Unsa Senf

goool.de: zwischen Versprechen und Wahrheit - Mit 4 Hemden in die Saison

28.08.2001, 00:00 Uhr von:  Guido
goool.de: zwischen Versprechen und Wahrheit - Mit 4 Hemden in die Saison
Das neue Trikot von goool.de

Das war zu erwarten: Das neue Trikot scheidet die Geister der schwatzgelben Anhängerschaft. In einer repräsentativen Umfrage unter 2.500 Fans von schwatzgelb.de hielten 35 % das neue Trikot für absolut unakzeptabel. Lediglich 29 % gefällt das neue Design der Firma goool.de.

Der "hauseigene" Hersteller übernahm im letzten Sommer das Erbe des milliardenschweren US-Multis Nike. Hintergrund war, dass die Amerikaner ihr erhebliches finanzielles Engagement beim BVB (angeblich. 6 Mio DM p.a.) drastisch kürzen wollten um sich auf wenige Vereine in Europa zu konzentrieren (darunter u.a. der spanische Vorzeigeclub CF Barcelona).

das alte weiß-gelbe Trikot von Nike

Begünstigend kam wohl seinerzeit hinzu, dass man im AEG-Hochhaus zu diesem Zeitpunkt nicht gut zu sprechen war auf den Ausrüster: Der TBT-Skandal, Auslieferung neuer Trikotmodelle erst im Winter und relativ hohe Preise fürs Merchandising bei gleichzeitig geringen Margen für den Verein machten den Verantwortlichen die Beendung dieser Geschäftsbeziehung relativ leicht.

All dies sollte besser werden mit der 100%-Tochter "Goool.de Sportwear GmbH". Deren Chef, Ex-Jeans 2000 Inhaber Willi Kühne versprach wortgewaltig faire Preise und guten Service für die Fans. Die Realität sah jedoch schon bald anders aus: Auch der BVB musste lernen, dass das kurzfristige Engagement eines neuen Hauptsponsors (e-on) die Produktion in Asien vor erhebliche Logistikprobleme stellen würde. Ähnlich wie beim S.Oliver-Deal im Jahr 97 als Nike mehrere 100.000 Trikots noch mit Aufdruck des alten Sponsors "Continentale" hatte einstampfen lassen müssen und erst zum Weihnachtsgeschäft lieferfähig war, gab es das Streifentrikot erst flächendeckend im Oktober. Von eilfertig angepriesenen und die ganze Saison nicht erhältlichen Polohemd- und Sportkollektionen mal ganz zu schweigen! Ein glattes Eigentor der jungen Firma, die mit soviel Selbstbeweihräucherung gestartet war und eben genau sowas vermeiden wollte. Eindrucksvoll wurde ersichtlich, dass "kleiner" nicht automatisch auch immer gleich "flexibler" heißen muß.

Streifen-Trikot

Dann kam das nächste Versprechen von goool.de, die Preise der neuen Jerseys fanfreundlicher zu gestalten. Angesichts der stolzen Summe von 129.- DM, die Nike für sein letztes Model verlangte, ein klares "Muss" im Hinblick auf alle Fans. Spielte der BVB jedoch in den "teuren und ungeliebten" eiergelben Trikots 2 Spielzeiten, so sollte das neue sympathische Streifentrikot aus bisher unerfindlichen Gründen nur für eine Saison aktuell bleiben. Macht in zwei Jahren 70.- DM Zusatzkosten. Wo da der finanzielle Vorteil für den Fan sein soll, bleibt fraglich. Die Ausrede der Marketingleute: „Das Streifenjersey würde das neue Auswärtstrikot“ schien angesichts der Farbähnlichkeit zum Nachfolgermodell lachhaft. Mal davon abgesehen, dass der BVB der einzige Bundesligist in gelb ist und somit quasi ohnehin niemals ausweichen müßte.

Beim neuen Trikot kommt jedoch hinzu, dass Art-Designer-Chef Kühne sich bzgl. Geschmack der Fans böse verkalkuliert hat. Klar: klassisch gelb ist es schon das neue Hemd. Der enge Schnitt und die mindere Qualität (Michael Meier im WR-Interview: Die Marke habe mit dem Entwurf der BVB-Kollektion 00/01 und 01/02 mit schneller Produktion und reibungslosem Vertrieb „bewiesen, dass sie Qualität bringen kann“) bewiesen, die sich kaum von billigen Massen-Duplikaten aus dem Türkeiurlaub unterscheidet, wird jedoch viele Fans eher vom Kauf abhalten. So schallte es beim Testspiel in Basel bereits erstmals aus der Fankurve "Wir haben die hässlichsten Trikots". Selbst einige der Herren Profis konnten sich ein sattes Grinsen da nicht verkneifen.

Sunday Oliseh in einer komischen Farbkombination

Irgendwas merkwürdiges muss daraufhin im „AEG-Hochhaus“ passiert sein, denn sofort entschloss man sich zu einem mehr als ungewöhnlichen Schritt. So ist „offiziell“ das alte Streifentrikot jetzt auf einmal die Tracht bei Heimspielen, während der BVB auswärts in den "neuen" Trikots aufläuft. Hat man etwa Angst vor weiteren Gesängen ? Ein Schuft der böses dabei denkt... Und getreu dem Motto des seinerzeit unfehlbaren Alt-Kanzlers Konrad Adenauer: „Was schert mich mein Geschwätz von gestern“ , lief man dann beim Bundesligastart wieder überraschend gegen den „Club“ mit den neuen Trikots auf um beim Spiel gegen Wolfsburg die Streifentrikots wieder auszugraben! Erneute Wendehals-Taktik, oder doch Volksverdummung? Jaja, die Quoten müssen halt stimmen...

Wer glaubt, das wäre alles, wurde beim Hinspiel im ukrainischen Donezk wieder überrascht. Dort trumpfte der BVB auf einmal in schwarzen Trikots mit gelben Hosen auf. Verständlich, denn die Osteuropäer spielen in orange und eine eindeutige farbl. Abhebung wäre mit gelben Trikots wohl nicht gewährleistet gewesen. So schnell zerplatzte die Idee von einfarbigen Heim- und gestreiften Auswärtstrikots (oder andersrum).

Das CL-Trikot

Wer jetzt denkt, der Trikot-Wirrwarr ist an dieser Stelle beendet, wird sich am Mittwoch wohl täuschen, denn Willi Kühne hat noch ein Ass im Ärmel: Ein 4. Trikot ! Höchstwahrscheinlich wird der BVB nämlich in der Championsleague die „neuen“ sowie die gestreiften Trikots überhaupt nicht tragen, sondern auswärts (oder als Ausweichjersey) in schwarzen Hemden auflaufen und zu Hause in exakt den selben Trikots jedoch in gelb (also ohne den „neuen“ schwarzen Streifen an den Seiten). Das „neue“ Trikot, das Streifenhemd, das schwarze Jersey aus Donesz sowie das neue Kanarienvogelhemd: 4 Trikots für eine Saison ! Eine wahrlich breite Produktpalette, die manchen Eltern Kopfschmerzen bereiten wird.

Und genau das ist wohl der Punkt: Das Geld klingelt in der Kasse wie selten zuvor! Verdient Branchenführer Bayern München angeblich pro Trikot „nur“ 10.- DM, so dürften es beim BVB mehr als das dreifache sein, schließlich muss man ja kein Geld an einen produzierenden Ausrüster abdrücken. Vor allem durch den (leider sehr schwerfälligen) Internet-Direktvertrieb macht der Verein eine Spanne, die ihresgleichen sucht. Schliesslich sind die anfallenden Personalkosten hierbei relativ gering. Bedenkt man zudem, dass Nike zuletzt 6 Mio DM bezahlt hat, so muss der Verein (wenn er denn jetzt 10.- DM mehr einnimmt) mindestens 600.000 Trikots verkaufen, um diese Einnahmen zu decken. Angesichts der derzeitigen Kreation und des biederen Designs erscheint dies zumindest äußerst zweifelhaft. So sind wir alle sehr gespannt, was als nächstes aus den Räumlichkeiten in Dortmunde-Hörde unters Volk gebracht werden soll. Der dicke gelbe „Turnvater-Jahn-Streifen“ auf den neuen Hosen lässt jedenfalls böses erahnen.

Die neue Hose

Naja, die meisten Fans dürften froh sein, wenn sie von Knallerfarben wie lila oder neongelb früherer Tage bei „US-unbekümmert-Nike“ verschont blieben.

Von der „maßgeschneiderten Erfolgsstory“ des jungen Unternehmens mit Blickrichtung 2006 sind wir jedoch noch nicht so unbedingt überzeugt...

PS: Zu den meistverkauften Trikots zählen momentan Amoroso, Rosicky und Koller (in dieser Reihenfolge). Zum Thema Mengen wollte beim BVB kein Offizieller Stellung nehmen, was die „Bild“ schon mutmaßen lies, dass sich der sog. 100 Millionen-Sturm über den Trikotverkauf refinanzieren ließe. Wenn jeder Dauerkartenbesitzer zuschlägt, könnte das sogar klappen. Vorausgesetzt der BVB spielt in dieser Saison in 79 unterschiedlichen Designs.

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