mal wieder Europacupsieger wird.

schwatzgelb.de: Es ist ja dann doppelt schade, dass beiden Fangruppen keine Möglichkeit eingeräumt wird, zusammen zu kommen. Sicher hätte man die Gemeinsamkeiten schnell rausgefunden. Es gibt ja sogar eine "Fanparty", allerdings ohne Einheimische, was allein schon ein Hohn für sich ist.

ADRIANNE: Ich glaube, dass sehr viele Feyenoord- Fans das auch traurig finden, was da "von Oben" angeordnet worden ist. Viele schämen sich sehr, dass ihr Club nur noch unter dem Hooligan- Aspekt gesehen wird. Das hat dazu geführt, dass sich auch schon eine ganze Menge Anhänger von dem Club distanziert haben und überhaupt nicht mehr ins Stadion "de Kuip" gehen! Zum Beispiel die Spiele gegen Ajax, zu denen ich auch früher immer gegangen bin, aber jetzt nicht mehr. Die Stimmung dann im Stadion gefällt mir nicht mehr. Außerdem werde ich dann auch behandelt, als wenn ich ein Hooligan wäre. Ich möchte ja nicht vom MA (Die Red. In etwa gleichzusetzen mit der Einsatzhundertschaft bei uns) durchsucht und bedrängt werden, dass macht mir keinen Spaß mehr. Und dann rufen die Leute um mich herum Sachen, die ich eigentlich nicht hören will. Allein schon dass diese Polizeipräsenz dann nötig wird, schreckt schon ab. Aber sie können ja nichts machen, sie haben letztlich auch Angst vor den Randalierern! Und sie dürfen ja auch nicht mehr machen, als zu sagen: Laß das, das darfst Du nicht machen! Ja, die Meisten Rotterdamer sind sicher traurig, dass es nicht so ein großes Fest werden kann, weil es eine kleine Minderheit gibt, die leider unkalkulierbar bleibt und solche Sachen macht ...

schwatzgelb.de: Ja, es ist leider so, dass einige faule Äpfel den ganzen Korb versauen, sprich: Für einige Randaletouristen, die ihren Hass und ihre Gewaltverherrlichung ausleben müssen, werden unüberwindliche Barrieren aufgebaut. Gesellschaftlicher Kontakt wird unterbunden und die vielen normalen Fußballfans, können niemals diese vorgegebenen Schubladen aufreißen. Das ist das Dilemma in unserer heutigen Zeit. Der Fußballsport tritt nur noch als Alibi im Hintergrund auf. Normalität miteinander wird konsequent vernichtet. Dafür werden ohne Mucken Millionen Euro verpulvert. Das hat mit dem "Fairnessgedanken" des Sportes gar nichts mehr zu tun.

ADRIANNE: Ja, es gibt wirklich viele Parallelen zwischen den beiden Fangruppen. Rotterdam ist natürlich auch eine Arbeiterstadt. Wenn man das zum Beispiel vergleicht mit Ajax, ist das eine total andere Szenerie. Feyenoord gewinnt fast nie, aber sie haben trotzdem die meisten Fans in den Niederlanden. Viele sind "Modefans", so wie ihr sie hier nennt, glaube ich, aber die Feyenoord- Fans sind immer Fans, egal ob sie gewinnen oder verlieren. Und sie verlieren ganz oft und hatten beispielsweise eine ganz schlechte Saison jetzt. Sie nutzen auch schon mal Drogen, hab ich selbst gesehen in Mailand. Sie brauchen dann Kokain oder Pillen und nachher kann man ihnen nicht mehr vertrauen, was sie machen.

schwatzgelb.de: Wieviel Feyenoord- Fans waren in Mailand?

ADRIANNE: Ja ich glaube es waren so etwa 7000 mit den offiziellen Reisen, aber viele sind auch so da hingefahren. Ich denke schon, dass es 9 - 10.000 insgesamt waren. Wir haben von der Redaktion unsere Karten dort gekauft, es gab ja noch genügend. Eigentlich hätten wir alle oben sitzen sollen, aber wir sind alle in den gleichen Block gesteuert worden. Da hatten wir schon wirklich Angst gehabt, weil es waren dort viel mehr Leute drin, als reingepasst haben! Nach dem Spiel mussten wir eine halbe Stunde warten und wenn man dann auch noch seine Reisegruppe verloren hat, weiß ich nicht, ob das dann noch so viel Spaß macht? (lacht) Der Unterschied war halt der, dass ich in Rotterdam immer mit "normalen Leuten" zusammensitze, wo es mir immer sehr viel Spaß mit macht, während in Mailand die verrücktesten Männer um mich rum waren und man könnte da nichts gegen tun. Vor allem aber die Leute, die ein Stadionverbot haben, sind so ziemlich alle nach Mailand gereist, weil sie dort Karten kaufen konnten, ohne das jemand gefragt hat, wer sie sind. Normalerweise können sie ja nicht mitfahren mit den offiziellen Reisen. Sie werden am Mittwoch also auch nicht im Stadion sein und sicherlich versuchen, etwas anderes zu machen. Ich habe natürlich keine Beweise dafür, aber mein inneres Gefühl sagt mir schon, dass sie irgend etwas versuchen werden!

schwatzgelb.de: Ja, wir rechnen sicherlich auch damit, dass sie versuchen werden, gegen uns was zu unternehmen. Zumal wir ja auch von Hause aus ein grölender Haufen in Schwatzgelb sind, der seine einschlägigen Lieder singen wird...

ADRIANNE: Ja die Polizei muß etwas machen, und das werden sie bestimmt auch machen. Zum Beispiel wo Deutschland bei der EM in Rotterdam gegen Portugal gespielt hat, gab es total keine Probleme und da haben auch viele Niederländer sogar im Stadion neben Deutschen gesessen, ohne das was passiert ist. Und ich sage noch einmal: Ich glaube, dass die meisten Feyenoord- Fans sich freuen auf das Spiel. Das ist das Einzige, was sie gewinnen können dieser Saison und wahrscheinlich für lange Zeit das letzte mal, das sie die Chance haben UEFA-Cup-Sieger zu werden. Auch für die Spieler ist es doch wunderschön, mit so einem Sieg in die Geschichtsbücher eingehen zu können? Dann bleiben sie immer in den Herzen ihrer Anhänger. Das sieht man ja auch bei den Spielern von 1970 und 74, die dadurch berühmt wurden. In den letzten Wochen kamen sie immer wieder vermehrt in Zeitungen, Fernsehen oder Radio zu Wort. Das zeigt doch, dass sie durch die Cup- Triumpfe große Stars sind.

schwatzgelb.de: Das ist ja das gesellschaftliche Dilemma unserer Zeit. Der Zweite ist nichts in der Gesellschaft, der Erste alles!

ADRIANNE: Ja,ja,ja, das stimmt.

schwatzgelb.de: So ist das nun mal - und auch für uns wäre der Titelgewinn so etwas wie die Wiedergeburt einer großen Borussen- Mannschaft, die allein schon wegen ihres enorm jungen Alters künftig zu tollen Taten fähig sein könnte... Die Euphorie ist ja jetzt schon so groß!

ADRIANNE: Borussia Dortmund ist wegen ihrer Erfahrung und der Erfolge in den 90´er Jahren klarer Favorit.

schwatzgelb.de: Aber doch nicht in der Höhle des Löwen? Nein, die Favoritenbürde weisen wir mal schön an Euch zurück. Eine letzte Frage habe ich noch an Dich. Seid Ihr sehr traurig, dass wir ohne Euch zum WM fahren?

ADRIANNE: (lächelt) Dazu sag ich jetzt besser nichts...

Vielen Dank an Dich und Deine Kollegen für das Gespräch.

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