Helden in schwatzgelb

"Spinne" Max Michallek

13.10.2000, 13:00 Uhr von:  Wade

Heute schreibe ich über einen Spieler, dessen Geschichte mir eine unheimliche Freude gemacht hat: Max Michallek

Geboren wurde Max Michallek am29.08.1922 in Dortmund und man kann sagen, dass er in den 50ér Jahren der Spieler war, den wir uns heute so sehr wünschen.

Michallek war ein "Typ", der die Massen fazinierte, nicht nur mit seinen fußballerischen Fähigkeiten.

Er war einer, über den es auch neben den Fußball viel zu erzählen gab. Wegen seiner auffallend langen Beine nannte man ihn überall "Spinne".

Er war einer der besten Kicker Deutschlands und doch nie Nationalspieler: Max Michallek (rechts) im Kampf mit dem Aachener Martinelli

Im Jahre 1939 tauchte der Name Michallek zum ersten mal bei der Borussia auf und er sollte viele Jahre lang neben Borussia´s ersten Nationalspieler Alfred Lenz der Star im Team des BVB sein.

Heinz Stork, Mittelstürmer des legendären Bergarbeiterklubs VfL Altenbögge erinnerte sich: "Er war auch als Persönlichkeit eine Ausnahmeerscheinung. Irgendwie ein Star. Der stand, und das meine ich durchaus positiv, irgendwie neben der Mannschaft, keineswegs aber darüber. Ich habe die Elf einmal während eines Urlaubs 1949 beobachte. Max Michallek sonderte sich irgendwie ab. Ich bin auch überzeugt, dass es für einen Trainer wichtig war, mit ihm auszukommen, nicht umgekehrt."

Diese bestätigen auch andere, die ihn gut kannten. Max Michallek hat sich nie der Diziplin eines Trainers unterworfen.. Er habe sich immer geweigert seinen "Stiefel herunterzuspielen". "Spinne" Michallek war ein Spielgestalter, lange vor Netzer und Beckenbauer.

Der Erkenschwicker Stürmerstar der 40ér und 50ér Jahre, "Jule" Ludorf sagte über Max Michallek: "Ich habe ungefähr 7 Jahre gegen ihn spielen müßen. Das war mein härtster Gegener. Max war ein gottbegnadeter Techniker, war außergewöhnlich schnell schien eine Pferdelunge zu haben und hatte einen knallharten Schuß, gefürchtet waren vor allem seine Schüße aus der zweiten Reihe. Er war im Spiel unberechenbar, da er sich auf jeden Gegenspieler einstellen konnte. Was mich bei Max aber besonders beeindruckt hat, er lief von der ersten bis zur 90 Minute, auch dann, wenn Borussia haushoch führte."

Aber Max Michallek war auch kein Kind von Traurigkeit. Immer einen Spruch auf den Lippen, dann und wann mal gerne einen zur Brust nehmend und keinem Streit aus dem Weg gehend.

Mit großen Schmerzen in der Schulter hielt Max Michallek das End- spiel 1956 gegen den KSC durch. Links: Torhüter Heini Kwiatkowski

Mit "Jule" Ludorf geriet er bei einem Ligaspiel 1948 in die Haare. Die kurze handgreifliche Auseinandersetzung gewann der lange Max um Längen, aber die Feindseligkeiten waren damit auch beendet. Ein paar Tage später trafen sich die beiden auf der Trabrennbahn in Recklinghausen und genehmigten sich zur Versöhnung ein paar kühle Blonde. Wie Schanko, gehörte auch Michallek zu den tragischen Figuren der verloren Meisterschaft 1949.

Der lange Max hatte sich am linken Fuß verletzt und konnte zum Spielbeginn nur mit Mühe den Schuh anziehen. Da 1949 noch nicht ausgewechselt werden konnte mußte Michallek die Zähne zusammenbeißen. Ab der 75. Spielminute spielte er mit nur einen Schuh weiter. Hilflos mußte er der Niederlage zusehen.

Lange vor Beckenbauer, Netzer oder Sammer, verstand er es wie kein zweiter das Spiel zu lesen. Als Seitenläufer hatte er begonnen aber in der Position des "letzten Mannes" erreichte der lange Max seine souveränste Leistung, mit seinem genialen Blick für die Situation und den freien Raum. Seine Traumpässe rissen immer neue Löcher in die Abwehr des Gegners. Außerdem trieb ihn ein unbändiger Offensivdrang. Seinem "Hintermann", den hervorragende Außenverteidiger Heini Ruhmhofer brachte das regelmäßig zur Verzweiflung. "Wenn der bloß nicht so viele Ausflüge machen würde," stöhnte Heini oft genug.

Von dieser Position aus dirigierte er die Mannschaft zu den beiden Deutschen Meisterschaften 1956 (4:2 gegen den Karlsruher SC) und 1957 ( 4:1 gegen den HSV). Im Endspiel gegen den HSV übernahm Michallek, damals schon 35 Jahre, die Aufgabe den jungen Himmelsstürmer Uwe Seeler auszuschalten. Die Hamburger hatten vor dem Endspiel eine dicke Lippe riskiert und auch "uns Uwe" meinte damals seinen Senf dazu geben zu müssen. Als Michallek zu Beginn des Spiels neben ihm stand, sagte Seeler: "Na Opa, auch noch dabei?"

Michallek blieb die Antwort nicht schuldig. Er gab sie auf dem Spielfeld. Seeler bekam nicht den Hauch einer Chance und "Spinne" lenkte die Dortmunder Mannschaft zum Sieg.

Nach dem Schlußpfiff ging er zu Seeler und sagte: "Gegen Dich spiele ich noch mit siebzig."

Bei alle dieser Klasse, fragt man sich also warum wurde Max Michallek nie Nationalspieler. Es gibt viele Versionen. Ein Grund mag seine nicht einfache Art gewesen sein und Herberger mochte solche Typen ja bekannter Weise nicht gerne.

Tatsache ist, das Michallek einen Herberger-Lehrgang verpaßt hat, weil seine Frau erkrankt war. Die Entschuldigung kam wohl nicht richtig oder zu spät bei Herberger an und damit war seine DFB-Karriere beendet, bevor sie begonnen hatte.

1960 beendete Max Michallek seine aktive Laufbahn, sollte aber nach dem mageren Abschneiden des BVB in den Jahren 1967 bis 1969 (14. und 16. Tabellenplatz!!) in der Saison 1969/70 als Trainerassistent zurückkehren. Trainer beim BVB war zu dieser Zeit Hermann Lindemann, mit ihm sollte der BVB nochmals Stabilität finden.

An Lindemann´s Seite verpflichtete man kurzerhand den erfahrenen "Vorzeigeborussen" Max Michallek, der immer noch, sinnbildlich für die Ära des moderenen Fußball´s, den in der Mannschaft verbliebenen Europapokalsiegern als Vorbild dienen sollte.

Das Trainergespann fand eine Mannschaft vor, die personell zwar noch überdurchschnittlich besetzt, innerlich aber zerstritten war.

Lindemann und Michallek schafften es trotz aller Probleme die Mannschaft wieder zu festiegen und hatten damit Erfolg, man beendete die Saison mit dem 5. Tabellenplatz.

Doch der Ausverkauf der "Helden von Glasgow" hat längst begonnen und sollte weitergehen.

Alte Bekannte aus der Oberliga West: Max Michallek (links) mit Paul Janes von Fortuna Düsseldorf, der lange Jahre Rekordnationaler mit 71 Einsätzen war.
Hermann Lindemann verließ 1970 den BVB und nach der Saison 1972/73 (Borussia war mittlerweile in die 2. Bundesliga abgestiegen) verließ auch Max Michallek den BVB.


Die letzten Worte sollen Max Michallek gehören. Als er schon lange Ehrenmitglied des BVB war sagte er einmal zu einem Reporter: "Die Endrunde 1956 war für die meisten von uns kein Neuland mehr, da wir ja schon einige Anläufe im Kampf um den Titel unternommen hatten. Trotzdem war sie die schönste, da sie endlich vom Erfolg gekrönt war. Sie verlief wie ein Traum. Ich erinnere mich noch an fast jede Einzelheit aus den Spielen, die herrlichen Tore, an unsere kaum zu überbietende Spielkunst im Mittelfeld und an die hervorragenden Abwehrleistungen unseres Torhüters Heini Kwiatkowski. Doch das Nachhaltigste jener herrlichen Wochen, eigentlich des gesamten Jahres, war die Kameradschaft, die in jener Borussen-Mannschaft herrschte. Unsere Borussia setzte sich nicht aus Mitspielern, sondern aus Freunden zusammen."

Diese Worte eines der größten Repräsentanten, der jemals das "schwatzgelb" Trikot getragen hat, sollte auch heute noch jeden BVB Spieler zum Nachdenken anregen.

Nach dem Ende seiner Karriere zog er sich ins Privatleben zurück.

Er kam zwischen 1947 und 1960 auf 293 Einsätze (17 Tore) für den BVB.

Max Michallek starb 1985.

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